(Warentypologie) zum einen die Einteilung von Produkten anhand jeweils festzulegender Merkmale, zum anderen aber auch die Lehre und Methode der Bildung solcher Einteilungen. Für die Marketingtheorie relevant ist eine solche Typologie dann, wenn Aussagen z. B. über das Konsumentenverhalten und die Wirkungen der Marketinginstrumente durch die Differenzierung nach einzelnen Produkttypen präziser und stabiler werden. Der sog. commodity approach, d. h. der waren- oder produktorientierte Ansatz der Marketingtheorie, stellt bei absatzpolitischen Entscheidungen Produktcharakteristika in den Mittelpunkt der Betrachtung. Probleme bereitet dabei allerdings die Operationalisierung der Merkmale. Produkte können Sachgüter und/oder Dienstleistungen sein. Nutzen stiften und systematisch vermarktet werden können aber auch Rechte, Nominalgüter (Geld und Geldforderungen), Personen, Organisationen und Ideen; sie sind "Produkte" i. w. S. Im Unterschied zu Konsumgütern, die zur Verwendung durch private Haushalte bestimmt sind, versteht man unter Investitionsgütern solche Erzeugnisse, die von staatlichen oder privaten Organisationen (z. B. Unternehmen) nachgefragt werden, um sie selbst zur Leistungserstellung zu nutzen oder an Dritte mals bzw. längerfristig genutzt werden oder nur zur einmaligen bzw. kurzfristigen Verwendung bestimmt sein. Bei Konsumgütern nennt man erstere Gebrauchsgüter und letztere Verbrauchsgüter; bei Investitionsgütern heissen sie entsprechend Investitionsgüter i. e. S. (bzw. Anlagegüter) und Produktionsgüter. Für einen Konsumenten stellen Produkte convenience goods dar, wenn er sie häufig kauft, die betreffenden Märkte gut zu überblicken glaubt, nur ein kleines Kaufrisiko empfindet und sie mit nur geringen Anstrengungen beschafft (Beispiel: Zahncreme). Im Falle geringerer Beschaffungshäufigkeit und Markttransparenz sowie relativ hohen Beschaffungsaufwandes spricht man von specialty goods (Beispiel: Videorecorder). Eine mittlere Position nehmen shopping goods ein (Beispiel: Herrenanzug). Je nach dem Interesse, das der Verwender einem Produkt entgegenbringt, unterscheidet man ferner low interest (Beispiel: Schrauben) und high interest products (Beispiel: PKW). Literatur: Knoblich, H., Betriebswirtschaftliche Warentypologie. Grundlagen und Anwendungen, Köln, Opladen 1969.
untersucht den Einsatz der absatzpolitischen Instrumente in Abhängigkeit von bestimmten Produkteigenschaften. Zunächst einige Vorbemerkungen zu ihrer Einordnung in die Forschungsansätze der Marketinglehre: Die Marketing-Wissenschaft und die Betriebswirtschaftslehre kennen eine Reihe von Forschungsmethoden, die sich in die traditionellen fachspezifischen („materiellen“) Methoden, wie etwa den Institutionen-, den funktionen- oder den warenorientierten Ansatz in der Marketingtheorie, und die eher interdisziplinären („formalen“) Methoden (z.B. entscheidungs-, system-, oder verhaltensorientierter Ansatz) einteilen lassen. Die warenorientierte Absatztheorie (Warenanalyse) untersucht das absatzwirtschaftliche Geschehen unter dem Gesichtspunkt der im Markt vorhandenen Waren/Produkte. Ihre Aufgabe ist es, generelle Aussagen über die unternehmerische Absatzgestaltung unter besonderer Berücksichtigung der Waren und ihrer Eigenarten zu machen. Sie wird dabei von der Erkenntnis geleitet, dass die Wareneigenarten maßgeblichen Einfluß auf die Absatzgestaltung, auf den Einsatz der Marketinginstrumente haben. Was die methodischen Konzeptionen einer warenorientierten Absatztheorie anlangt, so unterscheiden sich diese nach dem Grad der Abstraktion der zu gewinnenden Erkenntnisse. Einmal kann jede einzelne Warenart oder Warengruppe zum Gegenstand absatzwirtschaftlicher Untersuchungen gemacht werden, wie dies z.T. im älteren US-amerikanischen Marketingschrifttum und vor allem in Branchenmonographien der Fall ist. Diese „individualisierende“ Betrachtung ist zur Theoriebildung nicht geeignet, da sie zu sehr auf die Besonderheiten des Einzelfalles abstellt. Dagegen bietet sich eine typologische Betrachtungsweise an. Hier wird - je nach Fragestellung - eine Reihe von Warenarten, die in charakteristischen Merkmalsausprägungen übereinstimmen, zu einem besonderen Warentyp zusammengefaßt. Dieser reflektiert somit das bei einer bestimmten Fragestellung gemeinsam Wesentliche, Charakteristische mehrerer W arenarten. Das Wesen der Produkttypologie liegt darin, dass-im Gegensatz zurbloßen Klassifikation -stets mehrere (also mindestens zwei) Merkmale gleichzeitig zur Kennzeichnung der Produkte herangezogen werden. Sieist somit mehrdimensional. Die Einteilung nach dem Merkmal der „Träger des Bedarfs“ in Konsumgüter und Produktivgüter führt zwar zu zwei grundverschiedenen Sphären der Güterwelt, die auch ihren Niederschlag in einem stärker differenzierten Objektbereich der Marketingwissenschaft (Konsumgüter- versus Investitionsgütermarketing) gefunden hat. Für sich allein genommen ist sie aber lediglich eine - eindimensionale - Klassifikation, di e nur selten geeignet ist, die Komplexität vonMarketingprozessen abzubilden. Voraussetzung für die Gewinnung von Produkttypen ist die Erstellung eines Merkmalskatalogs. Geeignet erscheinende Merkmale sind zu sammeln, zu definieren und zu ordnen (qualitativer Aspekt), sodann sind Entscheidungen hinsichtlich des Meßniveaus ihrer Ausprägungen zu treffen (quantitativer Aspekt). Für Zwecke der Produkttypologie dürften i. d. R. nominale bzw. ordinale Skalierungen ausreichend sein. Jedoch ist auch ein metrisches Meßniveau möglich. Die Art und Anzahl der Merkmale, mit denen operiert werden soll, kann von vorneherein verbindlich festgelegt (geschlossenes Merkmalsystem) oder aber prinzipiell offen gehalten werden (offenes Merkmalsystem). Die Merkmale können naturwissenschaftlich-technischer, fertigungswirtschaftlicher und absatzwirtschaftlicher Art sein, wobei letztere nochmals in Merkmale des Bedarfs und Merkmale der Absatzpolitik gegliedert werden können. Zur Gewinnung von Produkttypen lassen sich zwei verschiedene Wege einschlagen: der Weg der progressiven (synthetischen) Typenbildung und der Weg der retrograden (analytischen) Typeninterpretation. Bei der synthetischen Typenbildung werden die Ausprägungen ausgewählter Merkmale (i.d.R. geschlossenes Merkmalsystem mit relativ wenigen Merkmalen!) nach den Regeln der Kombinatorik miteinander verknüpft, werden Produkttypen „konstruiert“. Nicht in der Realität auffindbare oder sogar „unsinnige“ Kombinationen müssen dabei ggf. ausgesondert werden. Bei der analytischen Typeninterpretation hat man aufgrund praktischer Erfahrungen und Anschauungen einen bestimmten Produkttyp bereits vor Augen und sucht nun die diesem eigene Merkmalskombination zusammen. So läßt sich z.B. der „klassische“ Markenartikel u. a. durch folgende Merkmalsausprägungen kennzeichnen: Konsumgut, Markierung (als konstitutives Merkmal), Produkt der Massenfertigung und des Massenbedarfs, Objekt des täglichen Bedarfs, kleinpreisiges Objekt, bekannte, problemlose Ware, Produkt des eher unpersönlichen Bedarfs, verpackungsbedürftige Ware, „con- venience good“. Da durchaus noch weitere Kriterien zur Charakterisierung herangezogen werden können, liegt hier ein offenes Merkmalssystem vor. Neben diesen - eher qualitativen - Verfahren sind auch Verfahren der Multivariatenan- alyse zur Gewinnung von Produkttypen geeignet: Eine Vorauswahl von Kriterien kann mit Hilfe einer Faktoranalyse zu relativ wenigen, komplexen Faktoren verdichtet werden. Anhand dieser kann dann eine Reihe von Produkten mittels Clusteranalyse verschiedenen Typen zugeordnet werden. Die Anwendungsmöglichkeiten der Produkttypologie im Marketing beruhen auf der Erkenntnis, dass ein bestimmter Produkttyp als eine Gruppierung von Waren mit gleichen Merkmalsausprägungen auch bestimmte gleichartige Marketingaktivitäten, eine einheitliche Marketing-Mix-Kombination für alle diesem Typus zugehörigen Produkte erfordert. Es besteht eine Art „Sachzwang“ für einen gewissen „Grund-Mix“. Noch differenzierter ist das warentypologi- sche Konzept bei Miracle (S. 18 ff.). Er nennt neun Merkmale, die nach seiner Meinung bei allen Produkten für die Bestimmung des Marketing Mix relevant sind, und mißt ihre Ausprägungen jeweils ordinal in fünf Abstufungen zwischen „sehr niedrig“ und „sehr hoch“. In deutscher Übersetzung (nach Becker, S. 475) stellen sich seine Überlegungen witmAbb. 1 dargestellt dar. Für jeden dieser fünf Warentypen lassen sich spezifische Schlußfolgerungen hinsichtlich des zu wählenden Marketing-Mix ziehen. So wird z. B. für Typ (Gruppe) I festgestellt: relativ wenig Aufwendungen für Produktentwicklung; beträchtliche Anstrengungen zur Realisierung einer hohen Distributionsdichte. Die Produkte müssen rasch und bequem verfügbarsein; starke Konsumentenwerbung, wenig oder kein persönlicher Verkauf. Die Produkte sind durch Werbung „vorverkauft“; Preispolitik spielt nur untergeordnete Rolle, die Hersteller haben wenig Kontrolle über den Preis. In neueren Darstellungen des deutschen wie englischsprachigen Marketingschrifttums werden bewusst wieder warentypologische Unterscheidungen mit herangezogen, so dass Becker darin eine gewisse Renaissance der klassischen warenanalytischen Betrachtung erblickt. In den letzten Jahren hat die Produkttypologie über ihr traditionelles Feld im Kon- sumgütermarketing hinaus auch Eingang in das Investitionsgütermarketinggefunaen. Es wird festgestellt, dass zwischen den Transaktionen im Investitionsgütermarketing, die ihren Ausdruck in zwei gegensätzlichen verhaltensrelevanten Kaufklassen (völlig neue Beschaffungsaufgabe mit hoher Komplexität = „new task“ bzw. unmodifizierter Wiederverkauf = „straight rebuy“) finden, und bestimmten Gütergruppierungen (komplexe Anlagen bzw. Betriebsstoffe) ein enger Zusammenhang besteht. Backhaus kommt unter Bezugnahme auf eine empirische Untersuchung von Marquard zu dem Ergebnis, dass für den Ablauf von Interaktionsprozessen im Investitionsgütermarketing neun Faktoren maßgeblich sind: technische Komplexität, Komplexität des Entscheidungsprozesses, Seriosität des Herstellers, Individualität des Abnehmerproblems, Bedeutung der Dienstleistungskomponente, ökonomische Komplexität, geographische Vermarktungseinflüsse, Bedeutung des Direktvertriebs und Preis. Mit Hilfe einer Clusteranalyse werden sieben Produkttypen gebildet, aus denen zwei Extremtypen mit je- weils spezifischen Marketingproblemen herausragen: Leistungen als „Individualtransaktion“ (mit sehr positiven Ausprägungen der genannten Faktoren) und Leistungen als „Routinetransaktion“ (mit negativen Ausprägungen). Neuerdings werden im US-Schrifttum auch „strategische Güterklassifikationen“ diskutiert. Murphy/Enis nehmen für ihr Modell in Anspruch, dass es universell für alle Güterklassen (Sachgüter, Dienstleistungen, Ideen) und Sektoren (profit-, non-profit-Betriebe) anwendbar ist, und Aspekte der Marketing- Mix-Entscheidungen, der Basisstrategien und des Käuferverhaltens im Blick auf unterschiedliche Produkttypen integriert. Sie bilden - in Erweiterung des bekannten Ansatzes - vier Produktkategorien: convenience, preference, shopping und specialty goods, die sich in der Nutzen/Kosten-Einschätzung und in der Preiswahrnehmung des Käufers unterscheiden. Die Kosten werden in die beiden unabhängigen Dimensionen „Einkaufsmühe“ (effort), verstanden als Aufwand an Geld, Zeit und Energie, und „wahrgenommenes Risiko“ (risk) im Blick auf die gesuchte Nutzenstiftung gegliedert. Abb. 2 zeigt die produktbezogenen Schlußfolgerungen für das Marketing Management. K.
Literatur: Backhaus, K.; InvestitionsgüterMarketing, 2. Aufl., München 1990. Becker, J., Marketing-Konzeption, Grundlagen des strategischen Marketing-Managements, 4. Aufl., München 1992. Knoblich, H., Betriebswirtschaftliche Warentypologie, Grundlagen und Anwendungen, Köln, Opladen 1969. Miracle, G.E., Product Characteristics and Marketing Strategy, in: Journal of Marketing, (Jan. 1965), S. 18-24. Murphy, P. E.; Enis, , Classifying Products Strategically, in: Journal of Marketing (July 1986), S. 24-42.
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