Produkte, zwischen denen relativ starke kosten- und/oder nachfragemässige Interdependenzen bestehen (*Ausstrahlungseffekte, Sortimentsverbund), bilden sog. Produktlinien im Produktionsprogramm einer Unternehmung. Bei der Preisstellung für jeden Artikel einer Produktlinie müssen diese Interdependenzen derart berücksichtigt werden, dass die Produktlinie insgesamt die Zielfunktion optimal erfüllt. Dieser Entscheidungsprozess im Rahmen der Preispolitik wird als Preislinienpolitik bezeichnet. Diese erstreckt sich im einzelnen auf die · Bestimmung der Endpreise einer Produktlinie (Preislage), · Festlegung der Preisabstände zwischen austauschbaren Elementen der Produktlinie, · Abstimmung der Preisstellung für funktional komplementäre oder im Nachfrageverbund stehende Produkte (Ausgleichskalkulation) und · Besetzung von Preislücken in der Produktlinie durch entsprechende Sortimentserweiterung. Bei kostenmässigen Interdependenzen (z. B. Kuppelproduktion) versagen die kostenorientierten Verfahren der Preiskalkulation, da eine verursachungsgerechte Kostenverrechnung unmöglich ist. Man geht deshalb zur retrograden Preisbestimmung für die gesamte Produktlinie über. Genauso ist bei nachfragemässigen Interdependenzen zu verfahren, etwa wenn Produkte von den Nachfragern gemeinsam eingekauft werden (z. B. im Lebensmittelhandel oder bei Photoartikeln). Angestrebt wird der maximale Erfolgsbeitrag (Gewinn, Deckungsbeitrag etc.) der gesamten Produktlinie, wobei einzelne Artikel selbst zu Preisen unternaiv aer zurecnenvaren leiixosten ozw. des -Einstandspreises abgegeben werden können (*Ausgleichskalkulation). Für die Preislinienpolitik sind psychologische Aspekte des Nachfragerverhaltens (Preisbewusstsein) von besonderer Relevanz, da viele Verbundeffekte darauf zurückgeführt werden können.
beinhaltet als Teilbereich der Preispolitik die Abstimmung der Preise innerhalb einer Produktlinie. Produktlinien sind Teilsortimente eines Unternehmens, zwischen denen relativ starke Kosten- und/oder nachfragemäßige Produkt-Interdependenzen bestehen. Die Notwendigkeit bzw. Chance zu einer abgestimmten Preispolitik ergibt sich zum einen aus den Kosten-Interdependenzen („Kostenverbund“). Läßt sich ein Teil der Kosten eines Produktes nicht mehr diesem selbst, sondern nur noch der Produktlinie zurechnen, muss die Preiskalkulation zwangsläufig auf Kostentragfähigkeitsüber- legungen zurückgreifen. Damit erfolgt der Übergang von einer stark kostenorientierten Einzelkalkulation zu einer stärker marktorientierten Ausgleichskalkulation, deren Zielfunktion auf das Gesamtergebnis der Produktlinie und nicht auf einzelne Produkte gerichtet ist. Typische Erscheinungsformen einer solchen Preispolitik sind: „Basismodelle“ (z.B. in der Automobilindustrie), die relativ preisgünstig kalkuliert sind und die Preisanmutung der Produktlinie positiv beeinflussen sollen; besonders preisgünstige, z.T. sogar unter Einzelkosten kalkulierte Untereinstandspreis-Angebote zur Weckung von Preisaufmerksamkeit und zur Erzeugung von hohen Kundenfrequenzen; höhere Kalkulationsaufschläge für hoch- preisige Produkte der Produktlinie; Preisunifizierung, d.h. gleiche Preisstellung für verschiedene Artikel trotz u. U. unterschiedlicher Kosten, etwa bei Einheitspreisgeschäften; > Dauemiedrigpreis-Sortimente im Handel. Im Rahmen der Preislinienpolitik stellen sich folgendeEntscheidungsprobleme: Bestimmung der Endpreise einer Produktlinie (Preisspanne) Bestimmung der von der U nternehmung abgedeckten Preislagen Abstimmung der Preisstellung der verschiedenen Artikel (Kalkulationsaufschläge) im Sinne des preispolitischen Ausgleichs (Ausgleichskalkulation). Ad.(l): Bei der Bestimmung der Preisspanne gilt es abzuwägen, welche Preislagen in die Preispositionierung der Produktlinie passen, d.h. Wettbewerbsfähigkeit und Preis- Image-Konsistenz gewährleisten. Manche Unternehmen verzichten bewusst auf untere Preislagen. Die obere Preisgrenze des Sortiments ergibt sich insb. aus der Kaufkraft und der Nachfragestruktur der jeweiligen Zielgruppe. Allerdings verändern sich diese Größen im Zeitablauf, was eine Überprüfung der Preisspanne von Zeit zu Zeit nahclegt. Zu beobachten sind dabei sowohl Ausweitungen nachunten, z. B. Generica-Produkte,insb. aber nach oben, z. B. durch Premium-Pro- dukte (Sortimentspolitik, Programmpolitik). Ad.
(2): Bei der Auswahl der abgedeckten Preislagen gilt es zunächst, durch entsprechende Aufschlüsselung der Umsatzanteile in verschiedenen Preiszonen (vgl. Abbildung) zu eruieren, welche Preiszonen welche Umsatzanteile auf sich vereinen und wo das eigene Unternehmen relativ stark bzw. schwach vertreten ist. Die Aufteilung in Preiszonen erfolgt dabei unter Berücksichtigung typischer Preisschwellen und branchenüblicher Gepflogenheiten in der Preisstellung. Hinsichtlich der Anzahl der zwischen den Preisober- und untergrenzen zu positionierenden Preisen kann man auf des WeberFecliner’sche Gesetz zurückgreifen, nach dem das Preisempfinden nicht linear, sondern nur logarithmisch-linear mit den objek- tiven Preisen korrespondiert (Preiswahrnehmung). Danach gilt: Gleichbedeutend damit ist Diese Preisstruktur ist freilich allein nach Wahrnehmungsgesichtspunkten gestaltet. Verbundeffekte innerhalb der Produktlinie und Einflüsse von Konkurrenzpreisen bleiben dabei ebenso unberücksichtigt, wie die zu den jeweiligen Preisen erzielten Absatzmengen oder Gewinne. Ad.
(3): Diese Abstimmung der Preisstellung erfolgt im Wege der Ausgleichskalkulation, bei der die einzelnen Artikel auf ihre jeweilige Kostentragfähigkeit hin überprüft werden und ein entsprechender Angebotspreis festgelegt wird. Besteht darüber hinaus Absatzverbundenheit zwischen den Artikeln, kann versucht werden, diese durch eine entsprechend gestaltete Preisdifferenzierung zu berücksichtigen. Im Rahmen der klassischen Preistheorie wurden dafür - basierend auf marginalanalytischen Kalkülen und Preis-Absatzfunktionen mit Einschluß von Kreuzpreiselastizitäten - entsprechende Optimierungsmodelle entwickelt (Niehans-Bedingung). Die Anwendungsvoraussetzungen für derartige Modelle verbessern sich mit der Verfügbarkeit von Scanner-Systemen im Einzelhandel, die eine Verbundanalyse der gemeinsam eingekauften Artikel („Einkaufsverbund“) ermöglichen. Damit wird die Basis für eine analytisch gestützte Ausgleichskalkulation unter Berücksichtigung solcher Verbundbeziehungengeschaffen. Im Rahmen eines gezielten Controlling der Preislinienpolitik empfiehlt es sich, die Umsatzveränderungen von Periode zu Periode auch daraufhin zu untersuchen, ob sie durch Veränderungen der Umsatzstruktur innerhalb der Produktlinie zustande gekommen sind. Dabei ergeben sich spezifische Preis- und Mengen- sowie Struktureffekte, die u. a. im Rahmen einer Deckungsbeitragsfluß- rechnung aufgedeckt werden können (vgl. Diller, 1991,S. 209 ff.).
Literatur: Diller, H., Preispolitik, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1991, S.204-219.Jacob, H., Preispolitik, Aufl., Wiesbaden 1971. Monroe, K. D., The Information Content of Prices: A Preliminary Model for Estimating Buyer Response, in: Management Science, Vol. 17 (April 1971), S. B519 - B532.
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