verhaltenstheoretischer Begriff aus dem Internationalen Marketing, der sich auf die Grundsatzentscheidung von Unternehmen, am Exportgeschäft (Export; Außenhandelsgeschäft) teilzunehmen, und insb. der dem Manager dabei zukommenden Rolle bezieht. In Kontrast zum Rationalitätsmodell, demzufolge Unternehmen durch die verstandesmäßige Nutzung ökonomischer Chancen ihre Ziele (Zielsystem) optimal zu erreichen suchen, unterstellt das Verhaltensmodell die Dominanz subjektiver Entscheidungsmuster, die nicht zwangsläufig der Gewinnmaximierung dienen. Vor dem Hintergrund z.B. einer persönlichkeitsbedingten Risikoaversion (Auslandsrisiken) und des beschränkten Zugangs zu Informationen (Auslandsmarktforschung) üben objektiv vorhandene Ertragschancen nicht, wie von dem rationalen Konzept vorhergesagt, einen unwiderstehlichen Anreiz zur Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit aus. Hierzu bedarf es zusätzlicher unternehmensinterner und -externer Faktoren, z. B. des vom Manager-Ziel-Ansatz beschriebenen Motivs, sicn durch ein Auslandsengagement persönlich Prestige und Spielraum zur Selbstentfaltung zu sichern. Anders als die nationalökonomisch geprägten Vorteilstheorien, die Internationalisie- rung als Konsequenz der Verfolgung einer Strategie der optimalen Ressourcenallokation begreifen, erkannte die sog. Uppsala- Schule die zentrale Funktion psychischer Faktoren. Mit dem Modell der Exportneigung (Export Propensity) haben Olson und Wiedersheim-Paul das bislang fundierteste Konzept entworfen. Ihren Überlegungen zufolge können die von der internen (z.B. Produktqualität [ Qualität], Expansionsziel) bzw. der externen Umwelt (z.B. Wettbewerbsdruck, Marktsättigung) ausstrahlenden Anreize nur in dem Maße wirken, wie die Entscheidungsträger sie wahrnehmen und als Stimuli zur Aufnahme einer Exporttätigkeit begreifen. Art und Richtung der Filterfunktion des Managements hängen von dem kognitiven Stil sowie dem Grad der Auslandsorientierung der Führungskräfte ab und gehorchen insgesamt dem Prinzip der selektiven Wahrnehmung. Dies erklärt auch, warum Unternehmen, die einander hinsichtlich einer Vielzahl objektiver Kriterien weitgehend gleichen, völlig unterschiedliche Strategien verfolgen können, je nachdem, ob ihre Führungskräfte national oder international geprägt sind (Wettbewerbsstrategie). Überdies finden sich in der Literatur zum Internationalen Marketing zahlreiche Hinweise darauf, dass nur dann, wenn man die Persönlichkeit der Entscheidungsträger in das Bemühen um den Abbau von Exporthemmnissen einbezieht (GATT), das gesamte Internationalisierungspotential aktiviert werden kann. Insbesondere im Falle von klein- und mittelständischen Unternehmen liegt der Schlüssel zum Verständnis des Exportverhaltens, das nur unzureichend in Abhängigkeit von der jeweiligen finanziellen und/oder technischen Kapazität beschrieben werden kann, „auf der menschlichen Seite“. Kernstück der verhaltenswissenschaftlich fundierten Exportforschung ist die Suche nach den Promotoren der Internationalisierung. Zahlreiche Untersuchungsbefunde sprechen dafür, dass das Interesse und die Aufgeschlossenheit des Top-Managements für ausländische Märkte eine notwendige Bedingung für die Aufnahme von Auslandsengagements darstellen. Das Commitment pro Export äußert sich z. B. in der expliziten Formulierung einer Auslandsstrategie, die denselben unternehmenspolitischen Stellenwert wie die Bearbeitung des Heimatmarktes genießt, der Bereitstellung angemessener personeller und finanzieller Ressourcen, der Institutionalisierung einer systematischen Auslandsmarktforschung sowie der Internationalisierung der Unternehmensphilosophie. Diese und weitere „weiche“ Merkmale (z.B. das exportbezogene Ausbildungsniveau der Führungskräfte) beeinflussen die internationale Marketing-Strategie (Inter- nationalisierungsstrategie) stärker noch als etwa spezifische Produktvorteile. Alle auf der Makroebene (z.B. staatliche Exportförderung) gesetzten Anreize und Impulse müßten wirkungslos verpuffen, solange es an der Exportbereitschaft und am Export- Commitment einflußreicher Manager mangelt (Mikroebene). Übereinstimmend ergaben verschiedene Studien, dass Exportunternehmen über ein leistungsfähigeres Management verfügen als Betriebe, die auf den Heimatmarkt fixiert sind. Letztere werden in ihrem Handlungsspielraum durch übermäßiges Sicherheitsstreben, ungenügende Zielstrebigkeit und defensives, innovationsfeindliches Geschäftsgebaren ihrer Führungskräfte beeinträchtigt. Zudem beurteilen sie die Risiken und Chancen von Auslandsgeschäften pessimistischer als ihre exporterfahrenen Kollegen. Versteht man unter den sog. Humanressourcen das gesamte geistige und körperliche Potential, so tragen neben notwendigen Spezialkenntnissen (z.B. Beherrschung der Landessprache) weiterhin v. a. die Flexibilität, Kreativität und Eigeninitiative der Mitarbeiter zum Exporterfolg bei. Weiterhin weist das Psychogramm von (mittelständischen) Exporteuren folgene Merkmale auf: Sie sind aggressiver, dynamischer, innovativer und besitzen mehr Selbstvertrauen als Nicht-Exporteure. Überdies messen exporterfahrene Manager dem Auslandsgeschäft einen größeren Stellenwert für die Zukunft ihres Ünter- nehmens bei als die Kontrastgruppe. Auch in der Export-Erfolgsfaktorenfor- schung spielen Verhaltensmerkmale eine dominante Rolle. Demnach erlauben folgende Indikatoren eine positive Prognose: · Vorgabe eindeutiger Ziele für das Exportgeschäft und eine positive Einstellung des Managements, · Vorhandensein einer formalen Organisationsstruktur der Exportabteilung, · dezentrale Entscheidungsfindung, · Vertrauen in die Tragfähigkeit persönlicher Kontakte mit ausländischen Personen und Einrichtungen. Unmittelbaren Niederschlag hat das Konstrukt der Exportbereitschaft in dem Konzept der Auslandsorientierung gefunden. Theoretischen Überlegungen und empirischen Analysen zufolge läßt sich dieses auf sechs Persönlichkeitsfaktoren zurückführen. Vier von ihnen, nämlich Akzeptanz des Exports als Unternehmensstrategie, psychische Nähe zu ausländischen Märkten, internationale Mobilität und individuelle Flexibilität, haben sich als Prädiktoren von Exporterfolg bewährt. Darauf aufbauend wurde ein standardisierter Test der Auslandsorientierung (TAO) entwickelt, mit dessen Hilfe sich feststellen läßt, ob die individuellen Stärken eines Managers eher im Inlands- oder eher im Exportgeschäft liegen. Die Auslandsorientierung der Entscheidungsträger verkörpert jedoch nur eine notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung des internationalen Durchsetzungsvermögens; denn es gelang auch jenen Unternehmen, ihren Exportumsatz überproportional zu steigern, die über viele Beschäftigte verfügen, ihren Forderungsbestand gering halten konnten, einen ausgedehnten Fertigwarenbestand an Exportgütern unterhielten und im Exportbereich eine überdurchschnittliche Rendite erzielten. Literatur; Müller, S., Die Psyche des Managers als Determinante des Exporterfolges. Eine kulturvergleichende Studie zur Auslandsorientierung von Managern aus sechs Ländern, Stuttgart 1990.
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