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Gebietszuweisung

Wichtig für die Organisation des Außendienstes ist eine eindeutige Zuordnung der Außendienstmitarbeiter zu »Gebieten«; darunter sind eindeutig abgrenzbare Gruppen von Kunden und Interessenten zu verstehen. Als Abgrenzungskriterium kommen geografische Gebiete, Produktgruppen und Branchen infrage sowie Kombinationen dieser drei Kriterien. Eine eindeutige Zuordnung durch eine »Gebietszuweisung« ist im Direktvertrieb deswegen erforderlich, weil die Kunden nicht in ein Ladengeschäft kommen, sondern von den Außendienstmitarbeitern aktiv betreut werden müssen. Nur durch eine Gebietszuweisung kann sichergestellt werden, dass für jeden Kunden und Interessenten eine eindeutige Verantwortung besteht und nicht mehrere Außendienstmitarbeiter des gleichen Anbieters die gleichen Produkte bei einem attraktiven Kunden anbieten, während ein vermeintlich unattraktiver Kunde von keinem Außendienstmitarbeiter betreut wird. Eine eindeutige Zuordnung von Kunden und Außendienstmitarbeitern ist auch deshalb notwendig, um ergebnisorientierte Zahlungen wie Provisionen etc. korrekt ermitteln zu können. Die in den meisten Fällen nächstliegende Organisationsform ist die Bildung von geografischen Gebieten, also z.B. Bundesländern, Postleitzahlbereichen oder anderen Abgrenzungen. Eine derartige Organisationsform hat folgende Vorteile: a) Kurze Wege: Bei einer konstanten Zahl der Außendienstmitarbeiter (im Vergleich zu den anderen Alternativen) ergeben sich relativ kleine geografische Gebiete, sodass geringere Reisekosten und -zeiten aufzuwenden sind. b) Klare Zuständigkeiten:
Auch für die Kunden und Interessenten ist nachvollziehbar, wer der für sie verantwortliche Mitarbeiter ist.
c) »One face to the customer«: Wegen der kurzen Wege und der klaren Zuständigkeiten kann sich der Außendienstmitarbeiter als der Vertreter seines Unternehmens präsentieren, er kann seine Marketingaktivitäten an spezielle regionale Besonderheiten anpassen und auch vielfältige lokale Kontakte zu den Kundenmitarbeitern knüpfen (Vereine, Kammern etc.).
d) Dadurch kann eine enge Beziehung zwischen Kunden und Verkäufer entstehen. e) Mitarbeiter gut austauschbar: Obwohl es generell nicht günstig ist, bestehende Kundenbeziehungen durch einen personellen Wechsel aufzugeben, sind Mitarbeiter in geografischen Gebieten besser austauschbar, weil sie fachlich eine sehr ähnliche »Allround-Qualifikation« entwickeln müssen. f) Risikoausgleich der Verkäufer über Branchen: Da in einem geografischen Gebiet meist viele verschiedene Branchen vertreten sind, ist das Risiko einer negativen Entwicklung einzelner Branchen eher begrenzt. g) Geringer Aufwand an Führungskräften: Wegen der Gleichartigkeit der Mitarbeiter und der kurzen Wege ist eine große Kontrollspanne möglich. h) Neukunden-Akquisition relativ einfach: Durch vielfältige Kontakte der Außendienstmitarbeiter in ihrem Gebiet und durch Kontakte von Kunden zu bisherigen Nichtkunden können potenzielle Neukunden relativ leicht identifiziert und akquiriert werden. Nachteile: a) Keine Spezialisierung der Verkäufer auf einzelne Produkte: Da die Verkäufer das gesamte Produktangebot vertreten, werden sie nur bei wenigen Produktbereichen ein besonders tiefes Fachwissen aufbauen können; auf technologisch orientierten Märkten besteht das Risiko, dass derartige Verkäufer vom Kunden nicht akzeptiert werden. Das fallweise Einschalten von Produktspezialisten kann das Problem mildern, verursacht aber einen entsprechenden Kosten-, Personal- und Managementaufwand. b) Keine Spezialisierung der Verkäufer auf einzelne Branchen: Ähnliches gilt für die Branchenkenntnis der Verkäufer. Branchen unterscheiden sich nicht nur in der Nachfrage nach unterschiedlichen Produkten und Lösungen; vielfach sind auch Vertragsbedingungen und andere Usancen sehr unterschiedlich, sodass es für branchenfremde Außendienstmitarbeiter sehr schwierig ist, von den Kunden akzeptiert zu werden. c) Hoher Ausbildungsaufwand: Da der gebietsorientierte Verkäufer die gesamte Produktpalette vertreten muss, sind permanent alle Verkäufer über alle Produkte fortzubilden. d) Die Produktsteuerung ist schwierig: Das Vertriebsmanagement hat wenig Möglichkeiten, den Verkauf bestimmter Produkte zu forcieren, da die Verkäufer auf »bequeme« Produkte ausweichen können; sollen dennoch bestimmte Produktvorgaben gemacht werden, so kann ein sehr kompliziertes Vorgabensystem entstehen. e) Risiko für Verkäufer durch wirtschaftliche Entwicklung im Gebiet: Zwar hängt der Verkäufer nicht von der Entwicklung einzelner Branchen oder Produktsegmente ab, er hat aber keine Chance, Fehlentwicklungen in strukturschwachen Gebieten zu kompensieren. Daneben wird häufig mit einer branchen- bzw. kundenorientierten Gebietszuweisung gearbeitet, dabei bestehen die Gebiete aus eindeutig abgrenzbaren Branchen oder Subbranchen (z.B. Banken, Speditionen, Universitäten etc.). Bei Konstanz der Mitarbeiterzahl gilt zunächst ebenfalls wie bei der Produktorganisation, dass das geografische Gebiet notwendigerweise größer wird, es sei denn, dass die Branchen geografisch extrem konzentriert sind, wie z.B. Banken in Frankfurt/Main. Die Branchenorientierung hat einige Vorteile, die sich wenig von der geografischen Organisation unterscheiden: Klare Zuständigkeiten und »One face to the customer«. Ob es gelingt, eine sehr enge Beziehung zwischen Kunden und Verkäufer zu erreichen, hängt von der geografischen Fragmentierung der Branche ab. Daneben treten einige spezielle Vorteile der Branchenorganisation: a) Anpassung der Marketingaktivitäten an spezielle branchenbezogene Besonderheiten. b) Hoher Branchen-skill möglich. c) Hohe Akzeptanz beim Kunden; dies gilt insbesondere, wenn der Verkäufer ursprünglich aus der Branche kommt. d) Frühes Erkennen von Veränderungen der Bedarfsentwicklung einzelner Branchen. Die Gegenargumente entsprechen zum Teil ebenfalls der Situation bei der geografischen Gebietsverteilung: a) Lange Wege. b) Keine Spezialisierung der Verkäufer auf einzelne Produkte; dieser Punkt wird allerdings dadurch gemildert, dass in vielen Branchen nicht das gesamte Produktspektrum des Anbieters nachgefragt wird. So wird bei einem Anbieter von Informationstechnik ein Bankenbetreuer keinen CAD-Skill benötigen, während ein Betreuer von Maschinenbauunternehmen keine Kenntnisse über Bankenterminals und Geldautomaten haben muss. c) Hinzu kommt ein spezielles Problem der Branchenorganisation: Da der gleiche Verkäufer Kunden betreut, die im Wettbewerb miteinander stehen, kann es bei der Diskussion innovativer Projekte, die dem Kunden eindeutige Wettbewerbsvorteile verschaffen, zu Vertrauensproblemen der Kunden kommen. Die Abhängigkeit der Verkäufer von der Branchenkonjunktur ist sehr stark ausgeprägt. a) Der Verkäufer ist nur innerhalb der Branche einsetzbar. b) Es besteht, gerade bei hoch qualifizierten Kräften, eine besondere Abwerbungsgefahr der Verkäufer durch Kunden. Die Branchenorientierung ist zu empfehlen, wenn der Bedarf der Branchen sehr unterschiedlich ist oder wenn das Gebiet wenige, aber große Kunden enthält. Wenn die Produkte eines Anbieters sehr unterschiedlich oder sehr komplex sind, bietet sich die produktorientierte Gebietszuweisung an. Dabei ist ein Verkäufer nur für ein Produkt oder eine Produktgruppe des Anbieters verantwortlich. Geht Management von einer im Vergleich zu anderen Organisationsalternativen konstanten Zahl von Außendienstmitarbeitern aus, folgt daraus, dass die geografischen Gebiete dieser Verkäufer wesentlich größer werden müssen, da zur Abdeckung des gesamten Produktspektrums mehrere Mitarbeiter parallel bei den gleichen Kunden eingesetzt werden müssen. Diese Form der Gebietsweisung hat einige bedeutende Vorteile: a) Hoher Produktskill möglich, weil nur wenige Produkte beherrscht werden müssen. b) Deswegen insgesamt geringer Ausbildungsaufwand. c) Höhere Motivation des Verkäufers: Er fühlt sich als Experte, da er vermutlich fachlich kompetenter ist als die meisten Kundenmitarbeiter. d) Die Produktsteuerung ist einfach: Der Mitarbeiter erhält konkrete Vorgaben für »seine« Produkte und kann nicht auf »bequeme« Produkte ausweichen; dadurch sind schnelle und gezielte Maßnahmen für einzelne Produkte möglich. Gegen die Produktorientierung sprechen vor allem einige der Punkte, die für die geografische Organisation sprechen: a) Lange und doppelte Wege wegen des großen und mehrfach belegten Gebietes. b) Interne Konkurrenz: Da mehrere Verkäufer mit verschiedenen Produktgruppen bei demselben Kunden akquirieren, kann eine interne Konkurrenz entstehen, vor allem dann, wenn Lösungen für die Kunden sowohl mit der einen als auch mit der anderen Produktgruppe möglich sind. Neben der daraus resultierenden Doppelarbeit kann eine Verunsicherung des Kunden eintreten, die der Entwicklung der Geschäftsbeziehung nicht förderlich ist. c) Keine enge Beziehung zwischen Kunden und Verkäufer: Mehrere Verkäufer des gleichen Anbieters, die für verschiedene Produktgruppen zuständig sind und die zudem noch ein großes geografisches Gebiet zu betreuen haben, können keine besonders engen Beziehungen zu den Mitgliedern des Buying Centers entwickeln. d) Nicht immer klare Zuständigkeiten: Vor allem, wenn Schnittstellenprobleme zwischen verschiedenen Produkten des gleichen Anbieters auftreten, können sich für den Anbieter sehr negative Effekte ergeben, wenn aufgrund der Betreuungsform keine schnellen Lösungen entwickelt werden können. e) Keine Spezialisierung der Verkäufer auf einzelne Branchen (wie bei der geografischen Organisation). f) Abhängigkeit des Verkäufers vom Produktlebenszyklus »seiner« Produkte: Hat der Verkäufer Produkte, die am Ende des Lebenszyklus stehen, so hat er nur geringe Chancen, ein akzeptables Ergebnis zu erreichen, es sei denn, es ist rechtzeitig ein Nachfolgeprodukt verfügbar, für dessen Vertrieb seine Qualifikation ausreicht: So hatte Anfang der Achtzigerjahre IBM große Schwierigkeiten, die zahlreichen Schreibmaschinenverkäufer nach Auslaufen dieser Prod uktgruppe auf die nachfolgenden Personal Computer umzuschulen, da vielfach die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter für die Betreuung der vergleichsweise komplexen PCs nicht ausreichte. g) Mitarbeiter schwer austauschbar: Wegen der engen Produktspezialisierung sind die Mitarbeiter nur innerhalb der Produktorganisation austauschbar, ein Austausch in dieser Organisation führt regelmäßig zu großen geografischen Veränderungen für den Mitarbeiter (Versetzungen oder lange Reisewege mit entsprechenden Kosten). h) Neukundenakquisition schwierig: Da jeder einzelne Produktspezialist nur Teile der gesamten Produktpalette anbieten kann, können Neukunden, die Produkte aus mehreren Gruppen benötigen, nur schwer akquiriert werden. Die Produktorganisation ist daher zu empfehlen, wenn die Produktpalette aus sehr unterschiedlichen Produktgruppen besteht, die Produkte einen so hohen Beratungsskill erfordern, dass jede andere Organisationsform ausscheidet, die Produkte wenig branchenspezifisch sind oder wenn die Kundenabteilungen ebenfalls nach Produkten organisiert sind.

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