Verteilungspolitik
(= Redistribution) Stufe des Einkommenskreislaufs, auf der sich durch freiwillige oder zwangsweise zustandekommende laufende Übertragungen eine interpersonelle bzw. intersektorale Umverteilung des in der Produktion entstandenen und auf der Primärstufe verteilten Einkommens vollzieht. Die Einkommensumverteilung schließt sich an die primäre Einkommensverteilung an. Zu den per saldo empfangenen Erwerbs- und Vermögenseinkommen werden die empfangenen laufenden Übertragungen hinzugezählt und die geleisteten laufenden Übertragungen abgezogen. Als Resultat ergibt sich das verfügbare Einkommen, das für den letzten Verbrauch und die Ersparnis verwendet werden kann. Wie die - Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zeigt, bestehen zwischen den sektoralen Anteilen am Volkseinkommen und den sektoralen Anteilen am verfügbaren Einkommen erhebliche, durch Transfers bedingte Unterschiede. Auch zwischen dem Volkseinkommen insgesamt und dem verfügbaren Einkommen besteht eine Differenz in Höhe des Saldos der laufenden Übertragungen zwischen - Inländern und der übrigen Welt sowie in Höhe des Saldos zwischen indirekten Steuern und Subventionen. Im Umverteilungsprozess spielt der - Wirtschaftssektor Staat eine besonders wichtige Rolle, und zwar unter zweifachem Aspekt: Die Umverteilung zum Staatssektor dient dem Mittelaufkommen zur Durchführung der Staatstätigkeit im engeren Sinne. Dabei ergibt sich das weitgehend ungelöste Problem einer korrekten Bestimmung der - Ausgabeninzidenz und Einnahmeninzidenz. Die Umverteilung über den Staatssektor dient dem sozialen Ausgleich zwischen den Wirtschaftssubjekten; der Staat (oder die zum Staatssektor zählenden Träger und Gemeinschaftseinrichtungen der Sozialen Sicherung) fungiert lediglich als Mittler. Bei einer Analyse der Übertragungen nach leistenden und empfangenden Sektoren fallt es schwer, die indirekten Steuern (desgleichen die - Subventionen) richtig zuzuordnen. Zwar fließen die indirekten Steuern vom Unternehmenssektor zum Staat, aber es steht außer Zweifel, dass sie auf die Preise überwälzt werden können, so dass sie letztlich von anderen Sektoren (insbes. Haushaltssektor) getragen werden. Als geleistete (indirekte Steuern) bzw. als empfangene (Subventionen) Übertragungen werden sie im Einkommensentstehungskonto beim Übergang vom Marktpreis-zum Faktorkostenkonzept gebucht; diese bereits dort gebuchten Übertragungen sind aber auch als Umverteilungsvorgang zu begreifen. Das Problem tritt verstärkt auf, wenn man von einer sektoralen Schichtung abgeht, wie sie der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zugrunde liegt. Nimmt man z.B. eine Gruppierung nach Leistungsempfängern und -trägern bei der - Sozialversicherung vor, ergeben sich die beschriebenen Schwierigkeiten in bezug auf die Staatszuschüsse und die Arbeitgeberbeiträge. Zieht man in Betracht, dass die Staatszuschüsse z.T. aus indirekten Steuern finanziert werden und auch die Arbeitgeberbeiträge auf die Preise überwälzt werden, gelangt man zum Ergebnis, dass die Empfänger der Übertragungseinkommen selbst indirekt Beiträge dazu leisten können. Diese Beiträge sind u.U. relativ groß, weil die unteren Einkommensschichten, zu denen die Sozialleistungsempfänger gehören, häufig von Preisaufschlägen besonders stark betroffen werden (Regressivwirkung). Derartige Inzidenzprobleme können mit der Ausweitung der Einkommensumverteilung immer stärker hervortreten. Die Folge kann eine Gewichtsverlagerung zwischen vertikaler Einkommensumverteilung (von den hoch Verdienenden zu den niedrig Verdienenden) und horizontaler Einkommensumverteilung (innerhalb der gleichen Einkommensschichten) zugunsten dieser letzteren sein. Die Begründung der Einkommensumverteilung erfolgt zum einen mit dem Argument der Zweckmäßigkeit der durch den Staat unentgeltlichen Bereitstellung bestimmter Güter, nämlich der - öffentlichen Güter, und der daraus resultierenden Notwendigkeit der Steuererhebung, zum anderen mit dem Argument der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität zwischen den verschiedenen sozialen Schichten und Altersgruppen. Auf individualistischer Basis lassen sich Übertragungen durch Nutzeninterdependenz erklären. Wenn der - Nutzen eines Individuums nicht nur aus dem eigenen Konsum entsteht, sondern auch vom Konsum und dem daraus resultierenden Nutzen anderer Wirtschaftssubjekte abhängt, so kann es nutzensteigernd für jemanden sein, den anderen einen Konsum durch Schenkungen zu ermöglichen. Soll sichergestellt werden, dass die anderen auch wirklich das Gut konsumieren, bei dem für den Schenker Nutzerinterdependenz besteht, muss dieses Gut (und nicht Geld) transferiert werden. Einkommensverteilung und -umverteilung können nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Die Umverteilung ist z.T. die Reaktion auf den unbefriedigenden Stand der Einkommensverteilung. Es besteht aber auch eine Rückkopplung zwischen Einkommensumverteilung und Einkommensverteilung. Da das verfügbare persönliche Einkommen für den privaten Konsum eine bedeutende Rolle spielt, beeinflußt es die Nachfrage, die Produktion und letztlich also auch wieder die Einkommensverteilung. Literatur: Heilmann, M. (1976)
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