politisch-ideologischer Sammelbegriff, häufig synonym für Sozialismus verwendet, für Vorstellungen von einer durch vollständige Gütergemeinschaft geprägten Gesellschaftsform. Sieht man von den kommunistischen Ideen und Praktiken urchristlicher Gemeinden und späterer Sekten, von den Utopien des Thomas Morus und Tomaso Campanella und den französischen Gesellschaftsutopisten des 18. Jh. ab, so ist die von Karl Marx und Friedrich Engels im Rahmen ihrer Geschichts- und Gesellschaftstheorie entwickelte Zukunftsgesellschaft der bekannteste Entwurf einer kommunistischen Lebensform. Beide gehen von der Vorstellung einer klassenlosen Gesellschaft mit einem "gänzlich gewandelten Menschen" aus, in der (1) die Produktionsmittel sozialisiert sind, (2) die Produktivkräfte ein Niveau erreicht haben, das es erlaubt, die für die Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Arbeit erheblich zu reduzieren und das Mehrprodukt für eine reichhaltige Bedürfnisbefriedigung aller zu nutzen, (3) der Arbeitsprozess sich - unter Verzicht auf die Zwänge der Arbeitsteilung, von Leistungsanreizen und -kontrollen - als ein Feld der Selbstverwirklichung erweist, (4) der Zusammenhang zwischen individueller Produktivität und Konsumtionsmöglichkeit aufgehoben ist und (5) der Grundsatz gilt: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen." Fraglich bleibt bei dieser Zukunftsvision, wie die Produktivkräfte das für das Endstadium des Kommunismus erforderliche Leistungsniveau erreichen. Ferner bleibt offen, unter welchen Ordnungsbedingungen dieser Zustand - im Falle seines Erreichens - erhalten werden kann. Bei Marx und Engels ist die Rede vom "Absterben des Staates", von der "Gesamtheit der Genossenschaften" und dem "Verein freier Menschen", die sich mit Hilfe einer zentralen, gleichwohl freiwilligen Planwirtschaft organisieren. Aus solchen vagen Hinweisen lassen sich sowohl die Ordnungsvorstellungen einer Rätedemokratie oder Arbeiterselbstverwaltung als auch die einer Zentralverwaltungswirtschaft als Wegweiser zum Kommunismus abieiten. Sowohl die Zentralverwaltungswirtschaft sowjetischen Typs als auch die marktsozialistischen Ordnungsvorstellungen des jugoslawischen oder ungarischen Wirtschaftssystems, des Prager Frühlings, der polnischen, chinesischen oder sowjetischen Re- formexperimente der 80er Jahre lassen sich unter Berufung auf Marx und Engels legitimieren und als Ordnungen des Übergangs zum Kommunismus deklarieren. Fraglich bleibt auch, wie die "gänzlich gewandelten Menschen", die Marx für den Zustand des Kommunismus unterstellt, hervorgebracht werden können. Die von Wladimir I. Lenin begründete und in jüngerer Zeit u.a. von Herbert Marcuse ( Spätkapitalismus) weiterentwickelte Konzeption einer Erziehung zum "neuen Menschen" geht offensichtlich von der Vorstellung aus, dass die Menschen - mangels "richtiger" Ordnungsbedingungen - zu den "richtigen" Verhaltensweisen (der freiwilligen Schaffung des auch im Kommunismus notwendigen Mehrprodukts) erzogen werden können. "Sollen Fehler der Ordnung durch Erziehung behoben werden, dann wird Erziehung zur pädagogischen Tyrannei und zum politischen Terror" (K. Paul Hensel). Literatur: Bress, L., Kommunismus bei Karl Marx, Stuttgart 1972. Hensel, K. P., Die historische Bestimmung des Kapitals nach Marx, in: Breitenbürger, G JSchnittler, G. (Hrsg.), Marx und Marxismus heute, Hamburg 1974, S. 103 ff.
Gesellschaftsform, in der die Produktionsmittel in Gemeineigentum stehen, die Gesellschaftsmitglieder in Produktion und Konsum ein gemeinschaftliches Leben führen ohne hierarchische Herrschaftsformen und in der die materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Individuen gleichmäßig befriedigt werden. Im Rahmen von Kleingruppen hat diese Gesellschaftsform zu vielen Zeiten bestanden (mönchische Orden, religiös motivierte Siedlungen in den USA, Kibbutzim). Karl MARX (Marxismus) postulierte diese Gesellschaftsform als prospektiven Endzustand der historischen gesellschaftlichen Entwicklung. Kommunismus, das Reich der Freiheit, ist die Gesellschaft ohne Entfremdung von der Natur, gegenüber den Mitmenschen und gegenüber sich selbst. Die Wirtschaftsordnung des Kommunismus ist nicht vorherzubestimmen. Deshalb liess sich MARX darüber nicht aus. Sicher jedoch ist, dass die Arbeitsteilung aufgehoben ist und Arbeit das erste Lebensbedürfnis darstellt. Es gilt die Verteilungsregel: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.« Im orthodoxen Marxismus und v.a. im Marxismus-Leninismus wurde der Kommunismus als historische und systematische Weiterentwicklung des Sozialismus interpretiert. Die Transformation vom Kapitalismus zum Kommunismus erfolgt in zwei Stadien. Die revolutionäre Diktatur des Proletariats ist ein transitorisches Stadium, in dem eine sozialistische Wirtschaftsordnung implementiert wird. Das Bewußtsein der Arbeiter ist noch von der alten Ordnung geprägt, und der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung ist unvollkommen. Deshalb herrscht Arbeitszwang und in der Verteilung das Leistungsprinzip. In der zweiten Phase wird die Klassenherrschaft, d.h. der Staat aufgehoben, und die Gesellschaftsmitglieder können sich frei assoziieren. Mit der Realität in den sich kommunistisch nennenden Ländern hatte dies wenig gemein. Schließlich wurde Kommunismus von Wladimir I. LENIN als politisches Markenzeichen zur Unterscheidung von der revisionistischen Sozialdemokratie (Revisionismus) eingeführt. 1918 liess er die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands in Kommunistische Partei Rußlands umbenennen. Dem Vorbild sind in anderen Ländern linkssozialistische Parteien gefolgt. Literatur: Kolakowski, L. (1981)
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