Vereinigung von Personen, Haushalten, Unternehmen oder öffentlichen Körperschaften (Interessengruppe). Die Zusammenarbeit von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Entscheidungsträgern kann auf freiwilligetBasis oder kraft gesetzlichen Zwangs (Kammern in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich) erfolgen. Durch die Kooperation suchen sie verbindende Ziel- und/oder Wertvorstellungen zu realisieren. Diese Integration der Interessen von Individuen sowie privat-und öffentlich-rechtlichen Organisationen umfasst das breite Rollen- und Erwartungsspektrum der Menschen in der Gesellschaft, entsprechend entstehen Verbände sowohl im Wirtschafts- und Arbeitsbereich (—Verbandstypen, Verbandsstrukturen, Wirtschaftsverband), im sozialen Bereich (Verbände der freien Wohlfahrtspflege), im Freizeitbereich (Sport-, Musikvereine) sowie im Bereich von Kultur, Politik und Religion. In der Bundesrepublik entfallen auf jeweils 1000 Einwohner drei bis vier verbandliche Gruppierungen (Thomas Ellwein). In diesen privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter waren im Jahre 1988 4,33% (1166000) der Beschäftigten in Deutschland tätig (mehr als im Kredit- und Versicherungsgewerbe). Hinsichtlich des materialen Organisationszieles bestehen vier Ausprägungen. (1) Förderung der Mitglieder: Die Verbände im Wirtschafts- und Arbeitsbereich streben als Wirtschaftssubjekte auf dem Markt und/ oder durch Beeinflussung der Wirtschaftsund Sozialpolitik (Ordnungs- und Prozesspolitik) eine Förderung ihrer Mitglieder an. (2) Förderung Dritter: Bei Verbänden im sozialen Bereich (z.B. Rotes Kreuz, Entwicklungshilfe-Organisation) kommen Individuen oder Gruppen in den Genuss der materiellen und/oder immateriellen Hilfeleistungen, die i. d. R. nicht die Träger des Verbandes sind. (3) Förderung der Mitglieder und Dritter: In. zahlreichen Verbänden werden beide materialen Zielsetzungen realisiert (z. B. Verbände im Bereich Sport, Musik, Kultur, Politik und Religion). (4) Durchsetzung von Ziel- und Wertvorstellungen innerhalb der Gesellschaft: Zahlreiche politische, religiöse und humanitäre Verbände versuchen ausschliesslich oder neben anderen Aufgaben Wert- und Zielvorstellungen in der Gesellschaft zu erhalten oder zu verändern. Die Mitglieder dieser Organisationen engagieren sich für die System-Werte-Erhaltung oder -veränderung (z. B. religiöse Verbände: Schwangerschaftsabbruch, politische Verbände: Atomkraft). Hinsichtlich des Formalzieles sind die Verbände als nicht-erwerbswirtschaftliche Organisationen zu charakterisieren (Non-profitOrganisationen). Das Verbandsmanagement bringt hingegen selbständige Ziele (für den Verbandsbetrieb als Existenzerhaltung, persönliche Ziele der Mitarbeiter) ein. Zwischen den Extremwerten — Dominanz der Mitglieder und Dominanz der verbandlichen Organisation — besteht ein Kontinuum. Innerhalb dieser demokratisch strukturierten sozialen Systeme üben die Mitglieder verschiedene Rollen aus, durch deren Einsatz (Aktionsparameter) Einfluss auf die Verbandsleitung genommen werden kann (Informationssignale mit oder ohne Kommandocharakter). In allen Verbänden sind die Mitglieder Entscheidungsträger. Durch das aktive und passive Wahlrecht, durch Widerspruch, Abwanderungsdrohung oder Austritt manifestieren sie ihren Willen. Durch das Leisten von Beiträgen (Input: finanzielle Mittel, Information, Zeit, persönlicher Einsatz) tragen die Mitglieder zur Erreichung des Organisationszieles bei. Bei den Verbänden, die primär Mitgliederziele fördern, sind die Mitglieder Output-Benutzer, d.h. sie beanspruchen die vom Verband angebotenen Leistungen und befolgen die im Verband beschlossenen Handlungsund Verhaltensnormen. Literatur: Blümle, E.-B./Wittmann, W. (Hrsg.), Verbände, Stuttgart 1976. Burla, S., Rationales Ma- nagement in Nonprofit-Organisationen, Bern 1989. Ellwein, T, Die grossen Interessenverbände und ihr Einfluss, in: Löwenthal, R.1Schwarz, H.-P. (Hrsg.), Die Zweite Republik. 25 Jahre Bundesrepublik eine Bilanz, 3. Aufl., Stuttgart 1979, S. 470 ff. Weber, J., Die Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart u. a. 1977. Weisbrod, B. A., The Nonprofit Economy, Cambridge, Mass. 1988.
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