Der Internationalisierungsgrad drückt das Ausmaß der wirtschaftlichen Verbundenheit eines Unternehmens, einer Branche oder einer ganzen Volkswirtschaft mit dem Ausland aus. Das Ausmaß der internationalen Tätigkeit von Unternehmen oder Volkswirtschaften kann durch Nominalgrößen wie Exportvolumen erfasst werden.
Gegenüber dieser nominalen Betrachtung erfasst der Internationalisierungsgrad die Auslandsaktivitäten als Relation zu den das Inland betreffenden Aktivitäten. Als Grundlage einer Messung des Intemationa-lisierungsgrades können verschiedene Merkmale, z.B. die Anzahl von Tochtergesellschaften, das Vermögen oder der Umsatz herangezogen werden. Für jedes dieser Merkmale lässt sich eine Auslandsquote als Verhällniszahl ermitteln, z.B.:
Auslandsanteil am Umsatz = Auslandsumsatz ./. Gesamtumsatz.
Durch die grafische Veranschaulichung verschiedener derartiger Auslandsquoten entsteht ein Internationalisierungsprofil (vgl. Kutschker, 1999, S. 1071.).
Verbreitet sind auch andere Kennzahlen zur Charakterisierung des Internationa-lisierungsgrades. Eine Kennzahl, welche die Konkurrenzsituation berücksichtigt, ist die relative Marktanteilsstärke im Auslandsgeschäft (Quotient der Marktanteile im Auslandsgeschäft und der Marktanteile im Inlandsgeschäft). Zur Berücksichtigung der Dynamik der Internationalisierung wurde eine Reihe von Kennzahlen entwickelt, die zum Teil Rückschlüsse auf die In-teniationalisierungsmotive und die Inter-nationalisierungsstrategien ermöglichen (vgl. Schmidt, 1989b, Sp. 970ff.).
Die Analyse des Internationalisierungs-grades bezweckt
- die Vergleichbarkeit unterschiedlich großer Wirtschaftseinheiten, z.B. Unternehmen oder
- die Erkennung von Wechselwirkungen zwischen Aktivitäten im Inland und im Ausland, um auf dieser Basis entsprechende Aktivitäten im Interesse der unternehmerischen Ziele zu entfalten.
lnternationalisierungsmotive
Die Motive der Internationalisierung umfassen Beweggründe der Unternehmen zur wirtschaftlichen Tätigkeit über die Grenzen ihres Stammlandes hinaus.
Im Zuge der zunehmenden Globalisierung des Wettbewerbs kann der Absatz nicht mehr als ausschließliches Motiv einer Internationalisierung angesehen werden. Vielmehr sind als Internationalisierungsmotive u.a. zu nennen (vgl. Meffert/Bolz, 1998, S. 97t; Dülfer, 1997, S. 108t):
- Sicherung der Krisenfestigkeit des Unternehmens durch Risikostreuung über zusätzliche Märkte oder Kundengruppen
- Ausnutzung von Fertigungskapazitäten durch Erschließung neuer Märkte
- Erzielung von Kostenvorteilen (Niedriglöhne, Materialkosten) und Nutzung staatlicher Förderungsmaßnahmen (Subventionen, Kredite, Steuererleichterung) durch Auslandsproduktion
- Folgen des Hauptabnehmers ins Ausland, was insbesondere für Zulieferer (Erstausrüstungsgeschäft) und Dienstleister gilt
- Verschaffung des Zutritts zu bestimmten Technologien (Technologietransfer)
- Sicherung des unbeeinträchtigten Marktzugangs im Hinblick auf erwartete zukünftige wirtschaftspolitische Maßnahmen im Absatzland oder in Drittländern
- Teilnahme am dynamischen Wachstum von Auslandsmärkten
- Veränderung von Währungsrelationen.
Die vielfältigen Motive führen zti unterschiedlichen Mernationalisierungsslra-tegien; zugleich resultieren hieraus auch unterschiedliche Infernationalisierungs-grade. Sie werden auch durch situative Merkmale der Unternehmen (z.B. Rechtsform, Kapitalstruktur und -ausstattung, Eigentumsverhältnisse , Branchenzugehörigkeit) und situative Gegebenheiten der Zielländer (z.B. Konkurrenzdruck, protektio-nistische Maßnahmen, politische Situation) bestimmt.
Anteil der internationalen Geschäftstätigkeit an den Gesamtaktivitäten (nationalen und internationalen Aktivitäten) einer internationalen Unternehmung. Er wird häufig anhand der sog. Auslandsquote oder des Internationalisierungsindexes bestimmt. Siehe auch Globalisierung.
(in %)
Der Internationalisierungsgrad gibt an, wie viel Prozent des Umsatzes ein Unternehmen mit unternehmenseigenen Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Ausland erwirtschaftet.
Beispiel
Ein Großhandelsunternehmen erwirtschaftet insgesamt 5,55 Mio. €. Umsatz. Davon setzt es 2,73 Mio. € durch Auslandsniederlassungen um. Der Internationalisierungsgrad beträgt damit 49,2 %.
Quelle
Der Umsatz lässt sich der Finanzbuchhaltung (Summen- und Saldenliste) der einzelnen Ländergesellschaften entnehmen.
Interpretation
Beim Internationalisierungsgrad handelt es sich um eine einfach zu ermittelnde Kennzahl, die insbesondere im Vergleich zu Wettbewerbern und im Zeitablauf Aussagen über den Erfolg einer internationalen Geschäftstätigkeit zulässt. Für einen hohen Internationalisierungsgrad sprechen:
· Öffnen eines Absatzventils, da der heimische Markt gesättigt ist
· Partizipation an Wachstumsmärkten
· Erschließen von Preisspielräumen
· Realisierung von Kostenvorteilen (u. a. durch Erzielung von Erfahrungskurveneffekten)
· Risikostreuung
Häufig verzeichnen (Handels-)Unternehmen aus kleinen Ländern einen höheren Internationalisierungsgrad als (Handels-)Unternehmen aus größeren Ländern.
Maßnahmen zur Beeinflussung
Im Zuge eines erfolgreichen „Going-International“ gilt es folgende Entscheidungstatbestände zu optimieren an:
· Marktauswahl: Welcher Markt bzw. welche Märkte sollen bearbeitet werden?
· Marktbearbeitung: Mit welcher Strategie soll auf den Märkten agiert werden?
· Timing: Wann soll in einen ausländischen Markt eingetreten werden, und wie soll bei mehreren Märkten die länderspezifische Abfolge der Eintritte vonstatten gehen?
· Markteintritt: Mit welcher Organisationsform soll in den ausländischen Markt eingetreten werden?
Grenzen
Indirekte Exporte, bei denen Produkte über den inländischen Großhandel an ausländische Kunden abgesetzt werden, sowie Umsätze mit Ausländern, die im Inland erzielt werden, bleiben außer Betracht.
Vorhergehender Fachbegriff: Internationalisierung | Nächster Fachbegriff: Internationalisierungsindex
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|