Die Spieltheorie ist ein Sammelbegriff für verschiedene Modelle und Verfahren der Planungsmathematik, des Operations Research sowie der theoretischen Volkswirtschaftslehre. Disziplin der mathematischen Wirtschaftstheorie, deren Aufgabe im Suchen nach optimalen Strategien für einzelne Spieler sowie in der Beschreibung der Gleichgewichtszustände zwischen den Spielern zu sehen ist.
Die Spieltheorie untersucht das rationale Entscheidungsverhalten eines Individuums oder einer Partei in einer sozialen Konfliktsituation unter den gegebenen Rahmenbedingungen. Der Begriff der Spieltheorie geht auf die Untersuchung von Verhaltensweisen bei Gesellschaftsspielen zurück. Das bedeutendste Werk "The Theory of Games and Economic behaviour" (1944) von NEUMANN und MORGENSTERN wurde als Meilenstein in der Entwicklung der Spieltheorie gesehen. 1994 bekamen NASH, HARSANYI und SELTEN den Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften für die Weiterentwicklung der Spieltheorie.
Mithilfe der Spieltheorie lässt sich effizientes Verhalten in Unternehmenskooperationen erklären. Sie liefert ferner wichtige Anhaltspunkte für die Ausgestaltung von Kooperationsverträgen, in denen über die Verteilung der Entscheidungsbefugnisse in Abhängigkeit der jeweils getätigten spezifischen Investitionen entschieden werden sollte.
Die Grundpfeiler zur Analyse der Spieltheorie bilden
(1) die Verhaltensmaxime und
(2) die Rahmenparameter.
Der Verhaltensmaxime liegt die Annahme der Maximierung der individuellen Zielfunktion zugrunde. Für einen individuellen Spieler stellt die Zielfunktion die Nutzenfunktion dar, für einen kooperativen Spieler ist es die Produktionsfunktion. Jeder Spieler strebt die Realisierung eines möglichst hohen Zielerreichungsgrades an. Dieser kann mit der Ausnutzung strategischer Unsicherheit (Opportunismus) verbunden sein. Darüber hinaus sind exogene Unsicherheiten zu berücksichtigen.
Die Entscheidungssituation wird durch die Rahmenparameter beschrieben. Hierzu zählen der/die Spieler, die Ziele, die Bedürfnisse und der Verlauf ihrer Interaktionen. Unter Spielern sind die Individuen zu verstehen, die aktiv in der zu analysierenden Situation mitwirken. Ihre Entscheidungen werden von den Akteuren als gegeben angenommen. Die Interessenlagen der Spieler spiegeln sich in ihren Zielen und Bedürfnissen wider. Der Verlauf der Interaktion beinhaltet die Abfolge der Entscheidungszeitpunkte der einzelnen Spieler. Unterschieden werden sequenzielle Interdependenzen (TIT FOR TAT) oder simultane Interdependenzen (Gefangenendilemma).
Die Strategie, die der einzelne Spieler wählt, hängt von der Art der zugrunde liegenden Interdependenz ab.
Kritik an der Spieltheorie
Problematisch ist, dass die Spieltheorie sehr hohe - und damit im Vergleich zu der Annahme der begrenzten Rationalität in der Neue Institutionenökonomik unrealistische - Rationalitätsanforderungen an die kooperierenden Parteien stellt. Zudem werden häufig sehr einfache Nutzenfunktionen verwendet, da es in der Realität nur schwer möglich ist, alle Parameter abzubilden und die Funktionen sonst zu komplex würden.
Die Spieltheorie ist insbesondere von J. von Neumann sowie von O. Morgenstern entwikkelt und auf wirtschaftliche Probleme angewandt worden. Die Spieltheorie dient der Bestimmung der optimalen Verhaltensweise des Wirtschaftssubjektes an einem Spiel, dessen Ausgang von seinem eigenen Verhalten, von dem Verhalten der Mitspieler sowie gegebenenfalls von einer Zufallskomponente abhängig ist. Es werden Zwei-Personen-Spiele und n-Personen-Spiele unterschieden. Bei den ZweiPersonen-Spielen wird wegen des hier bestehenden Interessenkonfliktes außerdem in eindeutig und nicht eindeutig bestimmte Spiele unterschieden. Beim Zwei-PersonenSpiel wird die Strategie des Spielers durch das Minimax-Theorem (Hasard-Regel, Maximax-Regel) bestimmt. Das Minimax-Theorem besagt, daß ein Spieler seinen eigenen Gewinn maximiert, wenn er den Gewinn des anderen Spielers minimiert. Bei eindeutig bestimmten Spielen ist eine reine Strategie zu wählen, bei nicht eindeutig bestimmten Spielen ist dagegen eine gemischte Strategie anzuwenden. Das heißt, es ist der Sattelpunkt der Funktion, die das Spiel bestimmt, zu erreichen. Jeder Spieler muß sich so verhalten, daß er die beste Alternative wählt. Bei Mehr-Personen-Spielen kann es im Gegensatz zu den Zwei-Personen-Spielen zu Koalitionsbildungen kommen. Alle Gesellschaftsspiele sind Null-SummenSpiele, so daß der eine gewinnt, was der andere verliert. Wirtschaftliche Vorgänge mit Spielcharakter sind in der Regel Nicht-Nullsummen-Spiele. Jedes Nicht-Null-Summenspiel läßt sich jedoch durch Einführung eines fiktiven Spielers, der nur verliert, in ein Null-Summen-Spiel transformieren.
In Entscheidungssituationen, die für die Spieltheorie relevant sind, werden Individuen zusammen mit einem Problem konfrontiert, wobei jedes Individuum seine eigene Entscheidung (ggf. als Ergebnis einer Interaktion) trifft und für sich allein handelt. Jedes aus der alltäglichen Lebenssituation bekannte Spiel im eigentlichen Sinne des Wortes ist ein Beispiel für diesen Typ der Entscheidung. So sind etwa bei »Mensch ärgere dich nicht« mindestens 2 Spieler gemeinsam beteiligt, wobei jeder Spieler für sich allein spielt. Allerdings muß er auch die anderen Spieler in seinen Entscheidungskalkül einbeziehen. Kann man nämlich davon ausgehen, daß die anderen Spieler ihren eigenen Vorteil im Spiel nicht immer zu erkennen vermögen, ergibt sich eine andere Verhaltensweise des betreffenden Spielers als bei vollständig rational handelnden Gegenspielern. Entscheidungssituationen dieser Art führen zu der Spieltheorie Gerade an »Mensch ärgere dich nicht« ist auch zu zeigen, daß inder Spieltheorie Koalitionen von Spielern untereinander eine Rolle spielen können. So ist es denkbar, daß sich 2 Spieler gegen 2 andere Spieler verbünden und jene, wenn immer möglich, hinauswerfen, sich selbst aber schonen. Allerdings hört im Beispiel die kollektive Solidarität dann auf, wenn es gilt, den eigenen Vorteil durchzusetzen. Wichtig ist nur, daß es auch Spielsituationen gibt, in denen man sich untereinander verabreden kann. Trotz der Artiger Verabredungen ( oder »konzertierter« Aktionen) trifft jeder Entscheidungsträger immer noch seine eigene Entscheidung.
Strategische Spiele können nach verschiedenen Kriterien unterteilt werden:
1. nach der Anzahl der Spieler in Zwei-Personen- oder Mehr-Personen-Spiele;
2. nach dem Verhältnis zwischen den Spielern in kooperative und nichtkooperative Spiele;
3. nach der Dauer der Spiele in endliche und unendliche Spiele (Superspiele);
4. nach der den Spielern zur Verfügung stehenden Information in Spiele mit unvollkommener Information (z. B. Skat) und Spiele mit vollkommener Information (z. B. Schach) etc.
Die Spieltheorie findet u. a. Verwendung bei der Erklärung menschlichen Handelns im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften, der Soziologie und der Politikwissenschaften. Erklärt wird z. B. das Verhalten der Tarifpartner, Verhandlungsergebnisse im Rahmen des GATT, das Verhältnis der Supermächte bei Abrüstungsverhandlungen etc.
In der Spieltheorie werden nur sog. strategische Spiele behandelt. Diese unterscheiden sich von Glücksspielen dadurch, daß der Ablauf der Spiele nicht ausschließlich von Zufallsereignissen bestimmt ist, sondern auch durch die Verhaltensweisen von rational handelnden Spielern. Man spricht deshalb davon, daß in der Spieltheorie Entscheidungen bei rationaler Indeterminiertheit analysiert werden. In der Spieltheorie trennt man Zweipersonenspiele (n = 2) von Mehrpersonenspielen (n 3). Das Schachspiel ist ein Zweipersonenspiel, während »Mensch ärgere dich nicht« als Mehrpersonenspiel konzipiert ist. Auch im ökonomischen Bereich gibt es oft Mehrpersonenspiele, so wenn mehrere Anbieter in einem Markt durch ihren Einsatz von Marktstrategien um Käufer »kämpfen«. Eine andere Trennung von Spielarten kommt zu Nullsummenspielen und Nichtnullsummenspielen. Nullsummenspiele liegen vor, wenn etwa bei Zweipersonenspielen immer der eine das gewinnt, was der andere verliert.
Konstantsummenspiele gehören zu den Nichtnullsummenspielen. Diese liegen allgemein gesehen immer dann vor, wenn nicht alle aufsummierten Auszahlungen Null werden. Nach diesem Verständnis ist die Klasse der Nichtnullsummenspiele umfassender als die Klasse der Konstantsummenspiele. Dazu gehören auch die Nicht-konstantsummenspiele, bei denen die für alle Parteien aufsummierten Auszahlungen keinen konstanten Wert ergeben.
Weitere Spiele können danach unterschieden werden, ob die Spieler strikt oppositionell handeln (streng kompe-titiv) oder ob eine partielle Interessenübereinstimmung vorliegt (partiell kompetitiv). Außerdem unterteilt man Spiele in solche mit Kommunikation und solche ohne Kommunikation. Spiele mit Kommunikation werden als kooperativ bezeichnet. Aus der Kombination einzelner Unterscheidungsmerkmale lassen sich komplexe Spielarten entwickeln: Bei Nullsummenspielen gilt die Waldregel, da von einer strikten Opposition auszugehen ist. Nichtkooperative Zweipersonen-Nichtnullsummen-spiele führen zu Spieltypen, die unter der Bezeichnung »Gefangenendilemma« bzw. »Kampf der Geschlechter« bekannt geworden sind. Hierbei liegt eine partielle Interessenüberlagerung vor, ohne daß allerdings kommuniziert wird. Um zu Lösungen der Artiger Spiele zu gelangen, sind besondere Annahmen über die Persönlichkeit der Spieler einzuführen. Sog. spielbedingte Lösungen existieren nicht. Das führt zu persönlichkeitsbedingten Lösungen. Bei kooperativen Zwei-personen-Nichtkonstantsummenspie-len kann die partielle Interessenüber lagerung durch Kooperation realisiertwerden. Hierfür bieten sich mehrereformale Lösungen an. Bei kooperativen Mehrpersonenspielen kann mandavon ausgehen, daß sich mehrerePersonen zu einer Koalition zusammenschließen, um gegenüber Außenstehenden »gemeinsam« aufzutreten. Man darf allerdings nicht vergessen, daß im tatsächlich ablaufenden Spieljeder Spieler seine Strategie fährt, wenngleich sie im Rahmen der Koalition abgesprochen ist. Wenn letztlichdie Gründung einer Koalition abgeschlossen ist, so ergibt sich die Situation eines Zweipersonenspieles, wennder Koalition eine Gegen-Koalitiongegenübersteht. Darauf sind dann diebereits bekannten Ergebnisse derSpieltheorie anwendbar. Das eigentlich Neue besteht darin, den Prozeßder Koalitionsbildung und die Aufteilung der erzielten Auszahlungen an die Koalitionsmitglieder zu studieren.
Die von John v. Neumann und Oskar Morgenstern begründete Spieltheorie beschäftigt sich im Gegensatz zur Entscheidungstheorie mit der Analyse solcher Entscheidungssituationen, in denen die Konsequenzen der einem Entscheidungssubjekt zur Auswahl stehenden Strategien nicht durch zufällige Ereignisse ausserhalb der Kontrolle der Entscheidenden beeinflusst werden, sondern durch die zielgerichteten Aktionen anderer Entscheidungssubjekte, die jeweils ihre eigenen Ziele verfolgen. Soweit die Ziele der Entscheidungssubjekte (zumeist als "Spieler" bezeichnet) nicht vollständig übereinstimmen, kommt es zu Interessenkonflikten. Klassische Beispiele für derartige "Spielsituationen" sind sog. strategische Gesellschaftsspiele, wie Schach, Mühle oder Halma. Es lassen sich aber auch Probleme aus dem Bereich der Wirtschaft — zumindest vereinfachend — als Spielsituationen auffassen (z. B. Tarifverhandlungen, Preispolitik auf einem oligopolistischen Markt, Vertragsabschlüsse bei einem bilateralen Monopol). Daneben kann man die Spieltheorie natürlich insb. auch zur Analyse politisch-militärischer Probleme heranziehen. In der Spieltheorie werden derartige Konfliktsituationen mit dem Ziel untersucht, für unterschiedliche Rahmensituationen Aussagen darüber abzuleiten, mit welchen Endergebnissen aus der Überlagerung der individuellen Entscheidungen der einzelnen Spieler insgesamt zu rechnen ist, wenn sich diese unter Abschätzung des Verhaltens der übrigen Spieler ausschliesslich an ihren eigenen Zielvorstellungen orientieren.
Die Spieltheorie stellt dabei einen formalisierten und klar definierten Begriffsapparat zur Verfügung, der es erlaubt,
* unterschiedliche Konfliktsituationen in bestimmten einheitlichen Grundkategorien zu beschreiben,
* typische Problemstrukturen verschiedener Konfliktarten herauszuarbeiten und so zu einer Typologie von Konfliktarten zu kommen,
* Voraussetzungen für das Zustandekommen verschiedener Arten von Konfliktlösungen exakt zu formulieren und
* vertiefte Einblicke in die Macht-, Droh- und Abhängigkeitsposition bei unterschiedlichen Konfliktsituationen zu gewinnen.
Je nach den unterstellten Rahmendaten unterscheidet man verschiedene Arten von Spielen: (1)Zwei-Personen- und n-Personen-Spiele (n 3);
(2)endliche und unendliche Spiele, je nachdem, ob den Spielern endlich oder unendlich viele Strategien zur Auswahl stehen;
(3)Spiele mit reinen oder gemischten Strategien, die darin bestehen, dass der Spieler die Auswahl zwischen den reinen Strategien, den eigentlichen materiellen Handlungsmöglichkeiten, einem von ihm zu gestaltenden Zufallsmechanismus überlässt;
(4)kooperative oder nicht-kooperative Spiele, je nachdem ob die Spieler die Möglichkeit zu Absprachen, Koalitionen, Bestechungen, Ausgleichszahlungen etc. haben; Spiele, bei denen nur Absprachen, jedoch keine Kompensationsleistungen möglich sind, bezeichnet man häufig auch als kommunikative Spiele;
(5)Konstant-Summen-Spiele und Spiele mit variabler Summe, je nachdem, ob die Summe der Ergebnisse aller beteiligten Spieler unabhängig von den im einzelnen realisierten Strategien konstant ist oder nicht; einen wichtigen Spezialfall der Konstant-Summen-Spiele stellen die Nullsummen-Spiele dar.
Zur Darstellung der Spielsituation werden drei verschiedene Hilfsmittel herangezogen: Die Baumdarstellung dient zur Verdeutlichung von Spielen, in denen die Strategien der Spieler aus einer zeitlichen Abfolge von Einzelaktivitäten bestehen. Die möglichen Folgen von Zug und Gegenzug werden durch einen formal dem Entscheidungsbaum sehr ähnlichen Spielbaum dargestellt. Die Normalform ordnet demgegenüber jeder Strategie eines einzelnen Spielers für jede mögliche Kombination der Strategien aller anderen Spieler einen Ergebniswert zu. Für Zwei-Personen-Spiele ist dabei die Darstellung in Form einer formal der Entscheidungsmatrix sehr ähnlichen Spielmatrix möglich, in deren Vorspalte und Kopfzeile die Strategien der beiden Spieler vermerkt werden, während in den Innenfeldern die der jeweiligen Strategienkombination entsprechenden Ergebniswerte der beiden Spieler angegeben werden. Im Fall von Nullsummenspielen ist nur noch jeweils ein Wert anzugeben, der für den einen Spieler Gewinn, für den anderen Verlust darstellt. Die charakteristische Funktion schliesslich erfasst gar keine Strategien mehr, sondern nur noch Ergebnismöglichkeiten; sie ordnet jedem Einzelspieler und jeder denkbaren Koalition von Spielern jeweils ein Mindestergebnis zu, das sich die betrachtete Teilmenge von Spielern aus eigener Kraft und bei Verzicht auf jedwede weitere Kooperation auf jeden Fall sichern könnte. Zu den wichtigsten Lösungskonzepten spieltheoretischer Ansätze zählen speziell für Zwei-Personen-Nullsummen-Spiele die Sattelpunkt-Lösung sowie für kooperative n-Personen-Spiele die Kern-Lösung und die —Shapley-Lösung. Unter "Lösung" ist dabei. die Charakterisierung einer Ergebnisaufteilung auf alle Spieler zu verstehen, die die Eigenschaft aufweist, dass es für keine Spielergruppe sinnvoll ist, von dieser Konstellation abzuweichen, sofern sie davon ausgehen kann, dass die übrigen Spieler ebenfalls nicht davon abweichen. Literatur: Bamberg, G .1Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 6. Aufl., München 1991, S. 147 ff. Bitz, M., Entscheidungstheorie, München 1981, S. 215 ff. Luce, R. D.IRaiffa, H., Garnes and Decisions, 7. Aufl., New York, London, Sidney 1967. v. Neumann, J./Morgenstern, 0., Spieltheorie und wirtschaftliches Verhalten, Würzburg 1961.
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