umfasst alle wirtschaftspolitischen Massnahmen zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums, worunter i. d. R. die Zunahme des realen Sozialprodukts oder des realen Sozialprodukts pro Kopf der Bevölkerung verstanden wird (Wachstumsziel). Sie steht damit in enger Beziehung zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und ist ein wesentlicher Bestandteil der —Entwicklungspolitik. Ansatzpunkte der Wachstumspolitik lassen sich aus den verschiedenen —Wachstumstheorien ableiten. Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten ist die staatliche Planung des Wachstumsprozesses (Wachstumsplanung) von der Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen zu unterscheiden. Gestützt auf die postkeynesianische Wachstumstheorie (Harrod-Modell, Domar-Modell), die eine Aufspaltung der Wachstumsrate des Sozialprodukts in die Investitionsquote und in den reziproken Wert des marginalen Kapitalkoeffizienten vornimmt, soll bei der Wachstumsplanung ein quantifiziertes Wachstumsziel durch wirtschaftspolitische Massnahmen erreicht werden. Der Schaffung von Wachstumsbedingungen liegt dagegen Joseph A. Schumpeters Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung zugrunde, nach welcher der Wachstumsprozess nicht staatlich gelenkt werden kann, sondern aus den Entscheidungen —dynamischer Unternehmer resultiert. Sowohl die postkeynesianische wie auch die neoklassische Wachstumstheorie, die das Wirtschaftswachstum auf die Wachstumsraten der Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit sowie auf den technischen Fortschritt zurückführt, lassen staatliche Investitionsförderung als geeignetes Instrument der Wachstumspolitik erscheinen (staatliche Investitionshilfen). Empirische Untersuchungen zeigen keine deutliche positive Korrelation zwischen Investitionsquote und Wachstumsrate des realen Sozialprodukts; sie lassen allerdings erkennen, dass die Investitionsförderung das Wachstum um so eher erhöht, je intensiver der Wettbewerb ist. Der Versuch, die Investitionen durch expansive Geldpolitik zu steigern, schafft meistens einen inflatorischen Nachfrageüberhang, der die Intensität des Wettbewerbs mindert. Dies schlägt sich in einem steigenden marginalen Kapitalkoeffizienten nieder, der die potentielle Wachstumswirkung höherer Investitionen wieder kompensiert. Auch durch Mittel der —Finanzpolitik, wie Abschreibungsvergünstigungen, Investitionsprämien oder steuerliche Anreize, lassen sich die Investitionen erhöhen. Eine positive Wachstumswirkung ist damit aber nur verbunden, wenn ein Haushaltsdefizit vermieden werden kann und eine stabilitätsorientierte Geldpolitik verhindert, dass ein Nachfragesog entsteht und die Wettbewerbsintensität abnimmt. Arbeitsmarktpolitische Massnahmen können die Vermehrung der Beschäftigtenzahl oder den verbesserten Einsatz der Arbeitskräfte, also eine Zunahme der Arbeitsproduktivität zum Ziel haben. Sie wirken besonders wachstumsfördernd, wenn der Produktionsfaktor Arbeit knapp ist, d. h. bei strukturellen Engpässen am Arbeitsmarkt oder in einer Situation der allgemeinen Überbeschäftigung. Die Anwerbung von Gastarbeitern erhöht das Arbeitsangebot; der Zuzug der Gastarbeiter und ihrer Familien macht aber auch zusätzliche Infrastrukturinvestitionen erforderlich. Durch Massnahmen der Bildungs- und Forschungsförderung soll die Rate des technischen Fortschritts erhöht werden. Eine Wachstumswirkung ist jedoch nur dann zu erwarten, wenn die —Bildungspolitik am Bedarf der Wirtschaft orientiert ist und die staatliche Forschungspolitik (Jorschungsförderungsinstfumente) nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, etwa bei einseitiger Förderung von Grossunternehmen, oder zum Rückgang der unternehmenseigenen Forschungsausgaben führt. Eine Wachstumsförderung durch —Wettbewerbspolitik erscheint dagegen besonders erfolgversprechend, da sie u. a. die Produktivität der eingesetzten Faktoren erhöht. Steigende Wachstumsraten der Arbeitsproduktivität und Kapitalproduktivität (d. h. niedriger marginaler Kapitalkoeffizient) führen bei gegebenen Investitionen und gegebenem Arbeitseinsatz aber zu einer höheren Wachstumsrate des realen Sozialprodukts. Im Bereich der Gesellschaftspolitik kann schliesslich durch die allgemeine Förderung der Leistungsmotivation oder leistungsorientierter Gruppen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum genommen werden. Literatur: Dürr, E., Wachstumspolitik, Bern, Stuttgart 1977. Giersch, H., Konjunktur- und Wachstumspolitik in der offenen Gesellschaft, Wiesbaden 1977.
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