in der Wirtschaftstheorie versteht man unter einem Gleichgewicht eine Situation (statisches Gleichgewicht) oder eine Entwicklung (dynamisches Gleichgewicht), bei der sich alle wirksamen Einflussfaktoren gegenseitig ausgleichen bzw. gleichmäßig entwickeln und mithin für keinen Marktteilnehmer ein Anlass besteht, sein Verhalten zu ändern.
In der Wirtschaftssoziologie: Äquilibrium, auch: Gleichgewichtspunkt, Zustand eines Systems unter gegebenen Umweltbedingungen, in dem die im System wirksamen Kräfte keine Veränderung, keinen Übergang in einen anderen Zustand herbeiführen. Treten keine zusätzlichen Impulse, keine Störungen von aussen auf, dann verharrt das System im Zustand des G.s. Kehrt das System bei Abweichungen zum ursprünglichen Zustand zurück, dann liegt ein stabiler G.spunkt vor, im anderen Fall ist das Gleichgewicht instabil. Ein System kann mehrere G.szustände besitzen. Der Ursprung des Begriffs liegt in der klassischen Mechanik. Aus dem physikalischen Kontext wurde die Vorstellung des G.s zunächst in die Ökonomie und dann in die Politik übertragen. In der Soziologie wird der Begriff sowohl in der makroals auch in der mikrosoziologischen Betrachtung verwendet. Gesamtgesellschaftlich bezeichnet Gleichgewicht einen Zustand, in dem die sozialen Gruppen durch eine gleichmässige Verteilung der Macht auf gegenseitige Kooperation angewiesen sind. In mikro-soziologischer Sicht kennzeichnet Gleichgewicht die Situation, in der kein Mitglied einer Gruppe dem anderen an Einfluss auf die ablaufenden Gruppenprozesse überlegen ist. Gleichgewicht ist eine Modellvorstellung, die im soziologischen Bereich die Voraussetzung quasi-harmonischer, stabiler Zustände macht, da G.szustände nur durch äussere Einflüsse verändert werden können. Dadurch besteht die Gefahr, dass dynamische Entwicklungen zu statisch interpretiert werden.
Gleichgewichtstheorie
Zustand, der durch bestimmte Eigenschaften (Gleichgewichtsbedingungen) gegenüber anderen Zuständen (Ungleichgewichten) ausgezeichnet ist. Die einen bestimmten Gleichgewichtsbegriff (z.B. temporäres Gleichgewicht, - konjekturales Gleichgewicht) definierenden Bedingungen unterscheiden sich jedoch in Abhängigkeit vom jeweiligen Kontext beträchtlich. a) Gleichgewichtsbegriffe, die durch Optimalitäts- und Konsistenzeigenschaften von Handlungen, Plänen und Erwartungen der Wirtschaftssubjekte definiert sind:
1. Von einem individuellen Gleichgewicht oder Dispositionsgleichgewicht (z.B. Haushalts-, Unternehmensgleichgewicht) spricht man mitunter bereits dann, wenn das betrachtete Wirtschaftssubjekt die im Sinne seiner Zielfunktion (z.B. Nutzen-oder Gewinnfunktion) optimale Handlung wählt. Die Annahme, dass sich ein Wirtschaftssubjekt stets im Dispositionsgleichgewicht befindet, ist damit äquivalent zur Annahme rationalen Handelns (-Rationalverhalten), die i.d.R. auch in der sog. - Ungleichgewichtstheorie beibehalten wird.
2. Als allgemeines Gleichgewicht eines Totalmodells einer Volkswirtschaft bezeichnet man einen Zustand, in dem sich erstens alle Wirtschaftssubjekte in ihrem jeweiligen Dispositionsgleichgewicht befinden und in dem zweitens die Handlungen (sowie mitunter auch Pläne und Erwartungen) der verschiedenen Wirtschaftssubjekte miteinander kompatibel sind. Das Ausmass der Kompatibilität, das in den verschiedenen Gleichgewichtsdefinitionen verlangt wird, differiert dabei wiederum beträchtlich. In Modellen des temporären Marktgleichgewichts etwa wird nur verlangt, dass die individuellen Transaktionspläne (Käufe und Verkäufe) für die laufende Periode miteinander kompatibel sind: Von jedem in der laufenden Periode gehandelten Gut muss ebensoviel ge- wie verkauft werden; die individuellen Pläne für zukünftige Perioden können jedoch miteinander unverträglich sein (z.B. aufgrund unterschiedlicher Preiserwartungen). Dagegen ist im intertemporalen allgemeinen Marktgleichgewicht (kompetitives Gleichgewicht) auch die Vereinbarkeit aller für die gesamte Zukunft aufgestellten Wirtschaftspläne definitionsgemäss gewährleistet. Der Begriff der Vereinbarkeit von Plänen ist dabei freilich präzisierungsbedürftig, wenn etwa berücksichtigt werden soll, dass Wirtschaftssubjekte häufig auch für den Fall des Eintretens wenig wahrscheinlicher zukünftiger Ereignisse bedingte Pläne aufstellen (Gleichgewicht bei rationalen Erwartungen).
3. Als partielles Gleichgewicht wird ein Zustand bezeichnet, in dem die Gleichgewichtsbedingungen für einen einzelnen Markt (oder einige Märkte) erfüllt sind, die Interdependenz mit anderen Märkten jedoch unberücksichtigt bleibt.
4. In der nicht kooperativen - Spieltheorie wird die Bezeichnung Gleichgewicht meist synonym mit der des - NASHGleichgewichts verwendet. Ein Strategieprofil (d.h. eine Kombination von je einer Strategie für jeden Spieler) heißt NASH-Gleichgewicht, wenn die Strategie eines jeden Spielers optimal ist (d.h., sie maximiert seinen Nutzen oder pay-off), falls auch alle anderen Spieler ihre zu dem betreffenden Gleichgewicht gehörende Strategie spielen. b) Gleichgewichtsbegriffe, die durch Stationaritätsbedingungen definiert sind: In Analogie zum Gleichgewichtsbegriff der klassischen Mechanik wird häufig auch die Stationarität ausgewählter Modellvariabler als die einen Gleichgewichtsbegriff definierende Bedingung verwendet. Gleichgewichte in diesem Sinne werden metaphorisch oft auch als mögliche Ruhezustände bezeichnet, die keine inhärente Tendenz zur Veränderung aufweisen, da sich in ihnen einander entgegengerichtete Kräfte die Waage halten.
1. In der - Wachstumstheorie versteht man unter einem Wachstumsgleichgewicht (auch dynamisches Gleichgewicht, langfristiges Gleichgewicht oder steady state) einen Wachstumspfad, auf dem bestimmte volkswirtschaftliche Größen (z.B. Kapitalstock, Sozialprodukt oder Arbeitsproduktivität) jeweils mit einer im Zeitablauf konstanten Rate wachsen.
2. Auch in dynamischen Modellen der Preis- und Allokationstheorie wird gelegentlich ein Zustand (beschrieben etwa durch einen Vektor der Güterpreise) als Gleichgewicht bezeichnet, wenn er die Wirtschaftssubjekte zu solchen Handlungen veranlaßt (etwa Angebots- und Nachfrageentscheidungen), die ihrerseits den Ausgangszustand erzeugen. Bei der Vielfalt unterschiedlicher Gleichgewichtsdefinitionen ist zu beachten, dass die Bedeutung »des« Gleichgewichtsbegriffs sehr von der exakten Formulierung des betrachteten Modells abhängt. In manchen Modellen können sich auch prima facie unterschiedliche Definitionen als äquivalent erweisen. Dies ist v.a. etwa in der walrasianischen Preis- und Allokationstheorie der Fall, in der die Bedingung der Gleichheit von Angebot und Nachfrage (auf allen Märkten) sowohl die simultane Realisierbarkeit der individuellen Kauf- und Verkaufspläne ausdrückt, als auch die Stationarität der Preise gewährleistet (wenn man annimmt, dass Preisänderungen nur durch eine von Null verschiedene Überschußnachfrage ausgelöst werden können). Sowohl für Gleichgewichtsbegriffe nach a) als auch für solche nach b) stellt sich die Frage nach der Existenz (Existenzbedingungen eines Gleichgewichts) und nach der Eindeutigkeit des Gleichgewichts, innerhalb dynamischer Modelle darüber hinaus auch die nach der Stabilität (Stabilitätsbedingungen eines Gleichgewichts). In der Wohlfahrtsökonomik wird ferner etwa die Frage der PARETOEffizienz von Gleichgewichten behandelt. Die in der Wirtschaftspolitik verwendeten Gleichgewichtsbegriffe (z.B. -\' außenwirtschaftliches Gleichgewicht) lehnen sich meist an Gleichgewichtskonzepte der Wirtschaftstheorie an. Literatur: Vilks, A. (1992). Schlicht, E. (1982)
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