Die Preistheorie beschreibt die Vorgänge der Preisbildung bei den verschiedenen Marktformen, wobei neben der Marktstruktur auch die Verhaltensweisen berücksichtigt werden.
Die klassische Preistheorie - als ein wichtiges Teilgebiet der mikroökonomischen (volkswirtschaftlichen) Theorie - liefert Aussagen über das Zustandekommen der Preise in unterschiedlichen Märkten (Marktformen) auf der Grundlage eines ausgebauten Prämissensystems, im Mittelpunkt stehen dabei formalisierte Modelle; als zentrales Lösungsverfahren kommt die Marginalanalyse zum Einsatz.
Als Beispiel soll hier die Preisfindung im Monopol dienen. Bei gegebener linearer Preisabsatzfunktion eines Monopolisten (Einproduktunternehmen), die durch einen Prohibitiv-preis, d.h. einen Höchstpreis, bei dessen Erreichen der Monopolist nicht mehr verkaufen kann, und eine Sättigungsmenge, d.h. die zum Preis Null nachgefragte Menge, gekennzeichnet und zugleich stetig und differenzierbar ist und einer linearen Gesamtkostenfunktion ergibt sich die gewinnmaximale Absatzmenge (x) aus folgendem Kalkül:
Dabei kennzeichnet U den Umsatz und K die Gesamtkosten.
Die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination des Monopolisten ist die Menge (mit zugehörigem Preis), für die gilt: Diese Preis-Mengen-Kombination wird als Coumot’scher Punkt bezeichnet. Die Modellansätze der klassischen Preistheorie haben wegen der Realitätsferne ihrer Basisannahmen keine praktische Relevanz.
In der Wirtschaftssoziologie: Sammelbezeichnung für Theorien der Ökonomie, die die Preisbildung von Waren unter bestimmten Marktbedingungen zum Gegenstand haben. Im Unterschied zur marxistischen Werttheorie steht in der Preistheorie die Analyse des Verhaltens von Nachfragern und Anbietern in verschiedenen Marktformen (Monopol, Oligopol u.a.) im Vordergrund. Neuere Entwicklungen der Preistheorie legen Gewicht auf die Momente des Verhandeins und Entscheidens (Spieltheorie).
Preis, Preisbildung, Marktformen, Produktion, Nachfrage
Theorieströmungen Die Preistheorie beinhaltet wissenschaftliche Aussagensysteme zur Erklärung oder betriebswirtschaftlich optimalen Festlegung von Güterpreisen im Rahmen der Preispolitik. In der Marketingwissenschaft dominierten dabei lange Zeit die an die betriebswirtschaftlichen Probleme angepaßten mikroökonomischen Modelle der Volkswirtschaftslehre. Typisch dafür sind z. B. die z.T. sehr frühen Arbeiten von Cournot (1838!), Launhardt (1885), Chamherlin (1933) oder v. Stackeiberg (1934), oder die neueren Werke von Jacob (1971), z.T. auch Simon (1991). Eine zweite Theorieströmung ist eher verhaltenswissenschaftlich orientiert und thematisiert z.B. die preisorientierte Qualitätsbeurteilung, die Preiswahrnehmung oder allgemein das Preisverhaken von Abnehmern. Man weitet dabei das S-R-Modell Preis-Absatzfunktion zu S-O-R-Mo- dellen mit verhaltenswissenschaftlichen Konstrukten aus. Typisch dafür sind z. B. die Arbeiten von Gabor!Granger (1961), Monroe (1973), Diller (1985/1991) oder Hay (1987). Dabei wird gleichzeitig eine sehr viel stärkere Managementorientierung (Preispolitik) deutlich, allerdings auch der Präzisionsgrad der Aussagen im Vergleich zur klassischen Preis theorie oft vermindert. Eine dritte Strömung innerhalb der Preistheorie ist stark empirisch orientiert und beschäftigt sich v. a. mit der Erhebung und Validierung von Preis-Absatzfunktionen als speziellen Erscheinungsformen von Marktreaktionsfunktionen (z.B. Kaas, 1977; Simon, 1991; Kucher, 1985). Sie wird nicht zuletzt durch die - etwa durch Scanner-Kassen - stark verbesserte Informationssituation in der Praxis gestützt, die eine verläßlichere Schätzung auch komplexerer Preisreaktionsmodelle zuläßt. Damit wird gleichzeitig eine fruchtbare Brücke zwischen der klassischen und der verhaltenswissenschaftlichen Preistheorie geschlagen. Eine vierte Entwicklungslinie der betriebswirtschaftlichen Preistheorie folgt schließlich der Tradition der Kostenträgerrechnung und entwickelt differenzierte Kalküle der Preiskalkulation auf der Grundlage voll- oder teilkostenorientierter Rechnungssysteme. Optimierungsüberlegungen können dabei freilich nicht angestellt werden. Vielmehr dienen Preiskalkulationen heute eher der Absicherung der Preisstellung unter kostenmäßigen Gesichtspunkten (Preisuntergrenzen). Klassische Preistheorie Die Modelle der klassischen Preistheorie basieren überwiegend auf marginalanalytischen Kalkülen, d.h. Analysen der Veränderungen von Kosten und Absatzmengen in Abhängigkeit vom Preis, und benutzen zur Maximumsbestimmung die Differentialrechnung. Dabei wird auf die in der Mikro- und Makroökonomie entwickelten Modelle zur Ermittlung sog. Gleichgewichtspreise zurückgegriffen. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der die realen Verhältnisse möglichst isomorph abbildenden Preis-Absatz- und Preis-Kosten-Funktionen. Beide werden zu einer Preis-Gewinnfunktion verrechnet, so dass durch Differentiation der Maximumpunkt und damit der gewinnoptimale Preis ermittelbar wird. Da der Verlauf der Preis-Absatzfunktion stark von den Marktverhältnissen abhängt, entwickelte man für verschiedene Marktformen entsprechend einer speziell für diese Zwecke entwickelten Marktmorphologie unterschiedliche Modelltypen. Sie unterscheiden sich insb. durch den Verlauf der Preis-Absatzfunktion und den Einbezug bestimmter Konkurrenzreaktionen. Die für die Praxis wichtigsten Marktsituationen sind jene der vollständigen und der monopolistischen Konkurrenz sowie oligopolistische Situationen. Bei vollständiger Konkurrenz muss der einzelne Anbieter den Preis als Datum hinnehmen („polypolistische Verhaltensweise“). Jede Abweichung von diesem Preis würde entweder ein die Kapazitäten überschreitendes Anwachsen des Absatzes bzw. bei Unterschreiten einen völligen Marktverlust mit sich bringen. Der Marktpreis ergibt sich im Zusammenspiel von Marktangebot und -nachfrage (vgl. Abb. 1). Je nach eigener Kostensituation kann ein Anbieter beim Gleichgewichtspreis p unterschiedlich hohe Gewinne erzielen. Der letzte - gerade noch zu diesem Preis zur Befriedigung der Nachfrager erforderlichen - Anbieter heißt Grenzanbieter. Im Fall des Monopols und bei linearer Kosten- und Preis-Absatzfunktion ergibt sich nach dem sog. Cournot-Modell (vgl. Abb. 2) der gewinnmaximale Preis p* dort, wo sich Grenzkosten- und Grenzerlöskurve schneiden. Der entsprechende Punkt auf der PreisAbsatzfunktion heißt Cournot’scher Punkt. Bei Gültigkeit der Preis-Absatzfunktion ergibt sich der umsatzmaximale Preis genau bei der Hälfte des sog. Sättigungspreises, d. h. bei-a/ 2 b. Der gewinnmaximale Preis p* beträgt genau die Hälfte der Summe aus Sättigungspreis und variablen Stückkosten (kv). Es gilt: Der Monopolist hat auf den umsatzmaximalen Preis also die halben variablen Stückkosten aufzuschlagen, um das Gewinnmaximum zu erreichen. Veränderungen der variablen Stückkosten kv schlagen sich damit nur zur Hälfte im gewinnoptimalen Preis nieder. Ein Monopolist gibt also zweckmäßigerweise eine Erhöhung der variablen Kosten ebenso wie eine Kostensenkung jeweils nur zur Hälfte weiter. Bei einer multiplikativen Preis-Absatzfunktion hängt p* bei konstanten Grenzkosten allein vom Elastizitätsparameter b der Preis- absatzfunktion ab. Die sog. Amoroso- Robinson-Relation kann in diesem Fall als Bestimmungsgleichung herangezogen werden. Es gilt dann: Der gewinnoptimale Preis läßt sich damit, wie bei einer Aufschlagskalkulation auf Teil- kostenbasis (Preiskalkulation), durch einen konstanten, jedoch elastizitätsabhängigen Aufschlagsatz (b / 1 + b) ermitteln. Beim sog. heterogenen Polypol (viele Anbieter bei unvollkommenen Märkten, z. B. wegen Produktheterogenisierung, mangelnder Markttransparenz, Marktträgheit etc.) stellt die von Gutenberg entwickelte doppelt geknickte bzw. gekrümmte Preis-Absatz- funktion ein geeignetes Modell zur Abbildung der Marktsituation dar. Bei dieser Funktion entwickeln sich weder die Grenzerlöse noch die Grenzkosten bezüglich des Preises linear. Es kann zu mehreren Schnittpunkten der Grenzerlös- und Grenzkosten- funktion kommen. Damit ergeben sich mehrere Gewinn(sub)maxima, die miteinander zu vergleichen sind, um das absolute Gewinnmaximum bestimmen zu können. Unterstellt man geknickte Preis-Absatzfunktionen ohne kontinuierliche Übergänge, operiert man am besten mit drei jeweils linearen Abschnitten unterschiedlicher Steigung. Diese drei Abschnitte können dann jeweils separat wie im Monopolfall behandelt und die sich daraus ergebenden partiellen Optimalpreise miteinander verglichen werden. Bei heterogenen Oligopolen, einer in der Praxis besonders häufigen Marktform, kann ebenfalls eine doppelt geknickte PreisAbsatzfunktion als plausibles Modell herangezogen werden. Allerdings muss hier mit Konkurrenzreaktionen auf eigene Preisveränderungen hin gerechnet werden. Es besteht also eine Reaktionsverbundenheit der Preise, die bei der Ableitung von Optimalpreisen zu berücksichtigen ist. Dazu benötigt man die sog. Kreuzpreiselastizität des eigenen Produktes i vom durchschnittlichen Konkurrenzpreis pj und die Reaktionselastizität des durchschnittlichen Konkurrenzpreises pj bezüglich des Preises der eigenen Marke i. Werden starre Reaktionsmuster der Konkurrenz unterstellt, lassen sich die üblichen Optimierungskalküle auf Basis entsprechend erweiterter Preis-Absatzfunktionen heranziehen. Man unterscheidet dabei verschiedene Reaktionskonstellationen, wobei i. d. R. vom Dyopolfall (zwei Anbieter am Markt) und linearen Preisabsatz- und Kostenfunktionen ausgegangen wird (vgl. Krelle, 1976; Simon, 1991): (a) Bei der sog. Launhardt-Hotelling-Hypo- these wird unterstellt, dass der Konkurrent auf eigene Preisänderungen nicht reagiert. (b) Bei der Chamberlin-Hypothese unterstellt man gleichgroße Preisänderungen des Konkurrenten, was bei gedanklicher Vorwegnahme rationalen Verhaltens der Wettbewerber zu einer (einfach) geknickten PreisAbsatzfunktion führt, wie sie Sweezy schon 1939 theoretisch entwickelt hat. Sie kann die oft zu beobachtende Preisstarrheit in Oligopolen erklären, weil die Wettbewerber bei Preissenkungen befürchten müssen, dass die Konkurrenten nachziehen und sich nach dieser „Preisrunde“ alle Anbieter schlechter stellen als vorher (Abb. 3). Bei der Krelle-Hypothese bleiben Freiräume für die Konkurrenzreaktionen, die entweder nachziehend oder vergeltend sein können. Dementsprechend ergeben sich keine Gleichgewichtspunkte, sondern -Zonen für den Optimalpreis. Albach (1973) hat auf Basis der von Gutenberg vorgeschlagenen doppelt geknickten Preis-Absatzfunktion anhand eines Dyopolmodells aufgezeigt, dass eine sog. „Schnibbelpolitik“, d.h. eine häufige leichte Unterbietung des Konkurrenzpreises, mit Gewinnvorteilen verbunden ist, zumal dann, wenn es zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu einer einheitlichen Preiserhöhung kommt, die dann neue Gelegenheit für Preisabschläge bietet. Andererseits werden massive Preisunterbietungen zum Nachziehen der Konkurrenten führen, was wiederum zur geknickten Preis-Absatzfunktion führt. Die klassischen preistheoretischen Modelle unterstellen fast durchgängig die Gewinnmaximierung als Zielfunktion, was angesichts der Vielfalt preispolitischer Ziele nicht unproblematisch ist. Darüber hinaus sind insb. die frühen Modelle statisch angelegt, was weder der Wettbewerbsdynamik noch der erforderlichen langfristigen Perspektive des Preismanagements (Preisstrategie) gerecht wird. Die moderne dynamische Preistheorie entwickelte deshalb sowohl Optimierungsmodelle mit carry- over-Effekten von Preisen als auch Modelle von Lebenszyklus abhängigen Preiselastizitäten (Preisstrategien im Lebenszyklus). Insbesondere D. Stackeiberg und später Krelle benutzten zur Darstellung der preistheoretischen Situation im Dyopol sog. Isoge- winnlinien-Modelle, in denen die möglichen Preiskombinationen der beiden Anbieter als Achsen eines zweidimensionalen Koordinatensystems dargestellt und die geometrischen Orte aller Preiskombinationen gesucht werden, bei denen sich der Gewinn eines Anbieters nicht verändert. Dies geschieht für verschiedene Gewinnniveaus. Damit werden die Gewinnwirkungen jeweils für beide Konkurrenten des Dyopols sichtbar und die Konsequenzen von Preisänderungen deutlicher erkennbar. Zu jedem Preis des Anbieters A kann dann nämlich der gewinnoptimale Preis des Anbieters B bestimmt werden, was die sog .Kammlinie eines Isogewinnlinien-Modells ergibt. Im Schnittpunkt der Kammlinien beider Anbieter liegt der für beide Parteien optimale, sog. pareto- optimale Preis. Ein weiterer umfangreicher Teilbereich der Preistheorie betrifft die Preisdifferenzierung. Dort wurde nachgewiesen, wie und unter welchen Bedingungen Preisdifferenzierungen zu Gewinnsteigerungen führen. Die verhaltenswissenschaftliche Preistheorie hat noch lange nicht jene Geschlossenheit entwickelt, die man in der klassischen Preistheorie vorfindet. Insbesondere fehlt an vielen Modellen die Verknüpfung mit ökonomischen Zielfunktionen. Ansätze dazu findet man freilich bei den Modellen der Preisbeurteilung (durch Endabnehmer), die zu Preisbereitschafts- oder Buy-Re- sponse-Funktionen führen.
Literatur: Diller, H., Preispolitik, 2. Aufl., Stuttgart u. a. 1991. Gabor, A.; Granger, C., Price Con- sciousness of Consumers, in: Applied Statistics, Vol. 17 (1961), S. 70-\'A\'A.Hay, Ch., Die Verarbeitung von Preisinformationen durch Konsumenten, Heidelberg 1987. Jacob, H., Preispolitik, 2. Aufl., Wiesbaden 1971. Krelle, W., Preistheorie, 2. Aufl., Tübingen 1976. Monroe, , Buyers’ Subjective Perception of Price, in: Journal of Marketing Research, Vol. 10 (1973), S. 73-80. Simon, H., Preismanagement, 2. Aufl., Wiesbaden 1991.
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