Zusammenwachsen von Computer-, Telekommunikations- und Videotechnologien zu Kommunikationstechnologien.
PC-gesteuerte Einbindung von Bewegtbild, Ton, Text, Daten, Grafik und Festbild zur Animation, Interaktion und Präsentation im Rahmen des Marketing. Hier sind erhebliche Ausweitungen für die Zukunft zu unterstellen.
Mensch/Maschine-Kommunikation
Multi-Media meint den kombinierten Einsatz verschiedener, oft neuer Medien durch Zusammenführen verschiedener Technikbereiche - der Rechnerwelt (speziell der PC-Welt), der Konsumelektronik und der Telekommunikation (Silberer, 1995, S. 4).
Das Neue an Multi-Media im Vergleich zur bisherigen Mediennutzung ist die Rechnerintegration und Rechnerunterstützung. Der Computereinsatz beschränkt sich dabei aber nicht auf das einfache Zusammenschalten von Text, Bild und Ton, sondern ermöglicht insbesondere den gezielten, selektiven und zeitunabhängigen Zugriff auf entsprechende Informationen sowie deren digitale Verarbeitung und Weitergabe (vgl. Hünerberg/Heise, 1995, S. 8). Zur Entfaltung des vollen Nutzens bedarf Multi-Media des Dialogs mit dem Nutzer. In diesem Sinn kann der Nutzer »... als integraler Bestandteil des Multi-Media-Systems angesehen werden« (Silberer, 1995, S. 4).
Multi-Media-Systeme unterscheiden sich in Entwicklungssysteme und Anwendungssysteme. Multi-Mediale -Anwendungssysteme sind Hard- und Software-Konfigurationen, die beispielsweise im Marketing konkret zum Einsatz kommen, so als Informationsterminal auf Messen oder als PoS-Terminal im Handel.
Anwendungssysteme unterscheiden sich im Wesentlichen hinsichtlich der Medien, die auf der Input- und Outputseite eingesetzt werden, des Informationsangebotes und der Dialog- bzw. Interaktionsmöglichkeiten des Nutzers. Erste Anwendungen bezogen sich vor allem auf den Point-of-Sale bzw. Point-of-Purchase, so dass hierzu eingehende Analysen vorliegen (vgl. Swoboda, 1996a und 2000d, S. 421ff.) Als Beispiel sei hier eines der ersten Multi-Media-Systeme, das Video-Dialog-System der Volkswagen AG (VIDIS) angeführt. Die Volkswagen AG hatte VIDIS am PoS installiert, weil die angebotenen Automobil-Typen sowie deren Ausstattungsvarianten immer zahlreicher und erklärungsbedürftiger wurden. VIDIS bzw. das Nachfolgesystem erlaubt den Autohändlern, sich einen schnellen Überblick über die breite Angebotspalette zu verschaffen und mit visuellen Medien (Videos, Übersichten) Kundengespräche zu unterstützen. Änderungen von technischen Daten und Verkaufskonditionen werden durch einen (Telefon-)Anschluss mit dem Leitrechner über die Outputkomponenten des Systems unmittelbar möglich. Außerhalb der Öffnungszeiten steht den Kunden über eine Schaufenstertastatur das System zur ausführlichen Information zur Verfügung.
Multi-Media findet jedoch auch in vorgelagerten Marketingaktivitäten Anwendung, beispielsweise in der Marktforschung und Produktentwicklung (Innovation).
Der Einsatz von Multi-Media in der Präferenz- und Einstellungsforschung (Einstellungsmessung) erleichtert die Durchführung jener Experimente, in denen Experimentteilnehmern (z.B. den Befragten) eine realistische und ansprechende Gestaltung des Realisierbaren und dessen Funktionsweise vermittelt und auf dieser Grundlage mögliche Präferenzen der (potenziellen) Kunden erfasst werden sollen (Conjoint Meosurement). Insbesondere im Dienstleistungsmarkting können audiovisuelle Outputkomponenten des Multi-Media-Systems die Darstellung des Ergebnisses und Ablaufs einer Dienstleistung unterstützen bzw. erst ermöglichen. Analoges gilt für die Einstellungsmessung bzw. Imageanalysen, in denen häufig erst durch Anwendung von Multi-Media bestimmte Angebote bzw. Angebotsqualitäten in adäquater Weise den Kunden vermittelt und deren Urteil erfahren werden können. Hierbei ermöglicht oder unterstützt Multi-Media insbesondere (vgl. Silberer, 1995, S. 10f.):
- die Darstellung von Produktentwürfen in wirklichkeitsnaher Weise
- die Darstellung schwer zugänglicher Leistungen, z.B. einer im Ausland erbauten Anlage
- die Darstellung schwer zugänglicher Produkteigenschaften sowie des genauen Leistungsprozessablaufs, z.B. bei einer Operation
- die interaktive Präsentation von Angeboten, insbesondere die nach individuellen Kundenwünschen unmittelbar modifizierte Darstellung des Angebotes, z.B. der »gemeinsame« Entwurf eines Produktes oder einer Ladeneinrichtung.
Nach Hünerberg/Heise liegt der Hauptanwendungsbereich in Multi-Media allerdings in der interaktiven Online-Kommunikation (vgl. Hünerberg/Heise, 1995, S. 9). Multi-Media-Systeme sind i.d.R. so aufgebaut, dass sich die (interaktiven) Informationsabfragen und somit der Informationsbedarf der Multi-Media-Nutzer, also deren »elektronische Spuren« (Silberer, 1995, S. 11), in Form von Maschinenprotokollen problemlos speichern lassen. Die Analyse von Maschinenprotokollen erlaubt es, die Informationsabruf-Sequenzen und -Inhalte sowie Dauer der Informationskontakte zu rekonstruieren. In diesem Zusammenhang können auch Erkenntnisse über Wirkungen der vom Kunden abgerufenen Informationen auf sein weiteres Entschei-dungs- bzw. Abrufverhalten gewonnen werden.
Diese Technologie ist auch die Basis von sich zunehmend verbreitenden interaktiven und individualisierbaren Kommunikationssystemen, die in der Lage sind, auf ein bestimmtes Verhalten des Nutzers oder bestimmte Antworten zu reagieren und die Benutzeroberfläche, die präsentierten Informationen oder Angebote auf das Verhalten des Nutzers anzupassen. Solche Systeme werden heute vor allem bei der Marketingkommunikation im Internet ingesetzt, wo im Idealfall der Nutzer ein exakt auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot präsentiert bekommt, das darüber hinaus, in Abhängigkeit von seinem Navigationsverhalten, in Echtzeit angepasst und weiter auf ihn zugeschnitten wird (vgl. Zentes/Janz/Morschett, 2000a, S. 73ff.),
Die Bedeutung in der Produktentwick-lung erlangt Multi-Media insbesondere beim so genannten »Virtual Prototyptng«. Beim »Virtual Prototyping« werden Gestaltungsvarianten von Produkten in ihren Wirkungen auf Akzeptanz und Verhalten potenzieller Kunden untersucht.
Ungeachtet ihrer breiten Anwendungsmöglichkeiten stoßen Multi-Media-Systeme im betrieblichen Bereich bisher auf eine gewisse Skepsis der potenziellen Anwender, insbesondere des Handels. Zum einen liegt die Zurückhaltung sicherlich in den relativ hohen Projektierungs- und Produktionskosten dieser Systeme begründet. Zum anderen fehlen den Unternehmen oft gesicherte Erfahrungsdaten darüber, welche Nutzen- und Beeinflussungseffekte sie bei den Kunden tatsächlich bewirken (vgl. Swoboda, 1996a; 2000d, S. 438ff.).
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