Der Strukturvertrieb (auch: Multi-Level-Marketing oder Netzwerkmarketing genannt) ist eine Sonderform des Direktvertriebs. Die Besonderheit des Strukturvertriebs ist, dass bereits tätige Verkäufer weitere Verkaufsmitarbeiter gewinnen, so dass hierarchische Verkäuferketten entstehen (»Schneeballsystem«). Dabei ist die Vergütung der Verkäufer der vorgelagerten Stufe von der Verkaufstätigkeit der nachgelagerten Stufen abhängig.
Der Strukturvertrieb ist eine Vertriebsform, die oftmals beim Vertrieb von Versicherungsprodukten zur Anwendung kommt. Gegliedert ist er häufig in unabhängigen zu einem geringeren Teil auch ausgegliederten Unternehmen, die stets pyramidenförmig organisiert sind. Eine Vielzahl von selbstständigen und/oder angestellten Hauptvertretern und Untervertretern arbeiten beim Vertrieb von Versicherungspolicen zusammen. Der Kundenkontakt wird persönlich hergestellt, oftmals im Zusammenhang mit einer dem Privatkunden angebotenen Beratung. Manchmal vertreiben Strukturvertriebe die Produkte verschiedener Versicherungsgesellschaften, so dass das Angebot eines einzelnen Versicherers sinnvoll ergänzt werden kann das heißt pro Risikoart und Produktsparte wird nur die Police eines großen Versicherungsunternehmens vertrieben. Hauptbetätigungsfeld der Strukturbetriebe ist heute der Massenvertrieb von Versicherungsprodukten an Privatkunden.
Probleme des Strukturvertriebs : Erfahrungsgemäß weisen Strukturvertriebe im Versicherungsbereich aufgrund niedriger Mitarbeiterqualifikation und erheblicher Mitarbeiterfluktuation eine überdurchschnittlich hohe Stornoquote auf. Dies führt bei den Versicherungsunternehmen zu Kosten- und organisatorischen Problemen.
Für für die in einem Strukturvertrieb organisierten Verkäufer bestehen oftmals erhebliche Anreize, nicht immer das Produkt zu verkaufen, welches für den Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet, sondern Produkte mit möglichst hohen Provisionserträgen aus dem Strukturvertrieb zu vermitteln.
Aus Sicht der Versicherungsunternehmen ist der Strukturvertrieb ein vergleichsweise kostenträchtiger Vertriebsweg. Für die Versicherungswirtschaft kann der Strukturvertrieb von Versicherungsprodukten bestenfalls mittelfristig eine begrenzte Rolle spielen.
Beim klassischen Strukturvertrieb haben die Verkäufer keine Verpflichtung zur Haltung von Lagerbeständen oder zur Abnahme von Waren. Der Hersteller oder Systemträger ist dabei nur auf der ersten Stufe beteiligt, die Verkaufsmitarbeiter aller nachfolgenden Stufen sind selbstständig und arbeiten i.d.R. im Rahmen eines vom Systemträger kontrollierten Franchiseprogramms. Auf Grund der kettenförmigen Netzwerkstrukturen weisen diese Systeme zum Teil starke Schwächen in der Betreuung und Überwachung durch den Systemkopf auf. Dieses kann zur Vernachlässigung der Kundeninteressen führen.
(bei Versicherungsunternehmen), versicherungseigene oder unabhängige Vertriebsorganisation, deren Vertriebsaktivitäten in der Regel auf den Abschluss von Versicherungsgeschäften konzentriert sind.
Siehe Direktvertrieb.
Die meisten Versicherungspolicen, Bauspar- und Immobilienverträge werden in deutschen Wohnzimmern unterschrieben. Daran dürften Strukturvertriebe keinen geringen Anteil haben. Sie arbeiten meist fest für mehrere Finanzdienstleister und verkaufen Versicherungen und verschiedene Geldanlagen, sind also Mehrfach-Vermittler. Dabei funktionieren Strukturvertriebe üblicherweise nach dem Schneeballsystem. Mit hohen Verdienstchancen (»Unser faulster Mitarbeiter verdient im Monat 3 250 Euro«) werden vorwiegend junge Leute gelockt, denen ein lohnender Nebenverdienst als Finanzberater versprochen wird. Anschliessend müssen sie in ihrem Bekannten- und Freundeskreis Versicherungen und Finanzdienstleistungen verkaufen und parallel selbst neue Leute suchen, die diesen Job machen wollen. Strukturvertriebe haben eine strenge Hierarchie mit bis zu zehn Ebenen. Das Nachoben-Kommen ist besonders interessant, weil durch das in der unteren Ebene getätigte Geschäft auf allen Ebenen verdient wird. Und jede Führungskraft darf eine eigene Pyramide aufbauen. Die Vertriebsart ist durch aggressive und teilweise unseriöse Verkaufsmethoden in Verruf geraten. Insgesamt 50 Strukturvertriebe soll es in Deutschland geben. Die grössten sind AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst, OVB Vermögensberatung AG und der Primus: die Deutsche Vermögensberatung. Viele Anbieter von Finanzdienstleistungen lehnen die Zusammenarbeit mit ihnen ab. Aber selbst die ganz Grossen der Branche sind sich für neues Geschäft über diesen fragwürdigen Vertriebsweg nicht zu schade.
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