Forschungsgebiet, das sich mit Staueffekten im Materialfluss oder im Bedienprozess von Kunden beschäftigt. Die Warteschlangentheorie ist damit eine Methode zur Leistungsanalyse von Produktionssystemen. Zum Aufund Abbau von Warteschlangen vor einzelnen Arbeitssystemen kommt es, wenn der Kapazitätsbedarf der Produktionsaufträge und das Kapazitätsangebot der Arbeitssysteme zeitlich nicht abgestimmt sind. Ursache hierfür ist, dass die Aufträge in zufälligen Zeitabständen eintreffen und die Bearbeitungszeit von Auftrag zu Auftrag schwanken kann. Die Warteschlangentheorie zeigt Wege auf, wie solche Situationen beschrieben und Kenngrößen errechnet werden können. Etwa: Mit welcher Warteschlangenlänge bzw. mit welcher Wartezeit oder mit welcher Kapazitätsauslastung ist zu rechnen? Die Größe des Warteraums vor den Arbeitssystemen beeinflusst die Aufnahmekapazität und damit auch die Produktionsrate des gesamten Produktionssystems. Ist der Warteraum vor einem Arbeitssystem vollständig belegt, ist das unmittelbar vorgelagerte Arbeitssystem, z.B. eine Vorgängerstation bei einer Fließproduktion, blockiert. Das Ausmaß dieser leistungsmindernden stochastischen Effekte lässt sich mithilfe der Warteschlangentheorie berechnen oder zumindest abschätzen. Im Gegensatz zur Simulation lassen sich die Kenngrößen sofort ausrechnen.
eine Methode des Operations Research zur Lösung von Dimensionierungsproblemen. Sie analysiert Beziehungen, die sich beim Warten in einer Reihe ergeben; dabei handelt es sich immer um ein Engpaßproblem (z.B. Kunden warten auf Bedienung, Erzeugnisse eines Fließbandes warten auf Überprüfung). Das Ziel eines Lösungsansatzes der Warteschlangentheorie ist aber nicht, einen Engpaß vollkommen zu beseitigen, denn dadurch würden an anderen Stellen Wartezeiten entstehen. Sie versucht vielmehr, das kostengünstigste Verhältnis zwischen kostspieligen Stauungen (Produktionsleistungen können durch Wartezeiten im Produktionsprozeß erst verspätet am Markt abgesetzt werden, dies führt zu längerer Kapitalbindung) einerseits und ungünstiger Auslastung der Engpaß stellen andererseits zu berechnen.
Teilgebiet der Planungsmathematik des Operadons Research zur Untersuchung bestimmter stochastischer Prozesse. Warteschlangen treten an Bedienungssystemen auf, bei denen Ankunfts- und Abfertigungsprozess nicht durch zentrale Steuerung miteinander synchronisiert sind. Beispiele: Schalterhallen in Postämtern, Banken und Behörden, Kassenschalter in Selbstbedienungsläden, Strassenkreuzungen mit und ohne Verkehrsampeln, Abfertigungsschalter an Flughäfen, Abflug- und Landeschlangen von Flugzeugen an Flughäfen, Fertigungsaufträge vor Fertigungsmaschinen (Maschinenbelegungsplanung). Die Warteschlangentheorie dient der Untersuchung der Entwicklung von Warteschlangen in Abhängigkeit von (a) der Ankunft der zu bedienenden Einheiten, (b) der Abfertigung (Bedienung) dieser Einheiten und (c) dem Bedienungssystem. Insbesondere interessieren die durchschnittlichen Wartezeiten (und die statistische Verteilung der Wartezeiten) sowie die durchschnittliche Länge der Warteschlange (und die statistische Verteilung der Warteschlangenlänge). Für bestimmte Standardfälle von Warteschlangenprozessen sind Standardformeln für die durchschnittliche Wartezeit und die durchschnittliche Warteschlangenlänge etc. entwickelt worden. Für Nicht-Standardfälle müssen entsprechende Formeln neu entwikkelt werden. Häufig hat sich hier die Anwendung der Simulation als nützlich erwiesen. Warteschlangenprozesse werden nach einer Klassifikation von D. G. Kendall durch drei Symbole gekennzeichnet, (1) den Ankunftsprozess, (2) den Abfertigungsprozess und (3) die Anzahl der Abfertigungsschalter spezifizierend. Am einfachsten ist der Prozess M/M/1. Er kennzeichnet den Markoff-Prozess der Ankünfte und den Markoff-Prozess der Abfertigung sowie die Auslegung des Bedienungssystems mit einem einzigen Schalter. Dabei kennzeichnet der Begriff "Markoff", einen russischen Wahrscheinlichkeitstheoretiker ehrend, dass die Ereignisse pro Zeiteinheit Poisson-verteilt und die Abstände zwischen den Ereignissen exponentialverteilt sind. Das liegt bei einem Ankunftsprozess vor, wenn die Ankünfte zufällig und unabhängig voneinander stattfinden. Bei M/M/1-Pozessen beträgt bei einer Rate von a durchschnittlichen Ankünften pro Zeiteinheit (bzw. 1/a als durchschnittlichem zeitlichen Abstand) und einer Bedienungsrate von b Abfertigungen pro Zeiteinheit (bzw. 1/b als durchschnittlicher Bedienungszeit) die durchschnittliche Anzahl der im System befindlichen Einheiten: n= a/(b a). Die durchschnittliche Wartezeit beträgt: w = n/b. Wenn in einem System durchschnittlich a = 4 Ankünfte pro Zeiteinheit stattfinden, aber durchschnittlich b = 5 Abfertigungen möglich sind, so werden durchschnittlich n = 4 Ele- mente im System sein, die durchschnittlich 0,8 Zeiteinheiten warten werden. Für einige komplexere Strukturen liefert die formelmässige Warteschlangentheorie nur Näherungswerte. Detaillierte Aussagen über das Verhalten besonderer Warteschlangensysteme sind dann zumeist nur mit Hilfe der —Simulation zu erhalten. Literatur: Kohlas, J., Stochastische Methoden des Operations Research, Stuttgart 1977.
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