Geschäftstreue, Markenwahl
Im Einkaufsverhalten privater Verbraucher können verschiedene Aspekte unterschieden werden. Mit dem Einkaufsstättenwahlverhalten ist der räumliche Aspekt angesprochen. Die Frage, wo die Einkäufe vorgenommen werden, kann zweifach beantwortet werden: a) Rein geographisch: An welchen Standorten liegen die Handelsbetriebe, die von einem Verbraucher bevorzugt werden (z.B. in der Nähe des Wohnortes oder der Arbeitsstätte, in einer Innenstadtlage, in einer Randlage, in einem Shopping- Center usw.), bzw. welche Entfernungen überbrückt der Verbraucher, um seine Einkäufe durchzuführen ? b) Welchen Geschäftstyp bevorzugt der Verbraucher? Dabei können Geschäftstypen nach zahlreichen Kriterien gebildet werden, wobei aber insb. die Einteilung nach sog. Betriebsformen (Betriebstypen) von Bedeutung ist. Beispiele für solche Betriebstypen sind das Fachgeschäft, der Fachmarkt, das SB-Warenhaus, der Discounter. Wird eine Abfolge von Einkäufen betrachtet, spricht man von der Einkaufsstättentreue. Eine geographische Kennzeichnung des Ein- kaufsstättenwahlverhaltens setzt zunächst voraus, dass die immense Anzahl von konkreten Standorten (jeder Handelsbetrieb verfügt ja über einen individuellen Standort) nach abstrakten Kriterien klassifiziert wird. Einige Klassifikationen seien im folgenden erwähnt: 1) Statistisches Bundesamt (Handels- und Gaststättenzählung)
1. In Gemeinden mit Vororten lfd.
1. 1 Inderinnenstadt Nr. - Hauptgeschäftslage - Nebengeschäftslage 1
1. 2 In einem Vorort 2 - Hauptgeschäftslage - Nebengeschäftslage 3
1. In Gemeinden ohne Vororte 4 - Hauptgeschäftslage - Nebengeschäftslage 5
1. Außerhalb geschlossener 6 Ortschaften 7 Für die insgesamt sieben Standortlagen wird für jeden Wirtschaftszweig ausgewiesen, wie groß die Anzahl der Ladengeschäfte ist, welcher Umsatz von ihnen erzielt wird, wie groß die Anzahl der Beschäftigten ist und über welche Verkaufs- und Parkfläche sie verfügen. 1) Immobilienbörsen und Makler: lfd. Nr. I a hervorragende Innenstadtlage 1 I b sehr gute Innenstadtlage 2 I c gute Innenstadtlage 3 II a sehr gute Vorortlage 4 I b gute Vorortlage 5 1) Sonstige Klassifikationen: a) HDE: City/Vorort/Randlage Kerngebiet/Randgebiet/außer- halb des Wohngebietes Hauptverkehrslage in der Innenstadt/Mittlere V erkehrs- lage in der Innenstadt/ Hauptverkehrslage der Vororte oder Außenbezirke (Untergliederung für Orte mit über 1000 Einw.) a) Ifo: Zwischenstädtisch/am Orts rand/Wohnviertel/ City/ Orte im Einzugsgebiet größerer Städte/Orte, die nicht im Einzugsgebiet größerer Städte liegen Hauptgeschäftslage/ Nebengeschäftslage/Streulage b) BAG: Hauptgeschäftszentrum/Innen stadt/Stadtteilzentren c) nach einer Klassifikation der Raumordnung: Kernstadt/Ergänzungsgebiet/ Verstädterte Zone/Randzone/ Satellitenzone/T rabantenzone/ N achbarstadtzone Insbesondere durch die Motorisierung breiter Bevölkerungsschichten, die steigenden Mieten in der City und die Parkplatznot in den Innenstadtbezirken bedingt, verlagerten sich die Einkäufe der Verbraucher von den traditionellen Standorten auf die sog. „grüne Wiese“. Tietz (1989) nennt für 1985 folgende Umsatzrelationen:
1. Primäres Ladeneinzelhandelsnetz in Innenstädten und Wohnsiedlungen, ergänzt um innenstadtorientierte Shopping-Center 340 Mrd. EUR
2. Sekundäres Ladennetz an autokunden- orientierten Standorten am Rande oder außerhalb von Siedlungsgebieten (v. a. Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser, Fachmärkte und Shopping-Center auf der grünen Wiese) 90 Mrd. EUR
3. Tertiäres Netz des Versandhandels und des Direktvertriebs 30 Mrd. EUR Schon durch das Aufkommen immer neuer Betriebstypen bedingt, verschieben sich fortlaufend die Marktanteile einzelner Geschäftstypen. Die einzelnen Geschäftstypen (Betriebstypen, Betriebsformen) werden dabei im Regelfall anhand ihrer Absatzpolitik unterschieden (Art der Preispolitik, Breite und Tiefe des Sortimentes und anderes). Einen groben Eindruck von dem Wettbewerb der verschiedenen Betriebstypen um Marktanteile vermittelt die in der Abbildung dargestellte Zusammenstellung, die sich zwar nicht an den klassischen Definitionen der verschiedenen Betriebsformen orientiert, jedoch deutlich macht, dass der nicht organisierte Einzelhandel, der in vielen Fällen kleinflächige Fachgeschäfte betreibt, an Marktanteil verliert. Mit der Wahl eines bestimmten Geschäftes entscheidet der Verbraucher gleichzeitig über den präferierten geographischen Standort und über die sonstigen Merkmale der Betriebsform. Er hat die zu den einzelnen Geschäften zu überbrückende Entfernung gegenüber anderen Unterschieden zwischen den Geschäften, etwa in der Preispolitik oder in der Auswahl, abzuwägen. Es ist Gegenstand der sog. Gravitationsmodelle, den Einfluß der Entfernung auf die Einkaufsstät- tenwahl zu thematisieren. Mithilfe des Familienlebenszykluskonzeptes wird herausgearbeitet, warum Verbraucher, die sich in unterschiedlichen Lebensphasen befinden, verschiedene Betriebstypen bevorzugen. Die Präferenz für bestimmte Betriebstypen wird in den käuferverhaltenstheoretischen Modellen, die sich mit der Einkaufsstättenwahl beschäftigen, v. a. aber mit dem Konstrukt “Geschäftsimage“ erklärt. Neuerdings wird auch versucht, die Austauschraten zwischen einzelnen Merkmalen (ein Mehr in einer Beziehung ist gegen ein Weniger in einer anderen Beziehung abzuwägen) mit Hilfe der Conjoint-Analyse zu ermitteln.
Literatur: Heinemann, M., Einkaufsstättenwahl und Firmentreue des Konsumenten. Wiesbaden 1976. Tietz, B., Warum die City und die grüne Wiese nicht ohne einander existieren können, in: Marketing-ZFP, 11. Jg. (1989), S. 77-85.
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