will durch Verstetigung der Politikvariablen vornehmlich der Geld- und Finanzpolitik die konjunkturellen Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotentials dämpfen. Dieser stabilitätspolitische Ansatz geht von zwei Annahmen aus: · Antizyklische (diskretionäre) Stabilitätspolitik wirkt wegen theoretischer Defizite und politischen Opportunitätsdenkens prinzipiell destabilisierend. · Bei konstanten Rahmenbedingungen und verlässlicher (stetiger) Wirtschaftspolitik ist der private Sektor prinzipiell stabil, kann sogar exogene Schocks absorbieren. Das Schwergewicht dieses Politikansatzes liegt auf der Formulierung von Regeln, die die Verstetigung von Politikvariablen sichern (regelgebundener Ansatz). Solche Regeln sind vornehmlich für die Geldpolitik entwickelt und praktiziert worden. Am weitesten verbreitet ist derzeit der Geldmengenwachstumsstandard, wobei allgemein das Wachstum der Geldmenge an der Entwicklung des Produktionspotentials ausgerichtet wird (potentialorientierte Regel). Die Deutsche Bundesbank hat erstmals unter den führenden Notenbanken für das Jahr 1975 eine Geldmengenzuwachsrate vorgegeben. Sie orientiert sich dabei an folgenden Komponenten: Entwicklung des Produktionspotentials, unvermeidbare Preissteigerungsrate, Auslastungsgrad des Produktionspotentials (diese Komponente ist in den letzten Jahren nicht mehr berücksichtigt worden), Änderung der Umlaufgeschwindigkeit. Seit 1979 gibt die Bundesbank eine Bandbreite für die Entwicklung der Geldmenge vor (für 1992: 3,5-5,5%). Damit will sie demonstrieren, dass exakte Zielvorgaben nicht mit hinreichender Sicherheit angesteuert werden können und dass sie je nach Konjunktur die Geldmenge expansiver oder restriktiver steuern will. Nimmt man hinzu, dass die Schätzung der Komponenten der jeweiligen Geldmengenzuwachsraten einen erheblichen Ermessungsspielraum in sich birgt, so bewegt sich die Geldpolitik derzeit zwischen antizyklischer Stabilitätspolitik und Verstetigungspolitik. Praktizierte Regeln zur Verstetigung der Finanzpolitik gibt es derzeit nicht. Eine solche Regel könnte auf die Eliminierung der konjunkturell bedingten Steuermehr- bzw. -mindereinnahmen hinauslaufen. Das vom Sachverständigenrat jährlich vorgelegte Messkonzept des konjunkturneutralen Haushalts entspricht nicht dem Verstetigungskriterium, da dessen Zuwachsrate erheblichen Schätzrisiken unterliegt, von Jahr zu Jahr stark schwankt und wegen der Berücksichtigung der jeweils aktuellen Steuerquote einen prozyklischen Effekt aufweist. Während sich die Regelbindung im Bereich der nationalen Finanzpolitiken bisher nicht oder allenfalls in geringem Masse durchsetzen liess (vgl. Art. 115 GG), ist die Koordinierung der EG-Haushaltspolitiken — vom DelorsAusschuss im April 1989 vorgeschlagen — mittels Verschuldungs- und Disziplinierungsregeln im Zuge der Bildung des Europäischen Zentralbanksystems vorgesehen. Literatur: Rehhahn, H. U., Die verfassungsrechtliche Problematik konjunkturpolitischer Regelbindungen, Volkswirtschaftliche Schriften, H. 313, Berlin 1981. Wagner, H., Stabilitätspolitik. Theoretische Grundlagen und institutionelle Alternativen, München 1989. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium, Regelmechanismen der Wirtschaftspolitik (1971), Konjunkturpolitik neu betrachtet (1983 ).
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