(1) Struktur in Verbänden: Verbände sind demokratisch strukturierte soziale Systeme, im Gegensatz zu Unternehmungen, die als hierarchisch strukturierte soziale Systeme zu bezeichnen sind. Bei den mitgliederorientierten Verbänden besteht eine Identität von Trägern und Kunden (Doppelnatur). Mit der Trägerschaft in einem Verband ist keine Kapitalertragserwartung, sondern eine Leistungserwartung verbunden. Unternehmungen erstellen marktfähige, individuelle Güter, Verbände dagegen individuelle und/oder kollektive Güter. Marktfähige Güter (z.B. Verbandszeitschrift, Bildung) können sie der Marktkontrolle unterwerfen oder nicht. Bei kollektiven Gütern können Nichtmitglieder nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden (Trittbrettfahrer). Die Finanzierung erfolgt daher durch Beiträge (generelle, selektive), Spenden sowie Leistungsentgelte der Mitglieder. Auch Dritte (Staat, Lieferanten) können zur Finanzierung beitragen. Aus diesen Merkmalen ergeben sich folgende Schwerpunkte für die Führung dieser Organisationen: · Mitgliederförderung und demokratische Struktur erfordern eine Willensbildung auf partizipativer Basis. Durch diese Organisation des Entscheidungsprozesses entstehen Kosten der Konsensfindung, die Aktions- und Reaktionsschnelligkeit wird reduziert. · Die unterschiedlichen Erwartungen der Mitglieder (intraverbandliche Machtverteilung) lassen sich nicht in ein Zielsystem integrieren. Regeln zur Lösung dieser Konflikte unter den Mitgliedern (z. B. Gross-, Mittel-, Kleinbetriebe) sind nötig (Repräsentativität der Gremien, Rotation). · Die Förderleistung ist i. d. R. nicht quantifizierbar; daraus ergeben sich besondere Probleme für Planung und Kontrolle. (2) Organisationsstruktur der Verbände: Die Verbände des Wirtschafts- und Arbeitssystems sind i. d. R. in Ober- bzw. Spitzenverbänden integriert. Nationale Verbände können sowohl als Zusammenschluss von Grundverbänden (Verband von Verbänden) oder als Mitgliederverband (Direkt-Mitgliedschaft beim nationalen Verband) organisiert sein. Im Bereich der Sozialpolitik sind der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) sowie die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) die wichtigsten Spitzenverbände. Zu den Spitzenverbänden der Wirtschaft zählen u. a. der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), im Handelsbereich der Bundesverband des Deutschen Gross- und Aussenhandels (BGA), die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels (HDE) und der Deutsche Bauernverband (DBV). Im Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) sind die Industrie- und Handelskammern zusammengeschlossen. Literatur: Blume, 0., Arbeitnehmerverbände, Gewerkschaften, in: HWB, 4. Aufl., Stuttgart 1976, Sp. 176 ff. Lehmann, H., Wirtschaftsfachverbände, in: HWB, 4. Aufl., Stuttgart 1976, Sp. 4552 ff. Pauli, G., Verbände, Behörden, Organisationen der Wirtschaft, Darmstadt 1974 ff. Rodenstock, R., Arbeitgeberverbände, in: HWB, 4. Aufl., Stuttgart 1976, Sp. 174 ff.
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