Electronic Government (E-Government) bezeichnet „die Durchführung von Prozessen der öffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in Politik, Staat und Verwaltung unter sehr intensiver Nutzung der Informationstechnik” (GINDI 2000, S. 3). In dieser Definition werden zwei zentrale Aspekte des E-Government hervorgehoben: Zum einen der Bezug zur informationstechnischen (IT) Unterstützung von Verwaltungsprozessen sowie zum anderen die Berücksichtigung von drei zentralen Akteursperspektiven: · Dies ist zum einen die Gesellschaft, die im Sinne von Government to Citizen (G2C), Politics to Citizen und Government to Business (G2B) mit Begriffen wie E-Services sowie E-Participation und E-Democracy aufgegriffen werden kann. · Zudem sind es Prozesses innerhalb und zwischen Verwaltungseinheiten (Government to Government, G2G), was unter dem Begriff E-Administration gefasst wird. · Schliesslich bleibt noch die Betrachtung des Zusammenhangs der politischen Ebene selbst und der politischen Gremien (Government to Politics, G2P) unter dem Stichwort E-Politics oder E-Council. Diese Akteursperspektiven werden in Abbildung 1 grafisch dargestellt.
Die Gestaltung der elektronischen Unterstützung dieser vielfältigen Interaktionsbeziehungen erfordert eine differenzierte Betrachtung der Dimensionen und Ebenen von E-Govemment. Ein Ansatz der Systematisierung geht auf Lenk zurück. Er versucht, die Gesamtebenen von ITInfrastrukturen bis zur Policy-Ebene ebenso aufzuarbeiten wie die alle Ebenen-begleitenden Fragen von Strategien bis zu Wissensmanagement und Qualifizierung. Auf der Ebene von E-Policy ist festzuhalten, dass an das E-Government die Ansprüche einer höheren Transparenz des Verwaltungshandelns und die Unterstützung der politischen Arbeit durch Informations- und Kommunikationstechnik gestellt werden. Dies zielt vor allem auf die Verbesserung der Integration aber auch Partizipation der Bürger an den politischen Gestaltungs- und Willensbildungsprozessen ab.
Auf der Management-Ebene geht es um die Unterstützung des Verwaltungsmanagements durch aktuelle Führungsinformationen und damit die Integration von E-Government und Verwaltungsmodernisierung. Im Vordergrund steht hier aber vor allem die Frage der Reorganisation der innerhalb der Verwaltung liegenden Prozesse. Aufgaben des Managements sind die Unterstützung von E-GovernmentAktivitäten einzelner Behörden und Verwaltungsstellen von ganz „Oben”, die Herstellung einer durchgängigen Vision und Strategie und die Vorgabe von an die Entwicklungsstufe angepassten Bewertungs- und Zielkriterien. Im Vordergrund wird insgesamt stehen, ein der Problemlage angemessenes Veränderungsmanagement. Die operative Ebene von E-Government befasst sich mit dem einfachen Zugang zu Informationen auf der Basis verbesserter Kooperationsmöglichkeiten ebenso wie mit der Verwirklichung von Kosteneinsparungen und eine schnellere Abwicklung von Vorgängen. Die Aufgaben der operativen Ebene ihrerseits sind die Analyse und Anpassung von Vorgängen bzw. Prozessen, die Überwachung von Kostenentwicklung sowie die konkrete Implementierung des Paradigmenwechsels von der Funktional- zur Prozessorganisation. Die Aufgaben auf der Ebene der Mensch-Computer-Interaktion konzentrieren sich auf das Management der Zugänglichkeiten von Diensten und Informationen im Sinne von Barrierefreiheit. In diesem Zusammenhang erfordert die Digitale Spaltung der Gesellschaft eine Bereitstellung über verschiedene Zugangskanäle, um alle Bevölkerungsgruppen gleichermassen zu erreichen. Auf der Ebene der IT-Infrastrukturen ist die Frage der zur Verfügung stehenden und zu nutzenden Standards zu klären und die Frage inwieweit eine Restrukturierung der Bereitstellung von ITLeistungen im Sinne interorganisationaler Leistungsverbünde sinnvoll und umsetzbar ist. Darüber hinaus ist das Gesamtmodell des E-Government begleitet von dem Erfordernis der entsprechenden Rahmensetzung. Dies gilt vor allem für solche Fragen, in denen Überlegungen der PolicyEbene, z.B. Zuständigkeiten im föderalen Staat, auf das Design von IT-Infrastrukturen durchschlagen. Strategie, Design und Changemanagement wirken zusammen auf alle Ebenen des E-Government ein. Angesichts der grossen Zahl von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst sind Fragen der Qualifizierung und Ausbildung ebenso wie Fragen des Wissensmanagement und Management des Wandels von ganz entscheidender Bedeutung. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Business Intelligence, Business Networking, Change Management, Controlling, Controlling-Informationssysteme, Data Warehouse, Datenbanksysteme, ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning-Systeme), Management-Informationssysteme (MIS), Prozessmanagement, Wirtschaftsinformatik, Grundlagen, Wissensmanagement, Workflow-Management.
Literatur: GI; VDI (Eds.). (2000). Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung. Bonn/ Frankfurt: GI/ VDI. Gisler, M.; Spahni, D. (Eds.). (2001). eGovernment. Eine Standortbestimmung. Bern, Stuttgart, Wien. Krcmar, H.; Lenk, K. (2004). Nachhaltige Modernisierung des öffentlichen Sektors. In Hochschulkolleg E-Government Alcatel SEL Stiftung (Ed.), Führung, Organisation und Kultur im Electronic Government (pp. 3-12). Stuttgart. Lenk, K.; Traunmüller, R. (Eds.). (1999). Öffentliche Verwaltung und Informationstechnik. Heidelberg: Springer. Mehlich, H. (2002). Electronic Government. Wiesbaden: Gabler. Schedler, K.; Schmidt, B.; Summermatter, L. (Eds.). (2003). Electronic Government einführen und entwickeln. Bern, Stuttgart, Berlin: Haupt. Scheer, A.-W.; Kruppke, H.; Heib, R. (2003). E-Government. Berlin: Springer. Wolf, P.; Krcmar, H. (2005). Prozessorientierte Evaluation von E-Govemment. In Klischewski, R.; Wimmer, M. (Eds.), Wissensbasiertes Prozessmanagement im E-Government (pp. 253-265). Münster: LIT. Internetadresse: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2004). E-GovernmentHandbuch in: http://www.bsi.de/fachthem/egov/3.htm
siehe Electronic Government (mit Literaturangaben).
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