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Theorie des institutionellen Wandels

umfasst verschiedene Ansätze der Neuen Institutionenökonomik, die auf die Erklärung der Entwicklung und des Wandels von Institutionen gerichtet sind. Die ökonomische Analyse konzentriert sich auf die Anreize und Restriktionen, die rational handelnde Individuen dazu bringen oder aber daran hindern, sich auf sozial verbindliche Regeln und Normen zu einigen und diese auch zu befolgen. Demgemäss werden die Entstehung und Änderung von Institutionen als Entscheidungsproblem modelliert, dessen Lösung von individuellen Kosten- und Nutzenüberlegungen abhängt. Dabei können zwei grundlegende Erklärungsmuster unterschieden werden. Das eine bedient sich des Prinzips der unsichtbaren Hand und erklärt Institutionen als das unbeabsichtigte Resultat spontaner Prozesse. Das andere geht von der Vorstellung aus, dass Institutionen das Ergebnis bewusster Entscheidungen und Einigungen sind. (1)     Das Erklärungsmuster der spontanen Institutionenbildung weist Gemeinsamkeiten mit der marktwirtschaftlichen Wettbewerbstheorie auf. Am Anfang steht die zufällig oder bewusst initiierte institutionelle Neuerung, die mit bestehenden Regeln konkurriert und aufgrund der Vorteilhaftigkeit und des Anpassungszwangs entweder übernommen und befolgt oder verworfen wird. Das sich so ergebende und verfestigende institutionelle Arrangement ist nicht bewusst geplant, sondern das unbeabsichtigte Ergebnis vieler einzelner Entscheidungen und Anpassungen. Spieltheoretisch lässt sich dieser Wandel als Koordinationsproblem modellieren. Nach diesem Muster lassen sich viele und wichtige Institutionen erklären. Ein klassisches Beispiel ist die Entstehung des Geldes. Der Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft war gleichbedeutend mit der Entdekkung eines allgemein akzeptierten Gutes als Tauschmedium, das günstige Eigenschaften als absatzfähiges, teilbares, transportables, knappes und dauerhaftes Gut aufwies. Die für alle Tauschpartner erfahrbaren und wechselseitigen Vorteile haben die soziale Akzeptanz und Verbreitung des Geldes begründet. Analoge Erklärungen existieren für die Evolution von Märkten, Eigentumsrechten, Unternehmensformen und sogar staatlichen Organisationen. Die spontane Herausbildung dieser wie auch anderer Institutionen kann später durch formale Kodifizierung abgesichert werden. (2)     Der zweite Erklärungsansatz, wonach Institutionen das Resultat bewussten und plan- voll koordinierten Handelns sind, ist besonders für Interessenkonstellationen relevant, bei denen das Zustandekommen und die Akzeptanz verbindlicher Regeln auf analoge Schwierigkeiten stossen, die für die Bereitstellung öffentlicher Güter gelten. Obwohl die Befolgung der Regeln für alle betroffenen Individuen vorteilhaft wäre, bestehen Anreize, dies nicht zu tun. Jeder kann darauf hoffen,, dass andere für die Aufwendungen sorgen, die für das Zustandekommen der Regeln notwendig sind. Ferner bestehen Anreize, Regeln nicht zu beachten, vorausgesetzt die anderen handeln regeltreu. Es ist offensichtlich, dass Institutionen dann nicht entstehen und befolgt werden, wenn dieses Denken dominiert. Lösungen für diese spieltheoretisch als Gefangenendilemma bezeichnete Situation sind schwierig, aber möglich. Die spontane Evolution kooperativer Regeln und Verhaltensweisen lässt sich um so eher erreichen, je geringer die Zahl der Beteiligten, je homogener deren Interessen und je kontinuierlicher die sozialen Beziehungen sind. Mit zunehmender Gruppengrösse und steigender sozialer Anonymität wächst der Bedarf nach einer bewussten Gestaltung und Kontrolle der Institutionen. Unter diesen Umständen gerät der institutionelle Wandel zur Aufgabe für politische Unternehmer, die als Häuptlinge, Staatsmänner, religiöse Führer oder Manager auftreten können und die Regelgeltung entweder durch Zwang oder äussere (selektive) Anreize organisieren und durchsetzen. Übersetzt man den Begriff des Zwangs durch den Staat und jenen der äusseren Anreize durch den der Eigentumsrechte, so sind die beiden Institutionen genannt, die im Zentrum der ökonomischen Theorie des institutionellen Wandels stehen. Der Staat verkörpert dabei die Instanz, die das Monopol der legitimen physischen Zwangsanwendung innehat und für die Bereitstellung öffentlicher Güter, mithin auch der Institutionen, einsteht. Daraus folgt, dass die Theorie des institutionellen Wandels die Rolle des Staates und das Zusammenwirken von politischen und wirtschaftlichen Interessen zu erklären hat. Mit dem ökonomischen Erklärungsansatz können nicht alle Bestimmungfaktoren des institutionellen Wandels erfasst werden. Der Einfluss etwa von religiösen, ideologischen, machtpolitischen oder kulturellen Determinanten kann entweder nicht oder nur unvollständig berücksichtigt werden. Das analytische Potential des verwendeten Instrumentariums ist begrenzt und streng genommen nur zur Erklärung der ökonomischen Triebkräfte geeignet, die freilich zu allen Zeiten den institutionellen Wandel massgeblich bestimmt haben. Diese Einschätzung gilt zweifellos für die sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, deren Scheitern ursächlich ökonomisch bedingt ist.                Literatur: Leipold, H., Institutioneller Wandel und Systemtransformation. Ökonomische Erklärungsansätze und ordnungspolitische Folgerungen, in: Wagener, H.-J. (Hrsg.), Anpassung durch Wandel. Evolution und Transformation von Wirtschaftssystemen, Berlin 1991. North, D. C., Theorie des institutionellen Wandels. Eine neue Sicht der Wirtschaftsgeschichte, Tübingen 1988.

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