Veränderungen eines etablierten Programms in seinem Kern, seiner Breite und Tiefe und in der Anzahl der Varianten (Programmpolitik). Die Notwendigkeit solcher Variationen resultiert aus Dynamiken und deren Wirkungen und läßt sich in Wachstumsmodellen darstellen. Im Rahmen der Programmpolitik vollziehen sich als Entwicklungsphänomene Diffusionsprozesse der Nachfrage, Erfahrungskurven der Kosten, Wettbewerbsentwicklungen in Abhängigkeit von der Strategie des Pioniers (Wettbewerbsstrategien) und daraus resultierend Lebenszyklen der Produkte. Sie verändern die Stellung der einzelnen Produkte und die Stellung des ganzen Programms laufend. Nicht nur ein spezielles Getriebe hat seinen Lebenszyklus, vielmehr die gesamte mechanische Steuerungstechnik hat ihn, weil nicht nur Produkte dem Lebenszyklus unterliegen, sondern auch Technologien, ja sogar Wissenschaften in ihrer Bedeutung für den ökonomischen Fortschritt, ja sogar Sektoren der Wirtschaft in einem sehr langen Zeitrahmen. Das bedeutet, dass sowohl Produkte als auch Programme sterben, weil sie nicht mehr variierbar sind, sondern obsolet werden. Mit ihnen sterben Unternehmen, ja ganze Branchen (Technologie-Management). Will man diesen Untergang verhindern, kommt es auf permanente Innovation jeden Grades an (Innovationsmanagement). Im Modell der Produktlebenszyklen geht es darum, die Lebenszyklen so hintereinander zu schalten und überlappen zu lassen, dass daraus insgesamt ein kontinuierliches Wachstum des Unternehmens resultiert. Dies ist entscheidend eine Frage der Geschwindigkeit dieses Prozesses, wie in Modellen des einzelwirtschaftlichen Wachstums gezeigt. Die aus der Notwendigkeit resultierenden wichtigsten Entscheidungen sind solche hinsichtlich der strategischen Neuausrichtung von Programmen und der strategischen Anpassung der Programme über Restrukturierung und Megamarketing. Damit ein Unternehmen nicht in die Gefahr der strategischen Unterlegenheit in der überschaubaren Zukunft gerät, ist es oft nötig, die Ausrichtung des Programms neu zu gestalten, z.B. von einer Technikorientierung zu einer Marktorientierung zu kommen. So kann ein Unternehmen, das sich als ethisches chemotherapeutisches Pharmaunternehmen begreift, von seinem Selbstverständnis und seiner Unternehmenskultur her sich einer Reihe von Tätigkeiten kaum zuwenden, die für ein anderes Unternehmen kein Problem darstellen. Die Ethik der Ärzte verhindert Produkte der Selbstmedikation, die Chemiker können sich biologische Lösungen der Gentechnik schlecht vorstellen; beide sind Therapeuten und haben kein Verhältnis zur Diagnose und erst recht nicht zur Prophylaxe. Ein Unternehmen, das sich dagegen als Gesundheitsunternehmen begreift, kann sich allen Entwicklungen der Medizin anpassen, aus seiner Kompetenz heraus z. B. Patienten- trainingsprogramme entwickeln und mit Herstellern anderer Technologien, wie der Informations- und Kommunikationstechnologie, Zusammenarbeiten, um entsprechende integrierte Diagnose-, Prophylaxe-, Therapiekonzepte zu entwickeln, und so auch absehbar überlebensfähig bleiben, weil für Gesundheit immer Sorge zu tragen sein wird. Sieht man das Unternehmen als Träger des Programms, so kann man Marketing auf einer höheren Ebene betreiben (“Megamarketing“). Nicht Produkte sind dann Gegenstand des Marketing, sondern ganze Unternehmen und damit Programme, als Ganzes oder in einer bestimmte Weise neu und anders zugeschnitten. Diese neue Art von Geschäft der großen Investmentbanks und Broker betrifft nicht nur die finanziellen Aspekte der Variation von Wertpapierporte- feuilles, sondern auch und gerade die Basis von Produkt- und Regionenportfolioentscheidungen, die es den Unternehmen nahe legen, auf ganze Programmbereiche zu verzichten. Ein Handel mit solchen Unternehmen und Programmen ist nur möglich, wenn es auch Käufer dafür gibt. Offenbar gibt es diese, sonst fänden die umfangreichen und großvolumigen Transaktionen nicht statt. Wenn man davon ausgeht, dass Verkäufe auf Grund von Portfolioanalysen durchgeführt werden, müssen die Käufer von ungenügender Information oder falschen Zielen, wie etwa Programmergänzungen, ausgegangen sein, ohne die Erfahrungskurvenposition beachtet zu haben. Sonst könnte nicht von zwei großen Beratungsunternehmen eine etwa gleichlautende Mißerfolgsanalyse von Firmenkäufen vorliegen. Danach waren von 100 Akquisitionen 80 nicht erfolgreich. Das muss auch so sein, da man Stars und Cash Cows selten verkauft. Die Erfahrungskurventheorie legt den Satz nahe: „Dummheit kauft, Intelligenz investiert oder mäkelt“.
Literatur: Albach, H., Zur Theorie des wachsenden Unternehmens, in: Krelle,W., (Hrsg.) Theorie des einzelwirtschaftlichen und des gesamtwirtschaftlichen Wachstums, Berlin 1965, S. 9-97. Wittek, B.F., Strategische Unternehmensführung bei Diversifikation, Berlin, New York 1980.
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