Reaktanz ist die Reaktion von Konsumenten, bei der sich eine Person einer wahrgenommenen Beeinflussung widersetzt.
Diese Reaktion erfolgt deshalb, weil vom Individuum eine Absicht erkannt wird, seine Meinungs- oder Verhaltensfreiheit einzuschränken. Übersteigt die aufgebaute Reaktanz eine bestimmte Schwelle, wird sie verhaltenswirksam und führt zu einem gefühlsmäßigen Widerstand gegen die Beeinflussung bis hin zu einer Resistenz gegenüber Beeinflussungsversuchen.
Die Stärke der Reaktanz ist abhängig vom wahrgenommenen Beeinflussungsdruck, von der Bedeutung des Meinungsobjekts oder der Verhaltensweise für die Person, von der Distanz der beiden Meinungen und vom Umfang des bedrohten Freiheitsspielraums.
Nimmt ein Individuum die Absicht wahr, seinen Meinungs- oder Verhaltensfreiraum einzuschränken, so entsteht eine motivati-onale Spannung (Reaktanz), die dazu führt, dass sich das Individuum dieser Beeinflussungsabsicht widersetzt. Wenn es schon zu einer Beeinflussung kam, ergibt sich durch die Reaktanz eine nachträgliche Abwehr. Obersteigt die aufgebaute Reaktanz eine bestimmte Schwelle und wird sie somit verhaltenswirksam, so führt sie zu einem gefühlsmäßigen Widerstand gegen die Beeinflussung bis hin zu einer Resistenz gegenüber Beeinflussungsversuchen (vgl. Kro-eber-RielAVeinberg, 1999, S. 205ff.; Kro-eber-Riel/Meyer-Hentschel, 1982, S. 101E). Die Aussagen der Reaktanztheorie haben eine große Relevanz für die Kom-munikationspolitik. Gewinnen die Ansprechpartner der betrieblichen Kommunikation den Eindruck, dass sie beeinflusst oder dass sie zu einer bestimmten Meinung oder Verhaltensweise veranlasst werden sollen, wodurch ihre Meinungs- und Verhaltensfreiheit bezüglich wichtiger Objekte eingeschränkt würde, so ist mit einem Widerstand zu rechnen. Bei Personen mit Reaktanz führt ein Beeinflussungsversuch zu geringeren Meinungs- und Verhaltensänderungen als bei anderen Personen. Eventuell kommt es auf Grund sehr starker Reaktanz sogar zu einer der Beeinflussungsabsicht gegenläufigen Wirkung.
Die Stärke der Reaktanzreaktion ist abhängig von der Stärke des wahrgenommenen Beeinflussungsdrucks, von der Bedeutung des Meinungsobjektes oder der Verhaltensweise für die Person, von der Distanz der beiden Meinungen und von dem Umfang des bedrohten Freiheitsspielraums (vgl. Kroeber-RielAVeinberg, 1999, S. 207). Dabei wird der wahrgenommene Beeinflussungsdruck eines Kommunikators durch seine Glaubwürdigkeit und sachliche Kompetenz determiniert.
Das Marketing muss durch geeignete Maßnahmen die Wahrnehmung des Beeinflussungsdrucks vermeiden oder verringern, d.h. die Beeinflussungsabsicht darf nicht offen zu Tage treten.
In der Wirtschaftssoziologie: ist in der R.-Theorie (J.W. Brehm 1966, 1972) eine motivationale Erregung mit dem Ziel, eine bedrohte oder abnehmende oder gänzlich beseitigte Freiheit wiederherzustellen. Die Stärke der Reaktanz hängt u.a. von der Wichtigkeit der Freiheit für die Person, dem Umfang der bedrohten oder eliminierten Freiheit und der Stärke der Freiheitseinengung ab. Reaktanz führt zu Veränderungen in der Bewertung der unkontrollierbaren Ergebnisse, zu direkten Versuchen, das bedrohte Verhalten auszuführen, zu Versuchen, die Freiheit durch das Ausführen ähnlicher Handlungen wiederherzustellen sowie zur Entwicklung von Wut und aggressiven Gefühlen.
Ausdruck einer Motivation zur Bewahrung oder Wiederherstellung eines Freiheitsspielraumes, je nachdem, ob eine Einengung der Verhaltens- bzw. Meinungsfreiheit bereits vorliegt oder beabsichtigt ist. Sie erinnert in vielem an Trotzreaktionen. Jack W Brehm nennt in seiner Theorie der psychologischen Reaktanz drei Antezedensbedingungen dieses Phänomens: · Dem Individuum müssen (Verhaltens- bzw. Meinungs-)Alternativen zur Verfügung stehen. · Diese Freiheit muss ihm wichtig sein. · Es muss die Bedrohung bzw. Einschränkung als solche wahrnehmen. Das Ausmass der Reaktanz hängt ab von der subjektiv empfundenen Wichtigkeit der eingeschränkten bzw. bedrohten Freiheit, dem Umfang der auferlegten Restriktionen und den Implikationen der Freiheitsbegrenzung für die Zukunft. Reaktanzreaktionen bleiben ganz aus, wenn die Freiheitsbegrenzung als Entscheidungshilfe wahrgenommen wird bzw. leicht rückgängig gemacht werden kann. Wie alle motivierenden Ereignisse muss auch die Intensität des Reaktanzmotivs einen interindividuell variierenden Schwellenwert überschreiten, bevor es wirksam wird. Die Manifestationen reaktanter Prozesse betreffen sowohl das offene Verhalten als auch die kognitive Ebene (Einstellungen, Meinungen etc.): Eine Person kann eben jenes Verhalten zeigen, das unterdrückt werden sollte, wobei es nicht selten zu einem besonderen Engagement für die "bedrohte(n)" Alternative(n) kommt. · Kognitive Reaktionen bestehen zumeist in der Abwertung der nahegelegten bzw. aufgedrängten Alternative und der Aufwertung der bedrohten bzw. eliminierten Alternative(n). Sie lassen sich etwa bei Probanden beobachten, die unter einem Sortiment von Filmen, Brillen etc. wählen sollen, wobei kurz vor ihrer Entscheidung unter einem Vorwand das Spektrum der Wahlmöglichkeiten eingeengt wird. Reaktanz- und Dissonanztheorie (kognitive Dissonanz) scheinen sich in diesem Punkt zu widersprechen, sagt doch erstere vorher, dass die Attraktivität einer nicht-wählbaren Alternative steigt, während letztere eine Minderung bei der nicht gewählten Alternative prognostiziert. Tatsächlich aber ergänzen sich beide Konzepte; denn Reaktanz ist eine Form der Reaktion auf Festlegungen, die andere getroffen haben, während Dissonanz im Gefolge eigener Entscheidungen auftritt. Das Konstrukt der Reaktanz kann zur Erklärung zahlreicher betriebswirtschaftlich relevanter Kommunikationssituationen herangezogen werden. So erleichtert es das Verständnis der Wirkungen von Führungsstilen, wie z.B. Management by Objectives, des "Resistance to Change" bei Organisationsänderungen oder des Verlaufs und Ausgangs von Verhandlungsprozessen. Vor allem aber im Hinblick auf die Reaktionen potentieller Käufer auf Werbemassnahmen erwies sich die Reaktanztheorie als nützlich. Konsumenten mit einer mehr oder minder starken Aversion gegen Werbung nehmen deren Aussagen häufig als Einengung wahr und lösen einen sog. Bumerang-Effekt aus. Ein beworbenes Produkt erfährt dann nach der Werbekampagne eine schlechtere Benotung als zuvor. Da das Reaktanzmotiv um so stärker zu Tage tritt, je eindeutiger die Beeinflussungsabsicht des Kommunikators ist, zielen Gegenmassnahmen zunächst darauf, dieses Anliegen zu kaschieren. Die sog. zweiseitige Argumentation — es werden hierbei auch einige dem. Produkt abträgliche Gesichtspunkte angeführt — soll dies ebenso bewirken wie die Erhöhung von Kompetenz, Objektivität und Status des Kommunikators (z. B. durch Beteiligung unabhängiger Wissenschaftler an den Werbemassnahmen). Literatur: Brehm, J., A Theory of Psychological Reactance, New York 1966. Clee, M. A./Wicklund, R. A., Consumer Behavior and Psychological Reactance, in: Journal of Consumer Research, Vol. 6 (1980), S. 389 ff. Wiswede, G., Reaktanz. Zur Anwendung einer sozialwissenschaftlichen Theorie auf Probleme der Werbung und des Verkaufs: in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 25. Jg. (1979), S. 81ff.
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