1. siehe Lebenszyklus. 2. Bezeichnung für die Verbreitung von Neuerungen (Innovation) in einer Volkswirtschaft oder Gesellschaft, z.B. Verbreitung von Industrierobotern, Mikrowellenherden, Mitbestimmung. Personen, die Schlüsselstellungen der Information einnehmen (Meinungsfiihrer), fördern die Diffusion. Sie wird um so vollständiger, je mehr Personen, Unternehmen und sonstige Institutionen die Innovation übernehmen.
Unter Diffusion versteht man die Ausbreitung einer Innovation (z.B. eines neuen Produktes) in einem sozialen System unter Berücksichtigung der sozialen Interaktionen zwischen Individuen.
Wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt, wird es oftmals zuerst von einigen experimentierfreudigen, innovationsfreudigen und aufgeschlossenen Personen gekauft. Diese Personengruppe bezeichnet man als Innovatoren. Den Innovatoren folgen dann nach und nach weitere Käufer, bis schließlich auch vorsichtige und konservative Käuferschichten das Produkt annehmen (Adoption). Letztlich wird das Produkt auch von den so genannten Nachzüglern gekauft. Insofern kann die Diffusionskurve eines Produktes, die den Diffusionsprozess als Häufigkeitsverteilung der Erstkäufer über die Zeit darstellt, als Erklärungsansatz für den Produktk-benszyklus herangezogen werden.
Eine treibende Kraft der Diffusion ist der mehrstufige Kommunikationsprozcss (Kommunikation), in dem die Innovatoren und die Diffusionsagenten (Handel) als Schlüsselfiguren fungieren (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1999, S. 642ff.). Erst wenn die Innovatoren, deren Eigenschaftsprofil sich größtenteils mit dem der Meinungsführer deckt, eine Innovation übernommen haben, hat diese eine Chance auf weitere Verbreitung. Die Wirkung der Innovatoren liegt besonders darin, dass sie gezielt nach Informationen suchen, diese aktiv aufnehmen und dann an andere Personen übermitteln. Dabei führt ihr persönlicher Einfluss zu stärkeren Beeinflussungseffekten als die Kontaktierung durch die Medien der Uassenkommunikation. Das Modell von Kaas (1973) verdeutlicht diese Funktion der Innovatoren bzw. Meinungsführer.
In der Diffusionsforschung werden folgende Fragestellungen diskutiert:
- Wie läuft der Diffusionsprozess für verschiedene Güterarten ab?
- Von welchen Einflussgrößen hängt eine erfolgreiche Produkteinführung ab?
- Welcher Personenkreis kann für bestimmte Güterarten die Rolle des Innovators bzw. Meinungsführers spielen?
In der Wirtschaftssoziologie: bezeichnet die Verbreitung und Annahme von Neuerungen und Informationen in einem sozialen System oder Subsystem. Für den D.sprozess in den modernen Industriegesellschaften sind die in den Massenmedien gegebenen Strukturen und Kanäle wichtig.
Diffusionsprozess
(Diffusionsforschung): In der Soziologie bezeichnet Diffusion den Kommunikationsprozess, durch den soziale Ideen, Kulturgüter, Informationen, - Einstellungen, - Meinungen, Vorurteile, Gerüchte und Innovationen sich über die in einem sozialen System bestehenden Kommunikationswege ausbreiten. Die grundlegende These des Diffusionismus lautet, dass es Urkulturen oder Kulturzentren gibt, von denen sich kulturelle Merkmale auf andere Gesellschaften ausbreiten. Kulturelle Entwicklung folgt danach nicht einer inneren Logik im Sinne der Evolution, sondern sie wird geprägt durch direkte oder indirekte Kontakte, bei denen Kulturgüter aus einer Kultur in eine andere weitergegeben beziehungsweise übernommen werden.
Gegenstand der Diffusionsforschung ist dieser Kommunikationsprozess unter besonderer Berücksichtigung der sozialen, sozioökonomischen und psychologischen Verhaltensmerkmale der daran beteiligten Individuen sowie ihrer sozialen Interaktionen auf der einen Seite und der Rolle der Kommunikationsmedien auf der anderen Seite.
In der Managementlehre und der Absatzwirtschaft liegt der Schwerpunkt des Interesses naturgemäss auf der Untersuchung der Ausbreitung neuer Produkte und Dienstleistungen, neuer Konsumgewohnheiten und Verhaltensweisen. Folgt man dem diffusionistischen Prinzip, muss der Glaube aufgegeben werden, dass erfolgreiche Unternehmensentwicklung das Werk unternehmerischer - Kreativität oder Erfindungsgabe sei. So kritisierte beispielsweise Robert H. Waterman, der Koautor des Buchs “In Search of Excellence” die in vielen Firmen in Europa und USA vorherrschende Haltung, immer wieder das Ei des Kolumbus erfinden zu wollen. Japan dagegen, mit seiner ständig praktizierten Aufnahme fremder Impulse und gründlicher Analyse ausländischer Märkte, sei ein Meister der Imitation technologischer Produkte.
Diffusionen sind übrigens ebenso auf dem Feld der Sozialtechniken zu beobachten. Viele der in bundesdeutschen Unternehmen eingesetzten
Managementmodelle kommen aus den USA. Dem Verständnis der Ausbreitung einer Neuerung als Kommunikationsprozess, der als eine Häufigkeitsverteilung bzw. graphisch als Diffusionskurve der Zahl der Obernehmer einer Innovation im Zeitverlauf darstellbar ist, Adoptionsprozess, entspricht es, dass bei der Erforschung des Diffusionsprozesses entweder die psychische Innovationsdisposition der Individuen oder einzelner Gruppen oder aber die soziale Innovationskraft der individuellen und der Massenkommunikation eine zentrale Rolle spielen.
Die individuelle Innovationsbereitschaft ist ein zentrales Kriterium in den Adoptionsmodellen, denen die Annahme unterschiedlicher Innovationsbereitschaft bei verschiedenen Marktsegmenten bzw. Bevölkerungskategorien zugrunde-liegt.
Im Zusammenhang der kommunikationsorientierten Diffusionstheorien sind vor allem die Theorien über die Funktion der Meinungsführer, - Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation, als entscheidende Träger der Diffusion von Bedeutung. Für Management und Marketing ergibt sich daraus die Notwendigkeit, den Diffusionsprozess für eine Neuerung dadurch zu aktivieren, dass die Innovatoren Konsumpioniere und die Meinungsführer erreicht werden, und für die Marktforschung resultiert daraus das Problem, diese zu identifizieren.
Dabei empfiehlt es sich, mit Hans-Joachim Hoffmann zwischen Gegenstandsdiffusion und Nachrichtendiffusion zu unterscheiden. Nachrichtendiffusion ist die Ausbreitung der Information über das Vorliegen einer Innovation, also eines neuen Produkts, die in der Werbeforschung z.B. als Informationsgrad mit Hilfe von Erinnerungsfragen gemessen werden kann. Gegenstandsdiffusion hingegen ist der Prozess der tatsächlichen Übernahme der Innovation, also z.B. der Kauf des neueingeführten Produkts.
Vorhergehender Fachbegriff: Differenzzoll | Nächster Fachbegriff: Diffusion der Verantwortung
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|