Ein umfassendes Verständnis des Käuferverhaltens erfordert, dass nicht nur die einem Kauf vorangehenden Aktivitäten betrachtet werden, sondern auch jene, die sich danach, als Folge eines Kaufes, entwickeln. Dazu wird das Kaufverhalten als ein Prozeß zeitlich aufeinanderfolgender Aktivitäten von Konsumenten aufgefaßt. Vorkaufaktivitäten richten sich auf die Bewertung und Auswahl von Produkten und Dienstleistungen. Das Nachkaufverhalten umfaßt alle einem Kauf folgenden und mit diesem unmittelbar in Verbindung stehenden, psychischen und offenen Reaktionen von Konsumenten, die ihrerseits wieder das zukünftige Verhalten prägen. Zu den psychischen Konsequenzen eines Kaufes gehört die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit dem Produkt (Zufrie- denheitsforschung), Produkterfahrungen (Lerntheorie) und kognitive Nachkaufdissonanzen (Dissonanztheorie). Als offene Reaktionen können die Mundwerbung, der Wiederkauf (Markentreue) oder der Markenwechsel bzw. Verzicht und die Reklamation/Beschwerde identifiziert werden (Wiederkaufverhalten). Konsumenten können mit einem gekauften Produkt oder einer genutzten Dienstleistung zufrieden oder unzufrieden sein. Die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit ist das Ergebnis einer bewussten Nachkaufbewertung des gewählten Produktes bzw. der genutzten Dienstleistung (Zufriedenheitsforschung). Unzufriedenheit mit dem Produkt oder der in Anspruch genommenen Dienstleistung entsteht, wenn die wahrgenommenen Leistungen die an das Produkt gestellten Erwartungen nicht erfüllen. Auch Nachkaufdissonanzen (Dissonanztheorie) als Folge eines Vergleiches der gewählten Alternative mit der oder den ausgeschlagenen Produkten können zur Unzufriedenheit führen. Nachkaufdissonanzen sind motivationale Spannungen, die durch wahrgenommene Vorteile der ausgeschlagenen Alternativen und wahrgenommene Nachteile des gewählten Produktes ausgelöst werden können. Vom Konsumenten oft eingeschlagene Strategien zur Reduktion kognitiver Nachkaufdissonanzen sind nachträgliche Umbewertungen, d.h. Abwertungen der nicht gewählten Produkte und Aufwertung des gekauften Produktes, und eine Suche und selektive Wahrnehmung solcher Informationen, die die getroffene Kaufentscheidung stützen. Nach Hirschman(1970) folgt aus der Zufriedenheit markentreues Verhalten (loyality), aus der Unzufriedenheit die Abwanderung oder der Widerspruch (exit/voice). Abwanderung kann bedeuten, dass der Konsument die Marke wechselt oder einen generellen Konsumverzicht übt. Der Widerspruch kann durch eine Beschwerde (Beschwerdeverhalten) gegenüber den Anbietern, Verbraucherverbänden oder gegenüber öffentlichen Einrichtungen, durch Geltendmachung der Rechte aus Mängelhaftung in Form der Reklamation, durch einen Boykott der Produkte und durch negative Mundwerbung erfolgen. Bei Konsumenten, die mit dem Ergebnis ihrer Beschwerde zufrieden sind, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Wiederholkaufes. Die Art und Intensität der Reaktion unzufriedener Konsumenten ist pro- dukt-, personen- und situationsspezifiscn. Alternativ zum Konstrukt der Zufriedenheit/Unzufriedenheit kann die Attributionstheorie zur Erklärung von Nachkaufreaktionen herangezogen werden. Danach versuchen Konsumenten die Gründe zu finden, die für die wahrgenommenen Produktmängelverantwortlich sind. Ursachen für die vom gekauften Produkt nicht erfüllten Konsumwünsche können dahingehend klassifiziert werden, ob sie zeitlich stabil sind, dem Produkt (Qualitätsmängel) oder dem Konsumenten (unsachgemäße Produktnutzung) anhaften und danach, ob die Ursachen beseitigt werden können oder nicht. Werden z.B. die Ursachen in dauerhaften Produktmän- geln gesehen, so ist die Wiederkaufwahr- scheinlichkeit geringer, als wenn von temporären Störungen oder von einer eigenen fehlerhaften Produktnutzung ausgegangen wird. Das Nachkaufverhalten hat marketing- und verbraucherpolitische Relevanz. Im Rahmen des Nachkaufmarketingwerdendurchden Kauf begründete längerfristige Beziehungen zwischen Anbietern und Kunden zugrundegelegt und Aktivitäten entwickelt, die den Kontakt zum Kunden zu fördern und zu intensivieren versuchen (Beziehungsmanagement). Solche Nachkaufbemühungen sind insb. bei komplexen Gütern und Dienstleistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, von Bedeutung (Bankmarketing, Versicherungsmarketing). Für die Verbraucherpolitik bieten sich Beschwerden als wichtige Informationsquelle für die Formulierung und Änderung von Verbraucherzielen an (Beschwerdeanalyse). Eine verbraucherpolitische Möglichkeit, Unzufriedenheit entgegenzuwirken, ist die Einrichtung von Verbraucherabteilungen.
Literatur: Engel, J. E.; Blackwell, R. D.; Miniard, , Consumer Behavior, 5. Aufl., New York 1986. Hansen, U., Absatz- und Beschaffungsmarketing des Einzelhandels, 2. Aufl., Göttingen 1990. Hirschman,A.
0. ,Exit,Voice,and Loyality,Cambridge 1970. Kroeber-Riel, W., Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992.
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