Das betriebliche Geschehen in einem Industriebetrieb wird durch bestimmte Führungs und Organisationsformen geregelt, die, aufbauend auf den Grundlagen der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Organisationstheorie, durch die besonderen Anforderungen von Industriebetrieben geprägt sind. Der Begriff der Organisation umfaßt dabei die Gesamtheit aller Regelungen, die zur Gestaltung des Betriebsaufbaus (Aufbauorganisation) im Sinne einer geordneten Zergliederung des Betriebs in aufgabenbezogene Organisationseinheiten (Stelle, Stab, Abteilung) sowie zur raumzeitlichen Strukturierung der Arbeitsabläufe (Ablauforganisation) erforderlich sind. Im Gegensatz dazu bezeichnet Führung das direkte Einwirken auf die Handlungsweisen von Organisationsteilnehmern, um diese zu einem Unternehmenszielorientierten Verhalten zu bewegen. Dabei müssen die verschiedenen mögÜchen Führungsformen über ausreichende, durch eine entsprechende Organisationsform zur Verfügung gestellte Legitimationsgrundlagen verfügen. Bei der Auswahl einer für Industriebetriebe geeigneten Organisationstorm kommen als mögliche Alternativen die von der Organisationstheorie entwickelten typischen Organisa1 ßsformen in Frage; sie werden begleitet von organisatorischen Lenkungsmaßnahmen wie Dezentralisierung Bildung von ProfitCenterEinheiten, Vorgabe von Plandaten im Rahmen einer umfassenden Budgetiejng und Vereinbarung innerbetrieblicher Verrechnungspreise. Kennzeichnend für Industriebetriebe ist die Planung und Durchführung von Produktionsprozessen bei einem hohen Grad an Arbeitsteilung. Die Organisation komplexer Fertigungsprozesse mit einer Vielzahl von Mitarbeitern und die Abstimmung dieser Prozesse mit den Bereichen Beschaffung und Absatz erfordern eine festgefügte und stabile Organisationsstruktur. Andererseits benötigen Industriebetriebe ein hohes Maß an Innovationsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit, um schnell auf Nachfrageverschiebungen reagieren und Marktchancen rechtzeitig erkennen zu können. Der Art gegensätzliche Anforderungen können nur noch bei Einproduktbetrieben oder zumindest stark homogenem Produktsortiment durch relativ einfache Organisationsstrukturen, wie einer rein funktional orientierten Organisation, erfüllt werden. Bei einer Vielzahl von Produktarten werden Marktverhältnisse und Fertigungsstrukturen für einzelne zentrale Stellen jedoch nicht mehr überschaubar, so daß ein Industriebetrieb in möglichst isolierte Subsysteme gegliedert werden muß. Dem kommt die Bildung eigenverantwortlicher produkt oder produktgruppenorientierter Unternehmenssparten entgegen, die als selbständig abrechnende ProfitCenter geführt oder durch detaillierte Budgetdaten (Budgetierung im Industriebetrieb) koordiniert werden. Da aber Spartenorganisationen innerhalb der einzelnen Produktgruppen zu einer relativen Starrheit neigen, ist für Industriebetriebe mit einer sich schnell entwickelnden Technologie eine Form der Matrixorganisation besser geeignet; dann kann beispielsweiFungibilität se eine zentrale Stelle für Forschung und Entwicklung geschaffen werden, die alle Produktgruppen überlagert und gegenüber allen Sparten Weisungsbefugnis besitzt, so daß die erforderliche Innovationsbereitschaft nicht nur innerhalb, sondern auch über mehrere Sparten hinweg gewährleistet ist und neue Fertigungstechnologien rechtzeitig Anwendung finden können. Eine zentrale Vertriebsstelle könnte auf spartenübergreifende Veränderungen der Nachfragestruktur aufmerksam machen und gemeinsam mit einer übergeordneten Fertigungsstelle eine umfassende Umstellung des Produktionsprogramms veranlassen. Die Art und Weise wie Weisungen, basierend auf der einmal vereinbarten Organisationsstruktur, von einer zur nächstfolgenden Hierarchieebene weitergegeben werden, um bei allen Organisationsteilnehmern ein Unternehmenszielorientiertes Verhalten zu erreichen, hängt von der gewählten Führungsform ab. Neben den beiden extremen Führungsformen des autokratischen, unumschränkt herrschenden Unternehmers auf der einen und des den Untergebenen völlige Verhaltensfreiheit ermöglichenden LaissezfaireStils auf der anderen Seite, existiert eine Vielzahl möglicher zwischenformen (patriarchalischer, autoritärer, bürokratischer, liberaler, demokratischer Führungsstil), die sich durch spezifische Prozesse der Willensbildung und Willensdurchsetzung voneinander unterscheiden (Führungsstil). Die Auswahl einer situationsadäquaten Führungsform hängt von der entsprechenden Hierarchieebene sowie dem zu führenden Funktionsbereich ab. Während bei stark repetitiven Aufgaben im Ferti gungsbereich eines Industriebetriebs formalisierte, bürokratische, ggf. auch autoritäre Führungsformen an gemessen erscheinen, tendieren inno vative Funktionsbereiche wie Forschungs und Planungsabteilungen oder kreativ arbeitende Stäbe zu einem kooperativen, auf den Austausch von Sachargumenten gestützten Füh rungsstil.
Vorhergehender Fachbegriff: Führung/Leitung | Nächster Fachbegriff: Führungs-Informationssysteme (FIS)
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|