Steuerungskonzept, nach dem bei Abweichungen der Ist- von den Sollwerten automatisch Korrekturen eingeleitet werden. Die Forderung nach Regelbindungen in der Konjunkturpolitik gründet auf der mangelnden Effizienz diskretionärer Politik. Deren ausbleibender Erfolg ist neben der langen und deshalb häufig prozyklischen Wirkungsverzögerung wesentlich darauf zurückzuführen, dass die fallweisen Eingriffe in den Wirtschaftsablauf mittlerweile konjunkturrelevante Verhaltensweisen geändert und damit ihre eigenen Funktionsvoraussetzungen angegriffen haben. Eine Regelbindung soll deshalb an die Stelle des heutigen fallweisen Mitteleinsatzes treten. Die Monetaristen gehen noch einen Schritt weiter. Sie fordern den Verzicht auf jede Konjunkturpolitik, die den kurzfristigen Ausgleich sucht, und rufen nach einem stabilen, und dadurch stabilisierenden Rahmen durch ein trendbezogenes Geldmengenkonzept (Monetarismus). Allein die ausgleichenden Effekte eines stetig wachsenden öffentlichen Ausgabenprogramms, das in Verbindung mit einem mit dem Zyklus schwankenden Steueraufkommen zu entsprechenden antizyklischen Defiziten oder Überschüssen des Budgets führt, sollen in Ergänzung des Geldmengenkonzeptes genutzt werden ("stabilizing budget policy") — bei gleichzeitiger aussenwirtschaftlicher Absicherung durch flexible Wechselkurse. Das Geldmengenkonzept beliesse zwar der fallweisen wie auch der regelgebundenen Fiskalpolitik einen ausfüllbaren Handlungsspielraum; denn es gibt lediglich den monetären Rahmen vor, innerhalb dessen die Steuer- und Ausgabenpolitik nach Bedarf restriktiv oder expansiv eingesetzt werden können. Ihre Aktivitäten blieben aber auf den "reinen" Fiskaleffekt beschränkt. Geldschöpfende Budgetdefizite bzw. geldvernichtende Überschüsse blieben konzeptgemäss ausgeschlossen. Schwache Regelbindungen sprechen lediglich Empfehlungen aus oder wählen "offene" Indikatoren, die dem Träger der Wirtschaftspolitik einen Interpretationsspielraum bei der Auswertung der Daten lassen. Dies ist immer dann der Fall (z.B. im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz), wenn die Handlungsanweisung an qualitative Faktoren (z. B. Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts) gebunden und nicht quantitativ bestimmt wird. Del einer strengen Aege10111ClUng tritt an uie Stelle einer gesetzlichen Ermächtigung der Handlungszwang. Antizyklische Massnahmen werden hier quasi-automatisch getroffen, nachdem ein Konjunkturindikator die vorgegebene Toleranzgrenze überschritten hat (Formelflexibilität). Unterschieden wird auch nach der Strenge der Bindung des Mitteleinsatzes an die Indikatoren. Zum einen können fest umrissene Instrumente mit den jeweiligen Indikatorwerten verknüpft sein — der Regierung bzw. dem Parlament bliebe dann kein eigenständiger Handlungsspielraum —, zum anderen können die Indikatoren nur die Handlungsanweisung geben, dem Träger der Konjunkturpolitik aber Instrumentenwahl, Dosierung und Zeitraum des Mitteleinsatzes freistellen. Die Wahl einer auf Dauer verbindlichen Regel stellt die Konjunkturpolitik jedoch infolge der Variabilität der wirtschaftlichen Bedingungen vor kaum lösbare Probleme. Sie kann nicht davon ausgehen, dass der heute gewählte Indikator auf Dauer die zyklische Intensität hinreichend verlässlich beschreibt. Ständige Veränderungen der Entscheidungsregel brächten aber die politisch-parlamentarischen Probleme der fallweisen Konjunkturpolitik und die prozyklischen Spekulationen auf Änderungen der Toleranzgrenzen zurück. Literatur: Giersch, H., Konjunktur- und Wachstumspolitik in der weltoffenen Wirtschaft, Wiesbaden 1977. Teichmann, U., Grundriss der Konjunkturpolitik, 4. Aufl., München 1988.
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