Künstliche Intelligenz
ist ein Begriff im Zusammenhang mit der EDV-Entscheidungsunterstützung für das Management. Die EDV-Anwendung zielt heute auf eine umfassende Unterstützung des Managementprozesses ab. Ziel ist es, in allen Fragen der Problemlösung, Informationsverarbeitung und Kommunikation die Unternehmensführung zu unterstützen. Heute soll auch bei der Lösung schlecht strukturierter Aufgaben die Datenverarbeitung behilflich sein. Expertensysteme sind spezielle Ausprägungen solcher »ManagementSupport-Systeme«. Sie werden auch als wissensbasierte Systeme der künstlichen Intelligenz bezeichnet und versuchen maschinell, das Problemlösungsverhalten von Experten nachzuahmen. Diese Systeme arbeiten unter Zuhilfenahme von umfangreichem Fachwissen und Bewertungsregeln.
Expertensysteme sind Programmsysteme, die auf künstlicher Intelligenz beruhen. Sie sind Softwaresysteme, die aus gespeicherten Wissen über spezielle Fachgebiete auf analytischen und/ oder heuristischen Wege Erkenntnisse und Lösungen zu konkreten Problemen liefern. Nach der Aufgabenstellung können Diagnosesysteme, Beratungssysteme, Konfigurationssysteme und Planungssysteme unterschieden werden.
Siehe auch: Decision-Support-Systeme
sind wissensbasierte Systeme zur Entscheidungsunterstützung, die die Beratungs- und Problemlösungsfähigkeit menschlicher Experten abbilden. Die Kompetenz zumindest eines menschlichen Fachmanns auf einem abgegrenzten Spezialgebiet wird in einer Wissensbasis modelliert, eine Problemlösungskomponente wendet das Wissen zur Aufgabenbewältigung an. Siehe auch Wissensbasierte Systeme und Wissensmanagement (mit Literaturangaben).
sind ein Teilbereich der Entscheidungsunterstützungssysteme und gewinnen zunehmende Bedeutung im Bereich des Marketing. Im Gegensatz zu herkömmlichen Computerprogrammen können Expertensysteme als Teilgebiet der künstlichen Intelligenz schlecht strukturierte Probleme lösen, zu denen keine Lösungsalgorithmen bestehen. Expertensysteme verarbeiten - vereinfacht ausgedrückt - keine Daten i.e.S., sondern Wissen. Expertensysteme bestehen aus den in Abb. 1 dargestellten Komponenten. Kernelemente sind die Wissensbasis und die Inferenzkomponente. Die Wissensbasis besteht aus Fakten und Regeln, die allgemein zugängliches Fachwissen und Daumenregeln des(r) Expertenbeinhalten. Die Inferenzkomponente ist der dem Expertensystem zugrunde liegende Problemlösungsmechanismus. Sie leitet aus der Wissensbasis und den von den Benutzern eingegebenen fallspezifischen Daten schrittweise Schlußfolgerungen bis zu einer Lösung ab. Zur Eingabe, Ergänzung und Modifikation von Wissen in das Expertensystem dient die Wissenserwerbskomponente. Die
Erklärungskomponente erläutert die Vorgehensweise des Expertensystems bei der Problemlösung. Die Erklärungsfähigkeit z. Z. existierender Expertensysteme liegt allerdings noch weit hinter den an sie gestellten Erwartungen zurück. Der Marketingbereich ist eine geeignete Wissensdomäne für Expertensysteme, da er sich in klar abgrenzbare Teilbereiche, bspw. nach den Subinstrumenten des Marketing-Mix, aufteilen läßt. Eine Vielzahl der Fragestellungen tritt immer wieder auf, so dass eine Optimierung und Versachlichung der Entscheidungen durch den Einsatz von Expertensystemen sinnvoll ist und den hohen finanziellen und personellen Einsatz bei der Entwicklung eines solchen Systems rechtfertigen kann. Schließlich existiert im Marketingbereich häufig nur vages und unvollständiges Wissen über bestimmte Sachverhalte. Gerade für solche Problemstellungen empfiehlt sich der Einsatz von Expertensystemen, die auch dieses Wissen verarbeiten können. Der Einsatz von Expertensystemen im Marketing verschafft dem Unternehmen eine größere Unabhängigkeit von Marketingexperten, deren Zeit knapp und deren Einsatz teuer ist. Expertenwissen kann zum gleichen Zeitpunkt an unterschiedlichen Orten benutzt werden. Einmal vorhandenes Wissen kann nicht - wie bei einem Wechsel oder Ausscheiden eines Marketingexperten - verloren gehen. Zudem bearbeiten Expertensysteme Probleme unabhängig von einer persönlichen Tagesform oder von persönlichen Neigungen, wie das bei Marketingexperten der Fall sein kann. Letztendlich können Expertensysteme teures Expertenwissen an Marketing-Novizen vermitteln. Trotz des großen Nutzens von Expertensystemen für das Unternehmen können Expertensysteme den Marketingexperten nicht ersetzen. Die Kreativität der Marketingexperten, ihr gesunder Menschenverstand und ihre Fähigkeit, sich vollkommen veränderten Situationen anzupassen und neue problemadäquate Lösungen zu entwickeln, können durch Expertensysteme nicht geleistet werden. Grundsätzlich kann man die Anwendungen im Marketing, wie in Abb. 2 dargestellt, klassifizieren. In den Bereich der Beurteilung vorhandener Alternativen fallen v. a. Beratungs- und Diagnosesysteme. Diese können sich auf alle Marketingteilgebiete beziehen (vgl. Decker/Gaul, 1990). Dem Entwicklungsbereich sind v. a. Such- und Planungssysteme zuzuordnen. Suchsysteme unterstützen die Generierung neuer Ideen im Marketing. Es existieren bislang jedoch nur wenige realisierte Expertensysteme in diesem Bereich.
Planungssysteme unterstützen den Marketinganwender bei der Festlegung künftiger bereichsspezifischer Marketingaktivitäten. So kann man sich u. a. Planungssysteme zur Optimierung des Einsatzes der verschiedenen Marketing-Mix-Instrumente vorstellen. In dem Bereich der Mediaplanung wurden schon einige Expertensysteme realisiert. Lehrsysteme dienen der Mitarbeiterschulung. Anwendungssysteme werden dagegen von den Benutzern zur Problemlösung eingesetzt. Anwendungssystemekönnen, sofern sie mit entsprechenden Erklärungskomponenten und -hilfen ausgerüstet sind, auch als Lehrsysteme verwendet werden. Probleme bei der Entwicklung von Expertensystemen im Marketing treten im wesentlichen bei der Wissensakquisition, bei der Wissensstrukturierung und der Gestaltung der Benutzeroberfläche auf. Des weiteren können durch eine nicht problemadäquate Auswahl der Expertensystemsoftware erhebliche Entwicklungsprobleme entstehen. Bei der Wissensakquisition ist es oft schwierig, das benötigte Hintergrundwissen und die verwendeten Lösungsmechanismen eines Marketingexperten vollständig zu erfassen, da dieser sich seiner Vorgehensweise häufig nicht bewusst ist, bzw. nur wenig operationale Wirkungszusammenhänge darlegt. Teilweise besteht auch eine psychologische Hemmschwelle zur Darlegung des gesamten Expertenwissens. Daneben kann es zwischen Marketingexperten und Wissensingenieur (Expertensystementwickler) aufgrund unterschiedlicher Wissensstände zu Mißverständnissen kommen, die erhebliche Auswirkungen auf die spätere Leistungsfähigkeit des Expertensystems haben können. Ziel der Wissensstrukturierungist die Umsetzung des relevanten Marketingwissens in eine klare, pragmatische und aussagekräftige Struktur, die durch die eingesetzte Expertensystemsoftware repräsentiert werden kann. Problematisch hierbei ist, dass das vorhandene Wissen oft nur in allgemeiner und noch nicht hinreichend operationalisierter Form vorliegt und häufig nur Teilbereiche der Wissensdomäne abdeckt. Wichtige Fragen der Wissensstrukturierung betreffen u.a. die Unterteilung des relevanten Wissens in einzelne Wissensbausteine, die weitere Operationalisierung der einzelnen Wissensbausteine, die Bedeutung einzelner Einflußgrößen für den jeweiligen Wissensbaustein, kompensatorische versus nicht-kompensatori- sche Einflußgrößen eines Wissensbausteins usw. Im Rahmen der Wissenstrukturierung spielt die Behandlung unsicheren Wissens ebenfalls eine wichtige Rolle. Dabei muss man unterscheiden zwischen der Antwortunsicherheit des Benutzers, der Gewichtungsunsicherheit in bezug auf den Einfluß einer oder mehrerer unabhängiger Variablen auf eine abhängige Variable und die Hypothesenunsicherheit, die auf die Verarbeitung von nicht bzw. nur ansatzweise abgesicherten Wissens abzielt. In der Literatur wird v.a. der Gewichtungsunsicherheit Beachtung geschenkt. Als Lösungsansätze werden mathematisch-statistische Lösungsansätze oder Fuzzy-Set-Logic-Ansätzeentwickelt. Weitere Probleme bei der Wissensstrukturierung entstehen aufgrund mangelnder Abstimmung des Wissens mit den Möglichkeiten der Expertensystemsoftware. Bei der Auswahl der Expertensystemsoftware müssen die grundlegenden Problemlösungskonzepte bekannt sein. Oft treten auch weitere - nicht von Anfang an absehbare - Probleme bei der Wissensstrukturierung auf, die mit der vorhandenen Expertensystemsoftware nicht abgebildet werden können. Es empfiehlt sich daher, eine Expertensystemsoftware mit möglichst breiten und umfassenden Anwendungsmöglichkeiten auszuwählen (hybrideExpertensystem-Shell). Der Einsatz von Expertensystemen in der Marketingpraxis ist oft durch eine mangelnde Akzeptanz potentieller Anwender gefährdet. Diese hängt v. a. von drei Bedingungen ab: von der Akzeptanz des hinter dem Expertensystem stehenden Experten, von der Bereitschaft der potentiellen Benutzer, solche Systeme zu nutzen und schließlich von der Benutzerfreundlichkeit der Systeme. Die Bereitschaft potentieller Benutzer kann durch frühzeitige Aufklärung über Zweck und Einsatzbereich des Expertensystems als Hilfe des Benutzers sowie durch eine Orientierung an Benutzerbedürfnissen und durch eine Einbindung des Benutzers in den Entwicklungsprozeß gesteigert werden. Nachträgliche Anpassungsversuche sind oft nur sehr schwer realisierbar.
Daneben ist die Gestaltung der Benutzeroberfläche von größter Bedeutung für die Akzeptanz des Gesamtsystems. Es ist wichtig, eindeutige und klar formulierte Fragen und Textausdrücke zu verwenden, aber auch Erklärungsmöglichkeiten für verwendete Fachbegriffe zu bieten. Eine ansprechende und abwechslungsreich gestaltete Aufbereitung der Benutzeroberfläche durch Texthervorhebungen, Graphiken etc. beugt der Monotonie vor und beeinflußt somit ebenfalls die Akzeptanz.
Literatur: Alpar, P., Expert Systems in Marketing, Arbeitspapier Nr. 86-19, Department of Information and Décision Sciences, College of Business, University of Illinois, Chicago 1986. Decker, R.; Gaul, W., Einige Bemerkungen über Expertensysteme für Marketing und Marktforschung, in: Marketing-ZFP, 12. Jg. (1990), Nr.4, S.257-271. Esch, F.-R.; Muffler, T., Expertensysteme im Marketing, in: Marketing-ZFP, 11. Jg. (1989), Nr. 3, S. 145-152.
Vorhergehender Fachbegriff: Expertenpanel | Nächster Fachbegriff: Expertensysteme
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|