Energie kann in unterschiedlicher Weise Vermarktungsobjekt sein. Zum einen besteht die Möglichkeit, die Vorstufen der verwendungsfähigen Energie, zu denen die Primär- undSekundärenergieträgergehören, als solche zu vermarkten. Hierbei ist zu beachten, dass die in diesen Energieträgern gebundene Energie nicht ohne Vornahme von Umwandlungsprozessen (analog zu den Verarbeitungsstufen i. S. des Commodity Approach) einer Verwendung zugeführt werden kann. Zum anderen kann die Energie als Endenergieträger vermarktet werden. In diesem Fall liegt die Energie in einem meist unmittelbar verwendungsfähigen Zustand vor. Allenfalls müssen zur Verwendung noch Umspannungsmaßnahmen (z.B. von Hoch- in Niedrigspannung) vorgenommen werden. Das Marketing von Primär- und Sekundärenergieträgern verläuft nahezu identisch mit dem Rohstoff-Marketing, sofern es sich nicht um die Vermarktung leitungsgebundener Energie (z. B. Strom, Gas) handelt. In diesem Fall ergibt sich für die Anbieter die Notwendigkeit, ein Leitungsnetz aufzubauen und die daraus resultierenden Probleme zu bewältigen. Insbesondere beim Netzaufbau müssen von Seiten der Anbieter die rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden, die den Energieversorgungsunternehmen v. a. im Bereich Strom eine Versorgungspflicht auferlegen und sie daran hindern, Konkurrenznetze aufzubauen (Konzession, Demarkation, Common Carriage). Wirksamer Gebietsschutz gewährleistet andererseits eine Abschottung von der Konkurrenz. Die Anbieter von Energieträgern sind dadurch gekennzeichnet, dass es sich in vielen Fällen um große und vertikal integrierte Konzerne handelt, die insb. auf der internationalen Förder-/Produktions- und Handels- sowie auf der nationalen Stufe, hingegen etwas seltener auf der regionalen Stufe agieren. Auf lokaler Ebene sind meist kleinere Anbieter zu finden. Der Wettbewerb zwischen den Unternehmen ist durch Kartelle und Gebietsmonopole stark eingeschränkt. Die Nachfrage betrifft sowohl konsumtive als auch investive Verwendungen. Innerhalb des Investitionsgütermarketing ist die investive Nachfrage von primärem Interesse. Diese kann in Bedarf nach Kraft, Licht und Wärme strukturiert werden, wobei - ebenso wie im konsumtiven Bereich - saisonale und Tag-/Nacht-Schwankungen der Nachfrage auftreten und eine Kapazitätsorientierung an der Spitzenlast erfordern. Hierzu ist eine umfassende Bereitstellungsleistung erforderlich. Als investive Nachfrager sind die Tarifab- nehmer von den Sonderabnehmern zu trennen. Die Energieversorgungsunternehmen (EVUs) unterhalten eine sehr stark standardisierte und allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfene Geschäftsbeziehung zu den Tarifabnehmern (Tarife), zu denen überwiegend gewerbliche Klein- und Kleinstabnehmer gehören. Die Sonderabnehmer unterscheiden sich untereinander dadurch, inwieweit ihre Verträge, die sie mit den EVUs schließen, standardisiert sind. Sonderabnehmer mit standardisierter Vertragsgestaltung (insb. mittelgroße Abnehmer aus Industrie und Handwerk) erhalten Verträge mit nahezu einheitlichen Bedingungen. Ihr Verhandlungsspielraum ist sehr stark begrenzt. Im Gegensatz dazu erhalten die industriellen Großkunden, die meist die Möglichkeit eigener Energieerzeugung besitzen, als Sonderabnehmer mit individueller Vertragsgestaltung langfristige (rund 20 Jahre) undflexibel auszugestaltende Verträge. Als Kernproblemfelder der Energiewirtschaft erweisen sich:
1. Der enge Rechtsrahmen, insb. im Bereich leitungsgebundener Energie, der durch das Energiewirtschaftsgesetz und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen definiert wird (Demarkation, Konzession, Common Carriage).
2. Im Gegensatz zu bspw. Wind- und Solarenergie ergibt sich für viele Energieträger das Problem der quantitativ nur begrenzten Verfügbarkeit, d.h. Erschöpfbarkeit der Ressourcen (z.B. Kohle, Öl, Gas). Hieraus resultiert sowohl die Notwendigkeit eines gesamtwirtschaftlich verantwortungsvollen Umgangs mit knappen Ressourcen als auch die einzelwirtschaftliche Konsequenz einer grundlegenden Umorientierung mit dem Ziel einer Energieträgervermarktung unter Einsparungsgesichtpunkten. Eine andere Möglichkeit der Schonung begrenzt vorhandener Ressourcen besteht darin, verstärkt die Vermarktung von regenerierbaren Energieträgern voranzutreiben. Hierbei besteht jedoch gegenwärtig das Problem, dass solche regenerierbaren Energieträger nicht in vergleichbarem Umfang und zu vergleichbarem Aufwand wie erschöpfbare Ressourcen einsetzbar sind.
3. Hohe Markteintrittsbarrieren, die neben der Regulierung aus dem hohen Kapitalbedarf resultieren.
4. Ein sehr geringer Wirkungsgrad der Energie als eines der zentralen technischen Probleme der Energiewirtschaft. Ursächlich dafür sind Umwandlungs- und Leitungsverluste. Umwandlungsverluste sind eine Folge meist mehrfacher Transformation der Energieträger, während Leitungsverluste den Sachverhalt bezeichnen, dass Energie durch die räumliche und zeitliche Distanz zwischen Energieeinspeisung in das Netz und Entnahme aus dem Netz diesem verlorengeht. Der Wirkungsgrad ist insofern auch ein Marketing-Problem, als durch Verbesserungen im Bereich der Prozeßtechnologie dieser erhöht werden kann und somit der Erlangung komparativer Vorteile gegenüber anderen Energieträgern bzw. Energien dienen kann.
5. Das Problem der Distribution der Energieträger, welches sich v. a. bei der leitungsgebundenen Energie stellt und die Einbeziehung indirekter Vertriebswege erfordert (Produktionsverbindungs- handel). Während die Möglichkeiten der Preispolitik bei Energieträgern durch die Tarifbindung in weiten Bereichen eingeschränkt sind, können sich die EVUs insb. durch die Distributionspolitik und innerhalb der Produktpolitik durch das Dienstleistungsangebot profilieren. Durch die Distributionspolitik sollte nicht nur eine einwandfreie Versorgung der Nachfrager gewährleistet werden, sondern vielmehr auch ein einfacher, möglichst komfortabler Zugriff auf die Energieträger ermöglicht werden. Die Dienstleistungen können sich v. a. auf Fragen der Anwendungstechnik, der Wartung und mitunter der Beratung mit dem Ziel der Energieeinsparung beim Kunden beziehen.
Literatur: Engelhardt, W. H.; Günter B., Investitionsgüter-Marketing, Stuttgart 1981. Witt, F.-]., Strategien des Energieträger-Marketing bei Substitutionstendenzen und ordnungspolitischen Reformen im Energiebereich, Bochum 1983.
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