siehe Entscheidung, betriebswirtschaftliche.
1. Entscheidungsprobleme und ihre Bewältigung a) Entscheidungsprobleme Ein Problem ist eine Abweichung des Istzustandes von einer Sollvorstellung resp. von einem oder von mehreren Zielen. Ein Problem wird zu einem Entscheidungsproblem, wenn der Aktor über min destens zwei Varianten zur Verkleinerung oder vollständigen Eliminierung der Abweichung verfügt. b) Rationale Bewältigung Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Entscheidungsproblem zu lösen: · Rein intuitive Wahl einer Lösung · Rückgriff auf in der Vergangenheit realisierte Vorgehensweisen · Übernahme von Lösungsvorschlägen von Experten · Rückgriff auf Zufallsmechanismen wie z.B. Würfeln zur Wahl einer Lösung · Rationale Entscheidung Es ist eine zentrale Forderung der Betriebswirtschaftslehre, dass zumindest bei wichtigen Problemen eine rationale Entscheidung getroffen werden sollte. c) Betriebswirtschaftliche Hilfestellungen für rationale Entscheidungen Die Betriebswirtschaftslehre unterstützt die Praxis in vielfältiger Weise beim Treffen rationaler Entscheidungen. Unter dem Begriff Entscheidungstheorie werden die vielfältigen Forschungsresultate zur Entscheidfindung zusammengefasst. Die Unterstützung der Aktoren durch die Betriebswirtschaftslehre geht jedoch über den eigentlichen Entscheidungsprozess hinaus: Analysemethoden helfen, ein Entscheidungsproblem zu erfassen und seine Ursachen zu verstehen. Erklärungsmodelle resp. Theorien resp. Hypothesensysteme zu Teilgebieten der Betriebswirtschaftslehre (wie z.B. Käuferverhaltensmodelle) helfen dem Aktor, die Konsequenzen seiner Varianten zu bestimmen.
2. Strukturierung des Entscheidungsprozesses a) Generelle Überlegungen Die meisten wichtigen Entscheidungsprobleme in Unternehmungen sind schlecht strukturiert. Dies führt dazu, dass es nicht möglich ist, zu ihrer Lösung ein analytisches Entscheidungsverfahren anzuwenden und mit dessen Hilfe die optimale Lösung zu bestimmen. Der Aktor ist vielmehr gezwungen, ein heuristisches Entscheidungsverfahren einzusetzen und sich mit einer befriedigenden Lösung zu begnügen. Die heuristischen Entscheidungsverfahren lassen sich in spezielle und allgemeine unterteilen. Die erstgenannten Verfahren dienen zur Bewältigung einer bestimmten Art von Problemen, z.B. zur Bestimmung des Marketing-Mix einer Produktegruppe, während die zweitgenannten Verfahren zur Lösung irgendwelcher Entscheidungsprobleme eingesetzt werden können. Es finden sich in der Literatur verschiedene allgemeine heuristische Entscheidungsverfahren. Sie unterscheiden sich sowohl in der Darstellungsform als auch in der Abgrenzung der Teilprobleme. Dies ist nicht weiter erstaunlich, da das subjektive Problemlösungsverständnis der Verfahrensentwickler in die Vorschläge mit einfliesst. b) Phasenschema eines allgemeinen heuristischen Entscheidungsverfahrens Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt ein Beispiel eines allgemeinen heuristischen Entscheidungsverfahrens. Das schlecht strukturierte Entscheidungsproblem wird in sechs Teilprobleme unterteilt. Zum Entscheidungsverfahren sind zwei Kommentare anzubringen: · Es kann jederzeit zu heuristischen Schlaufen kommen. Die am häufigsten auftretende Schlaufe ist in der Abbildung eingezeichnet. · Falls die Problemanalyse mehrere Teilprobleme identifiziert, sind die Schritte 3 bis 6 für jedes Teilproblem zu durchlaufen. Dabei können die Teilprobleme parallel oder nacheinander bearbeitet werden. Nachfolgend werden die sechs unterschiedenen Teilprobleme des Entscheidungsverfahrens kurz skizziert.
3. Teilprobleme einer rationalen Entscheidung a) Problementdeckung und ihre Verifizierung Auf systematische Weise mit Hilfe eines Problementdeckungssystems oder ad hoc wird eine Abweichung zwischen dem Zielsystem und der Istsituation entdeckt. Bevor nun ein Problemlösungsprozess in Gang gesetzt wird, lohnt es sich, das entdeckte Problem zu verifizieren. Dazu sind drei Fragen zu beantworten.
(1) Basiert die Soll-Ist-Abweichung auf verlässlichen Informationen?
(2) Ist die festgestellte Soll-Ist-Abweichung erheblich?
(3) Lohnt es sich, das entdeckte Problem zu bearbeiten? Falls die erste Frage verneint wird, muss versucht werden, die Informationen zu erhärten. Das Problem ist nur weiterzubearbeiten, wenn die Fragen
(2) und
(3) mit ja beantwortet werden können. b) Problemanalyse Der Inhalt der Analyse hängt stark von der Art des Problems ab und ist deshalb nicht in genereller Weise darstellbar. Hingegen kann das Vorgehen zur Problemanalyse skizziert werden. Es dürfte sich in der Regel empfehlen, der Reihe nach
(1) die Entscheidsituation zu erfassen
(2) die Ursache(n) des Problems zu ermitteln
(3) das Problem resp. die Teilprobleme zu benennen und
(4) die Weiterbearbeitung der Teilprobleme zu regeln. Im Rahmen der ersten beiden Teilschritte kann auf zahlreiche Analysemethoden zurückgegriffen werden. c) Erarbeitung von mindestens zwei Varianten der Problemlösung Auf der Basis der Benennung des Problems resp. des Teilproblems sind Lösungsvarianten zu erarbeiten. Wichtig ist dabei eine gute Abdeckung des Lösungsraumes. Um dies zu erreichen, müssen zuerst die Entscheidungsvariablen identifiziert werden. Eine gute Abdeckung des Lösungsraumes ist nicht gleichbedeutend mit einer grossen Zahl von Varianten. In den meisten Entscheidungen dürfte es genügen, drei bis sieben sich aber klar unterscheidbare Varianten zu erarbeiten. Vielfach ist auch der Status Quo eine überprüfenswerte Lösungsvariante. d) Festlegung der Entscheidungskriterien Ziele sind oft nur vage formuliert und damit für die Rangiertrog der Varianten ungeeignet. Um die Varianten beurteilen und die beste unter ihnen auswählen zu können, braucht es konkrete Messlatten oder Entscheidungskriterien. Falls der Aktor nur ein Entscheidungskriterium oder mehrere in einem arithmetischen Verhältnis zueinander stehende Entscheidungskriterien wählt, handelt es sich um eine einwertige Entscheidung. Der Normalfall dürfte allerdings die Verwendung mehrerer Entscheidungskriterien sein. In diesem Fall wird von einer mehrwertigen Entscheidung gesprochen. e) Ermittlung der Konsequenzen der Varianten Die Entscheidungskriterien geben vor, welche Konsequenzenarten relevant sind. Bevor die Konsequenzen der Varianten ermittelt werden, hat der Aktor die Periode zu fixieren, für welche sie zu bestimmen sind. Er hat zudem festzulegen, ob die Konsequenzen sicher vorausgesagt werden können oder ob unsichere Konsequenzen vorliegen. Im zweiten Fall ist zudem abzuklären, ob den Konsequenzen Eintretenswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können oder nicht. Je nachdem ergibt sich eine sichere Entscheidung , eine Risikoentscheidung oder eine Ungewissheitsentscheidung. Die im Anschluss stattfindende Ermittlung der Konsequenzen kann auf unterschiedlichen Qualitätsniveaus stattfinden. Das Spektrum reicht dabei von der subjektiven Schätzung auf der Basis des Erfahrungswissens bis zum Einsatz von wissenschaftlichen Prognosemethoden. Das Resultat der Konsequenzenermittlung ist die Entscheidungsmatrix. Sie zeigt die Varianten und ihre Konsequenzen. 0 Bildung der Gesamtkonsequenzen der Varianten und Entscheidung Die Auswahl der besten Variante bildet den letzten Schritt im Entscheidungsprozess. Dabei sind zwei Vorgehensweisen offen: · Der Aktor kann auf der Basis der Entscheidungsmatrix eine summarische Bewertung der Varianten vornehmen und direkt entscheiden. · Es wird analytisch vorgegangen: Mit Hilfe einer oder mehrerer Entscheidungsmaximen werden die Gesamtkonsequenzen der Varianten ermittelt. Anschliessend wird die Variante mit der besten Gesamtkonsequenz gewählt.
4. Sonderprobleme der rationalen Bewältigung von Entscheidungen a) Kollektiventscheidung Wenn der Aktor nicht aus einer Einzelperson, sondern aus einer Gruppe besteht, wird die Entscheidung schwieriger. In diesem Fall wird von einer Kollektiventscheidung gesprochen. b) Entscheidungssequenzen Eine Entscheidungssequenz liegt vor, wenn eine heute getroffene Entscheidung in Zukunft weitere Entscheidungsmöglichkeiten oder -notwendigkeiten eröffnet. c) Informationsbeschaffungsentscheide Der Aktor kann stets auf der Basis der existierenden Informationen entscheiden. Er kann jedoch auch zusätzliche Informationen beschaffen und erst auf der Grundlage einer besseren Datenqualität entscheiden. Die Beschaffung zusätzlicher Informationen ist dabei mit Kosten verbunden. Mit dieser Problemstellung setzt sich die Bayes\'sche Entscheidungstheorie auseinander. Hinweise · Zu den vertiefenden Wissensgebieten siehe Entscheidung, rationale, Entscheidungsmaxime, Entscheidungsproblem, betriebswirtschaftliches, Entscheidungstheorie, Entscheidungsverfahren, betriebswirtschaftliches. · Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Analysemethoden, betriebswirtschaftliche, Betriebswirtschaftslehre, Kreativitätstechniken (Bionik, Brainstorming, Eigenschaftsliste, Fragenkatalog, Funktional-Analyse, Methode 6-3-5, Mind mapping, Morphologischer Kasten, Synektik), Nutzwertanalyse, Ökonometrie, Operations Research, Optimierung, Optimierungsmodelle, mathematische, Organisation, Portfoliomanagement, Risikocontrolling, Unternehmensführung, Unternehmensplanung.
Literatur: Bamberg, G., Coenenberg, A. G. (2004): Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Auflage, München; Bronner, R. (2004): Planung und Entscheidung: Grundlagen, Methoden, Fallstudien, 3. Auflage, München etc.; Gäfgen, G. (1974): Theorie der wirtschaftlichen Entscheidung, 3. Auflage, Tübingen; Grünig, R., Kühn, R. (2006): Entscheidungsverfahren für komplexe Probleme. Ein heuristischer Ansatz, 2. Auflage, Berlin etc.; Hungenberg, H. (2002): Problemlösung und Kommunikation. Vorgehensweisen und Techniken, 2. Auflage, München; Klein, H. K. (1971): Heuristische Entscheidmodelle: neue Techniken des Programmierens und Entscheidens für das Management, Wiesbaden; Pfohl, H.-Ch., Braun G. E. (1981): Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech; Rommelfanger, H. J., Eckemeier, S. H. (2002): Entscheidungstheorie: klassische Konzepte und Fuzzy-Erweiterungen, Berlin etc.; von Nitzsch, R. (2002): Entscheidungslehre: wie Menschen entscheiden und wie sie entscheiden sollten, Stuttgart.
siehe Entscheidungsmaxime, betriebswirtschaftliche.
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