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Stichprobenverfahren

Bei der Durchführung von empirischen Erhebungen im Rahmen der Marktforschung kann zwischen Voll- und Teilerhebungen unterschieden werden. Bei der Vollerhebung wird die Gesamtheit der relevanten Erhebungseinheiten (z.B. der gesamte Kundenkreis) untersucht, bei der Teilerhebung lediglich eine Auswahl davon. Vollerhebungen kommen in der Marktforschung nur selten in Betracht, da die Grandgesamtheiten meist zu groß sind.

Bei einer Teilerhebung wird nur eine Teilmenge der Grundgesamtheit erfasst. Auf Basis der hierüber abgeleiteten Aussagen wird eine Aussage über die Grundgesamtheit (Schätzverfahren) getroffen (vgl. Hammann/Erichson, 2000, Stichprobenverfahren 125f.). Ein solcher indirekter Schluss ist nur möglich, wenn die untersuchte Teilmenge repräsentativ ist, d.h. ein getreues Abbild der Grundgesamtheit darstellt (Repräsentanz).

Die Verfahren zur Auswahl der zu untersuchenden Teilmenge, der Stichprobe, werden in zufällige und nicht-zufällige Auswahlverfahren unterschieden.

Zufallsauswahlverfahren sind:

- die einfache Zufalkauswahl

Jedes Element der Grundgesamtheit hat grundsätzlich die gleiche Wahrscheinlichkeit, in die Auswahl zu gelangen (Random Sample) (z.B. eine zufällige ausgewählte Menge von 1000 Kunden eines Kaufhauses).

- die geschichtete Auswahl

Innerhalb zuvor festgelegter (disjunkter) Klassen wird eine zufällige Auswahl der Untersuchungsobjekte getroffen (z.B. je eine gleiche Auswahl zufällig ausgewählter weiblicher und männlicher Kunden).

- die Klumpenouswah!

Eine Grundgesamtheit wird in Gruppen (Klumpen) eingeteilt. Die Auswahl der Untersuchungsobjekte erfolgt nicht unter den Elementen der Grundgesamtheit, sondern unter den (disjunkten) Klumpen. In den ausgewählten Klumpen (z.B. Filialen) werden dann alle Elemente erfasst. Sie findet häufig in Form der Flächenstichproben (Area Sampling) Anwendung. Eine besondere Gefahr besteht in einer zu großen Homogenität der Gruppen im Vergleich zur Grundgesamtheit (Klumpeneffekt).

- die mehrstufige Auswahl

Die mehrstufige Auswahl ist dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Auswahlstufen bestehen. Sie kann z.B. folgende Struktur haben:

- Die Grundgesamtheit wird in Primäreinheiten in Form disjunkter Teilmengen zerlegt.

- Aus der Menge der Primäreinheiten erfolgt zunächst eine Zufallsauswahl.

- Aus jeder ausgewählten Primäreinheit erfolgt eine Zufallsauswahl von Unter-suchungseinheiten (Sekundäreinheiten).

Eine mehrstufige Auswahl ist dann vorteilhaft, wenn die Grundgesamtheit hierarchisch gegliedert ist. Die im Zusammenhang mit der Klumpenauswahl angesprochene Flächenstichprobe kann auch in Form einer mehrstufigen Auswahl durchgeführt werden.

- die sequentielle Auswahl

»Die sequentielle Auswahl (Sequential Sampling) ist dadurch gekennzeichnet, dass der Stichprobenumfang nicht vor Beginn des Auswahlprozesses festgelegt wird. Vielmehr wird zunächst eine kleine Stichprobe gezogen und analysiert. Es erfolgt dann eine Entscheidung, ob die vorliegende Information hinreichend ist, z.B. um eine Hypothese abzulehnen oder anzunehmen, oder ob mehr Information durch Ziehung einer weiteren Einheit beschafft werden soll. Dieser Entscheidungsprozess wird fortgesetzt, bis ein hinreichender Informationsstand erreicht ist« (Hammann/ Erichson, 2000, Stichprobenverfahren 148). Die sequentielle Vorgehensweise ermöglicht eine Minimierung des zur Erzielung einer bestimmten Genauigkeit erforderlichen Stichprobenum-fangs.

Nicht-zufällige Auswahlverfahren sind:

- die Quotenauswahl

Die Repräsentanz der Stichprobe wird dadurch zu gewährleisten versucht, dass die Verteilung bestimmter Merkmale in der Stichprobe und der Grundgesamtheit übereinstimmen. Z.B. können für die Zusammensetzung der Stichproben die gleichen Anteile von Männern und Frauen, wie sie in der Gesamtbevölkerung vorhanden sind, festgelegt werden.

- die Konzentrationsauswahl

Es wird eine bewusste Konzentration auf einen Teil der Grundgesamtheit vorgenommen, der als wesentlich oder typisch in Bezug auf den Erhebungsgegenstand angesehen wird (z.B. Beschränkung der Erhebung auf Großabnehmer).

- die Auswahl aufs Geratewohl

Es werden die Elemente einer Grundgesamtheit ausgewählt, die am einfachsten erreichbar sind (z.B. Befragung von Passanten einer Einkaufsstraße). Dieses Verfahren wird zwar häufig in der Praxis angewandt; eine derartige Auswahl führt jedoch l.d.R. nicht zu einem repräsentativen Ausschnitt einer Grundgesamtheit.

dienen dazu, mit Hilfe von Stichproben (Teilerhebung) Informationen über bestimmte charakteristische Eigenschaften statistischer Gesamtheiten zu beschaffen; die Vorteile gegenüber Vollerhebungen sind insb. Kostenersparnis und Zeitgewinn. Man unter- scheidet Zufallsstichproben (—Zufallsauswahl) und Stichproben, bei denen die Elemente nicht nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden (bewusste oder nicht-zufällige Auswahl). Durch Erhebung nur eines Teiles der zu untersuchenden Gesamtheit werden die getroffenen Aussagen mit Fehlern behaftet sein. Bei der Verwendung von Zufallsstichproben lassen sich mit Hilfe der mathematischen Statistik wahrscheinlichkeitstheoretisch fundierte Angaben über die Zuverlässigkeit der Ergebnisse machen. Stichproben liefern insb. das Datenmaterial für statistische Schätzverfahren und statistische Testverfahren. Die verschiedenen Arten von Stichprobenverfahren lassen sich anhand von Urnenmodellen beschreiben. Von einer uneingeschränkten Zufallsauswahl oder einer einfachen Zufallsstichprobe spricht man dann, wenn jedes Element der Grundgesamtheit die gleiche Wahrscheinlichkeit hat, in die Stichprobe zu gelangen. Zu unterscheiden sind dabei die heterograde und die homograde Stichprobenanalyse: Im ersten Fall geht es um die Bestimmung von Mittelwerten auf der Grundlage quantitativer (metrisch skalierter) Untersuchungsmerkmale (z. B. Monatseinkommen, Konsumausgaben), im zweiten Fall um die Ermittlung der Auftretenshäufigkeit qualitativer (nicht metrisch, skalierter) Untersuchungsmerkmale (z. B. Geschlecht oder Beruf). Im Gegensatz zur einfachen Zufallsstichprobe hängt die Auswahlwahrscheinlichkeit eines Elementes bei Stichprobenverfahren mit variierender Auswahlwahrscheinlichkeit (Probability-Proportional-to-Size-Sampling, PPS-Sampling) vom Wert eines Auswahlkriteriums (Merkmals) ab, das mit dem Untersuchungsmerkmal möglichst hoch korreliert sein sollte. Weitere wichtige Stichprobenverfahren sind das geschichtete Stichprobenverfahren und das Klumpenstichprobenverfahren. Bei beiden teilt man die zu untersuchende Grundgesamtheit in L Teilgesamtheiten (Schichten), die ihrerseits als Urnen interpretiert werden können. Beim geschichteten Stichprobenverfahren wird aus jeder Schicht (Urne) eine Zufallsstichprobe entnommen. Beim Klumpenstichprobenverfahren werden von den L Schichten nur 1 (1 < L) zufällig ausgewählt; diese werden dann aber voll erhoben. Dieses Verfahren führt u. U. zu erheblichen Effizienzverbesserungen (Schätzverfahren), birgt jedoch die Gefahr in sich, dass durch die Auswahl homogener Konglomerate Verzerrungen (sog. Klumpeneffekte) auftreten. Das geschichtete Stichprobenverfahren und das Klumpenstichprobenverfahren können auch als Sonderfälle des mehrstufigen Stichprobenverfahrens betrachtet werden; sie sind oft erheblich leistungsfähiger als die uneingeschränkte Zufallsauswahl. Bei den mehrstufigen Stichprobenverfahren erfolgen die Zufallsauswahlen auf zwei oder mehreren Erhebungsstufen. Soll etwa der Ernteertrag an Weizen in einem Land geschätzt werden, so wird man zunächst auf einer ersten Auswahlstufe aus sämtlichen Gemeinden (Primäreinheiten) eine Stichprobe ziehen. Auf der zweiten Auswahlstufe wird für jede ausgewählte Gemeinde eine Stichprobe landwirtschaftlicher Betriebe (Sekundäreinheiten) ausgewählt. Auf der dritten Auswahlstufe erfolgt dann die Auswahl bestimmter Felder (Tertiäreinheiten) und auf der vierten Auswahlstufe die Auswahl bestimmter Probestücke (Quartäreinheiten). Ausgehend vom Ernteertrag der Probestücke lässt sich der Ernteertrag für das ganze Land schätzen. Vorteil des mehrstufigen Stichprobenverfahrens gegenüber dem einstufigen Stichprobenverfahren ist bei gleichem Stichprobenumfang die grössere Effizienz (-Schätzfunktion). Im betriebswirtschaftlichen Bereich findet das mehrstufige Stichprobenverfahren etwa bei Inventurstichproben oder bei der Qualitätskontrolle von Massengütern (bulk sampling) Anwendung. Bei der sequentiellen Auswahl schliesslich wird der Stichprobenumfang nicht vorgegeben, sondern solange vergrössert, bis ein ausreichender Informationsstand erreicht ist (Sequentialtest); dieses Vorgehen ist häufig mit erheblichen Kosteneinsparungen verbunden.            Literatur: Cochran, W G., Stichprobenverfahren, Berlin, New York 1972. Stenger, H., Stichproben, Heidelberg, Wien 1986. Krug, W/Nourney, M., Wirtschafts- und Sozialstatistik: Gewinnung von Daten, 2. Aufl., München, Wien 1987.

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