Bei der Markterfassungsseite der Marktsegmentierung steht der Einsatz relevanter Segmentierungsmerkmale im Vordergrund, die einer Reihe von Anforderungskriterien zu genügen haben. Es ist zwischen einer Segmentierung von Konsumenten und von Unternehmen zu unterscheiden. Bei der Segmentbildung von Konsumenten bietet sich eine Vielzahl von Erklärungsvariablen des Käuferverhaltens als Segmentierungsmerkmale an (vgl. Abb. 1). Sie können einzeln oder kombiniert berücksichtigt werden. Bei simultaner Berücksichtigung mehrerer Merkmale („ Verbrauchertypologie“) ergeben sich profiliertere Segmente mit vielfaltigeren Ansatzpunkten für ein segmentspezifisches Marketingkonzept. Marketing-Mix-bezogene Reaktionskoeffizienten Wenn die Marketing-Instrumente segmentspezifisch eingesetzt werden sollen, ist es eigentlich erforderlich, solche Konsumenten zu Segmenten zusammenzufassen, die ähnliche Reaktionen auf den Einsatz der Instrumente aufweisen (z. B. gleiche individuelle Preis-Absatz-Kurven, gleiche Werbewir- kungskurven, gleiche Produkterwartungen). Sozio-ökonomische Kriterien Hierzu zählen Merkmale wie Einkommen, Alter, Geschlecht, Beruf und geographische Merkmale (Mikrogeographische Segmentierung). Die Abgrenzung von sozialen Schichten und Phasen im Familienlebenszyklus erfolgt dabei mittels Merkmalskombinationen. Psychographische Kriterien Hier stehen nicht beobachtbare hypothetische Konstrukte zur Erklärung des Käuferverhaltens im Mittelpunkt. Es ist zwischen allgemeinen Persönfichkeitsmerkmalen (z.
B. Lebensstile und Persönlichkeitsinventare) und produktspezifischen Merkmalen zu unterscheiden. Letztere sind pro Produktgruppe und evtl. auch für die einzelnen Marken jeder Gruppe zu erfassen. Zu diesen Merkmalen zählen insb. Kaufmotive (Motivation), Kaufintentionen, produktspezifische Wahrnehmungen und Einstellungen. Kriterien des beobachtbaren Kaufverhaltens Hier wird vom Einkaufsverhalten der Vergangenheit auf zukünftiges Verhalten geschlossen. Solche Rückschlüsse lassen sich für alle vier Instrumentalbereiche des Marketing ziehen. Die Besonderheiten des Käuferverhaltens in Investitionsgüter-, Wiederverkäufer- und staatlichen Märkten bedingen andere Erklärungsmodelle und führen zu zusätzlichen Segmentierungsmerkmalen. Segmentierungsmerkmale von Produktionsunternehmen lassen sich dreistufig folgenden Merkmalsgruppen zuordnen (organisationales Beschaffungsverhalten): - Organisationale Merkmale der Unternehmung (z.B. Branchenzugehörigkeit, Unternehmensgröße, Institutionalisierung der Einkaufsfunktion, formelle Regelungen zum Entscheidungsablauf) - Merkmale des die Einkaufsentscheidung beeinflussenden Kollektivs (buying center), z.B. Größe oder Zusammensetzung des Kollektivs, Rollen- und Machtstruktur im Kollektiv (organisationales Beschaffungsverhalten) - Individualmerkmale der an der Einkaufsentscheidung beteiligten Personen (z.B. Verhalten der Informationsgewinnung, Beruf/Ausbildung, Motive, Einstellungen). Im Gegensatz zu den Segmentierungsmerkmalen bei Konsumenten handelt es sich bei diesen Merkmalsgruppen jedoch nicht um alternativ einsetzbare Segmentierungskriterien. Eine Segmentabgrenzung hat vielmehr Merkmale aller Ebenen zu berücksichtigen; z. B. sind Marketing-Programme in Abhängigkeit von der Branchenzugehörigkeit der Kundenunternehmung, der Machtverteilung im Einkaufskollektiv und der medialen Erreichbarkeit der wichtigsten Mitglieder des Kollektivs zu entwickeln. Die Marktsegmentierungsmerkmale haben einer Reihe von Anforderungskriterien zu genügen und unterscheiden sich in bezug auf deren Erfüllung: - Kaufverhaltensrelevanz Die Segmentierungsmerkmale sollten zu Segmenten führen, die in bezug auf das relevante Kaufverhalten in sich homogen, untereinander jedoch heterogen sind. - Aussagefähigkeit für den Einsatz der Marketing-Instrumente Die Ausprägungen der Segmentierungsmerkmale sollten Ansatzpunkte für einen segmentspezifischen Einsatz der Marketing- Instrumente aufzeigen. - Meßbarkeit (Operationalität) Die Ausprägungen der Segmentierungsmerkmale sollten mit den vorhandenen Marktforschungsmethoden erfaßbar sein. - Zugänglichkeit
Die Segmentierungsmerkmale sollten zu Segmenten führen, die insb. über Kommuni- kations- und Distributionskanäle erreicht werden können. - Zeitliche Stabilität Die Segmentierungskriterien sollten eine Aussagefähigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg besitzen. - Wirtschaftlichkeit Die Erhebung der Ausprägungen der Segmentierungskriterien ist unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zu beurteilen (Kosten der Informationsgewinnung und -Verarbeitung). - Akzeptanz beim Außendienst Dieses Anforderungskriterium kommt beim Investitionsgüter-Marketinghinzu. Die Segmentierungsmerkmale genügen den an sie gestellten Anforderungen in einem unterschiedlichen Ausmaß. Die Beurteilung von Segmentierungsmerkmalen hängt letztlich vom konkreten Anwendungsfall ab. Abb. 2 stellt die tendenziellen Vor- und Nachteile der Merkmale gegenüber. Der kombinierte Einsatz von Segmentierungsmerkmalen mehrerer Merkmalsgruppen vermag zwar die Vorteile zu kombinieren, führt aber zu zusätzlichen Problemen. Sollen z. B. die sozio-ökonomischen Merkmale und das Medienverhalten von Konsumenten (sekundärstatistisches Material der Media-Analysen) mit psychographischen Merkmalen (Primärerhebung) kombiniert werden, so bieten sich zwei Möglichkeiten: - Erhebung aller Konsumentenmerkmale in einer Primärerhebung (single source- Erhebung), was die Marktforschungskosten erhöht und evtl. zu nicht mehr zumutbaren Interviewdauern führt. - Zusammenfassung getrennt durchgeführter Erhebungen über gemeinsame Variablen, die in beiden Erhebungen erfaßt wurden. Hierbei ergeben sich erhebliche methodische Probleme. -
Literatur: Freier, H., Marktsegmentierung, Stuttgart u. a. 1983. Gröne, A., Marktsegmentierung bei Investitionsgütern. Analyse undTypologie des industriellen Einkaufsverhaltens als Grundlage der Marketingplanung, Wiesbaden 1977.
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