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Konjunkturtheorie

wissenschaftliche Ansätze zur Erklärung von zyklischen oder wenigstens rekurrenten Phänomenen. Die Konjunkturtheorie entwickelte sich in der zweiten Hälfte der 30er Jahre dieses Jh.; vorher sah man Konjunkturschwankungen eher als krisenhafte Unterbrechungen der Wirtschaftsentwicklung, die durch exogene Ursachen wie Mißernten (Sonnenfleckentheorie), Seuchen o.ä. verursacht wurden. Gottfried HABERLER faßte die älteren Konjunkturtheorien zusammen und unterschied rein monetäre Theorien, etwa das Zusammenspiel von Zinssätzen und Lagerbildung (Lagerzyklen), Überinvestitionstheorien, Strukturtheorien der Fehlanpassung von Kosten-, Produktions- und Bilanzstrukturen, Unterkonsumtionstheorien und psychologische Theorien (Wellen des Optimismus und des Pessimismus). In den 50er Jahren setzte sich die auf den Vorarbeiten von Paul A. SAMUELSON und John M. CLARK basierende deterministische Multiplikator-Akzelerator-Erklärung der Konjunkturschwankungen durch: Verzögerte Anpassung (lags) bedingt ein Differenzengleichungssystem zweiter Ordnung und führt bei entsprechender Größenordnung der Koeffizienten (Sparneigung; Investitionsreaktion auf Einkommensänderungen) zu zyklisch schwankenden Systemen mit zu- oder abnehmender Amplitude: Erstere können durch Plafonds begrenzt (John R. HICKS), letztere durch stochastische Anstöße in Gang gehalten werden (Gottfried HABERLER, Ragnar FRISCH). In den 60er Jahren wurde dieses Grundmodell durch Aufspaltung der - Konsum- und Investitionsfunktion, durch Verwendung differenzierter lag-Strukturen, Flexibilisierung des Akzelerationsprinzips sowie den Einbau einfacher Wachstumseffekte verfeinert und bildete in dieser Form die Basis so gut wie aller ökonometrischen Makromodelle. Bei der überwiegenden Zahl der Modelle dieser »klassischen« Konjunkturerklärung bedarf es exogener Anstöße als Auslöser der Schwingungen. Nur wenige Modelle (Nicholas KALDOR 1940, Richard N. GOODWIN 1951, Katastrophentheorie) endogenisieren auch die Anstöße, etwa durch zyklische Schwankungen der Spar- und/oder Investitionsneigung, die durch Auffülleffekte von Niveaugrößen (Sparvolumen, Realkapitalbestand) ausgelöst werden. Ab den späten 60er Jahren wurde die den klassischen Erklärungen inhärente Stabilität des privaten Sektors, die Bedeutung verzögerter Anpassung (Mengenorientierung) und damit die traditionelle Konjunkturerklärung zunehmend in Frage gestellt; Konjunkturschwankungen mußten demgemäss durch exogene Faktoren erklärt werden. Die politischen Ansätze versuchten das durch Rückgriff auf politische Faktoren: Im Wahlzyklenansatz der Neuen Politischen Ökonomie (William D. NORDHAUS, Bruno FREY; Politisch-ökonomische Gesamtmodelle) induzieren auf Wiederwahl bedachte Politiker zum Wahlzeitpunkt eine Hochkonjunktur, um ihre Wahlchancen zu erhöhen, sind aber nach der Wahl gezwungen, restriktive Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung und damit eine Rezession auszulösen; bis zur nächsten Wahl haben die Wähler die negativen Spätfolgen der wahlentscheidenden Hochkonjunktur jedoch wieder vergessen. Im monetaristischen Ansatz (Karl BRUNNER) sind Konjunkturschwankungen ungewollte Folge verspätet ergriffener und verzögert wirkender antizyklischer Maßnahmen. Daraus entwikkelte sich die die 70er Jahre dominierende Gleichgewichtskonjunkturtheorie (Robert E. LUCAS), bei der Konjunkturschwankungen durch monetäre Maßnahmen ausgelöst werden, die von den Wirtschaftssubjekten mißverstanden werden und daher kurzfristige Fehlanpassungen bedingen. Die Konjunkturtheorie der 70er und der frühen 80er Jahre interessierte sich v.a. für die die Konjunkturschwankungen auslösenden Faktoren und unterschied dabei verschiedene Arten von Schocks: Angebotsschocks, Nachfrageschocks, monetäre und Außenschocks, wobei besonderes Gewicht auf erstere gelegt wurde (reale Konjunkturzyklen). Als Gegensatz zur deterministischen Konjunkturtheorie der Neoklassischen Synthese ist hervorzuheben, dass diese gleichfalls »Schocks« als auslösende Faktoren sah, die Art der Schocks jedoch für irrelevant hielt und sich auf die Erklärung des kumulativen Fortpflanzungsprozesses konzentrierte. Abseits des Mainstream erklärten verschiedene (post)keynesianische Ansätze Konjunkturschwankungen aus Verschiebungen der Einkommensverteilung (Michal KALECKI, 1943, Richard M. GOODWIN, 1967), Unsicherheit oder Instabilität des Finanzsystems (Hymann P. MINSKY). In den späten 80er Jahren deutet sich eine Rückbesinnung auf ein verbessertes Modell der neoklassischen Synthese an: Man versucht, die verzögerte Anpassung der Preise und Löhne mikroökonomisch zu fundieren und Verhaltensänderungen explizit zu modellieren (Stanley FISCHER, 1988). Literatur: Gabisch, G., Lorenz, H.-W. (1989). Kromphardt, J. (1993). Haberler, G. (1937)

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