Bei der Einführung einer Reform oder der Weiterentwicklung der Sicherung im Krankheitsfall umfasst der Entscheidungsbedarf folgende Bereiche: • einzubeziehender Personenkreis, • Leistungsumfang und -Struktur, • Mittelaufbringung, • Finanzierung und Steuerung der Leistungen im Bereich der - ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung - stationären Versorgung - Arzneimittel - Heil-und Hilfsmittel, • Organisation und Finanzausgleich. Im Falle des einzubeziehenden Personenkreises ist zunächst nach der Schutzbedürftigkeit bzw. der individuellen Vorsorgefähigkeit bestimmter Personengruppen zu fragen. So kann bei dem leistungsberechtigten Personenkreis zum einen nach dem Status der zu versichernden Personen im Arbeitsprozess (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Selbständige etc.) und nach Branchen (Bergleute, Seeleute, Landwirte, Handwerker etc.) unterschieden werden. Bei der Festlegung des versicherungspflichtigen Personenkreises stellt sich die Frage, ob die Gesamtbevölkerung (Versicherungspflicht) oder ob einzelne Berufs- und Einkommensgruppen einbezogen werden sollen. Mit dem Leistungsumfang wird festgelegt, welche Leistungen der Berechtigte im Krankheitsfall in Anspruch nehmen darf. In der Regel erfolgt die Festlegung des Leistungskatalogs politisch und wird gesetzlich bzw. vertraglich verankert. Bei der Festlegung des Leistungsumfangs kann auch die Höhe der Beiträge berücksichtigt werden. Leistungsanspruch und tatsächliches Leistungsangebot (Qualität, räumliche Verteilung, Effizienz des Leistungsangebots) können sich durchaus unterscheiden. Bei der übergreifenden Mittelaufbringung steht die Finanzierung der verschiedenen Formen der Daseinsvorsorge im Vordergrund. So bestimmt der Versicherungsnehmer im Rahmen einer freiwilligen Vorsorge, die überwiegend bei privaten Versicherungen abgeschlossen wird, Art und Umfang des Versicherungsschutzes, wobei Prämienzahlungen und Leistungsanspruch korrespondieren. Eine gesetzlich verfügte Vorsorge kann zum einen den Abschluss einer privaten Versicherung vorsehen, bei der jedermann ohne Beitragsdiskriminierung zu versichern wäre. Gesetzlich verfügte Sicherungssysteme mit einer einkommensbezogenen Finanzierung über Sozialbeiträge bilden eine weitere Form der Mittelaufbringung, die in den meisten europäischen Ländern vorherrscht. Weiterhin kann eine Finanzierung aus allgemeinen Deckungsmitteln, d. h. überwiegend aus Steuern erfolgen, wie sie für England und Skandinavien typisch sind. Mit der Finanzierung und Steuerung der Leistungen erfolgt die Honorierung, Vergütung bzw. Bezahlung der Gesundheitsleistungen in den verschiedenen Leistungssektoren. Von den finanziellen Beziehungen zwischen den Versicherungen bzw. Krankenkassen und Anbietern und der Art der Kostenerstattung gehen Anreize aus, die das medizinische Leistungsgeschehen nach Art, Menge und Struktur erheblich beeinflussen. Mit der Organisation der Versicherungsträger und dem Finanzausgleich werden Fragen des Nebeneinanders unterschiedlicher Systeme, ihrer rechtlichen Ausgestaltung, der Anzahl der Kassen und der finanziellen Beziehungen zwischen den Ausgabenträgern aufgeworfen, die ebenfalls einer Regelung bedürfen. Der beschriebene Entscheidungsbedarf bei der Ausgestaltung des Krankenversicherungsschutzes ist weitgehend systemindifferent, da die genannten Modalitäten auch in risikoäquivalent finanzierten Sicherungsformen und im Falle eines steuerfinanzierten Krankenversicherungsschutzes festgelegt werden müssen. Der im einzelnen anhand dieser Bereiche konkretisierbare Regelungsbedarf führt bei der jeweiligen Ausgestaltung des Krankenversicherungsschutzes zu ganz unterschiedlichen Steuerungsstilen in der finanziellen und realen Sicherung im Krankheitsfall. Literatur: Henke, K.-D., Alternativen zur Weiterentwicklung der Sicherung im Krankheitsfall, in: Hansmeyer, K. H., Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherung II, Berlin 1991, S. 117 ff.
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