dient dazu, das Absatzpotential eines Produkts in einem definierten Markt während eines bestimmten Zeitraums zu quantifizieren. Grundlagen sind unstrukturierte Daten und Informationen über vergleichbare Entwicklungen in der Vergangenheit (Analogien), absehbare Veränderungen gegenwärtiger (z. B. Wettbewerbsbedingungen in der relevan- tenZukunft sowie einprodukt-und marktbezogenes absatzpolitisches Konzept zu deren Beeinflussung im Sinne der verfolgten Zielsetzung des Unternehmens (Preis, Absatzwege), Produktwerbung, Einbettung in ein Sortiment). Je unvollständiger und/oder widersprüchlicher dabei die Informationslage ist, desto stärker die Beteiligung von Erfahrung, Urteil und Meinung bei der Deutung und Gewichtung von Einzelinformationen und bei ihrer Verdichtung zu Nachfrageschätzungen (Kahnemannu. a., 1982). Nachfrageschätzungen ergänzen die statistischen Absatzprognosen. Deren Anwendungsgebiet ist die Extrapolation vorhandener (homogener und konsistenter) Meßdatenreihen ausreichender Länge mit Hilfe exakt definierter Prognosemodelle. Wo die Voraussetzungen für den Einsatz solcher Modelle nicht gegeben (Know-how, DV-Unterstützung) oder nicht herstellbar sind (unzureichende Datenbasis), auch wo einschneidende Veränderungen bei den zuvor gültigen Gesetzmäßigkeiten erwartet werden (Strukturbruch), v. a. aber wo statistisch verwertbare Daten (noch) nicht existieren (neue Produkte), treten zwangsläufig Schätzungen an die Stelle von Prognosen (Wright/Ayton, 1987). Besonders davon betroffen ist der Konsum- güterbereich. Bei einzelnen Warengattungen und Vertriebsformen sind über aie Hälfte (Buchversand), mitunter sogar mehr als drei Viertel (Oberbekleidung) des Sortiments weniger als ein Jahr (Textilien: eine Saison) alt. Für überregional tätige Vollsortimenter (Warenhaus) mit rd. 1 Mio. vorrätigen Artikeln bedeutet eine Sortimentserneuerungs- quote von nur 15% p.a., dass jährlich Nachfrageschätzungen für 150.000 neue Artikel anfallen. Da sie zudem Grundlage für Einkaufs- und Vorratsentscheidungen sind (Vorratspolitik, Partiegeschäft), besteht die Notwendigkeit, Nachfrageschätzungen möglichst effizient zu gestalten, also in geeigneter Weise zu systematisieren, d. h. Regeln für die Auswahl von Informationen unterschiedlichen Ranges und ihre Verdichtung zu definieren (Expertensysteme), eine arbeitsgerechte Versorgung mit potentiell relevanten Informationen sicherzustellen (DV-Unterstützung), auf bias (Verzerrung: zu optimistisch/pessimistisch), shift (Verschiebungen) und Erratik bzw. Konsistenz zu überwachen (Auswertung und Rückkopplung von Schätzfehlern). Da die mit Nachfrageschätzungen abzudeckenden Zeiträume relativ kurz (selten länger als sechs Monate) und die Beschaffungsmöglichkeiten vielfach stark eingeschränkt sind, kommt es dabei mehr auf eine realistische Schätzung der Gesamtnachfrage D an als auf eine präzise Vorhersage des Nachfrageverlaufs ineinemZeitraster(di,d2,di,. . .).Neben der für wahrscheinlich gehaltenen Nachfrage (DWSch) interessiert v.a. die Vertrauenswürdigkeit der Schätzung selbst (Schätzrisiko). Dies gilt in besonderem Maße dort, wo Schätzfehler nicht durch Nachdispositionen ausgeglichen werden können (Partiegeschäft). Die konstitutiven Merkmale von Schätzrisiken sind objektive Unsicherheit, z.B. Witterungseinflüsse oder Maßnahmen von Wettbewerbern, subjektive Unsicherheit infolge unvollständiger Information sowie hinsichtlich der Bewertung (Gewichtung) vorhandener und evtl. widersprüchlicher Informationen, subjektive Wahrnehmung der an Schätzfehlergekoppelten Sanktionen. Sie bilden ein Konvolut, dessen Bestandteile allenfalls ex post, anhand der registrierten Schätzfehler, statistisch isolierbar sind. Besondere Gefahr geht dabei von asymmetrischen Gratifikationsmechanismen aus. Ein einseitig Controlling- bzw. umsatzfixiertes Klima, in dem über- bzw. unterschätzte Nachfrage (als Wertberichtigung auf Restposten bzw. entgangener U msatz) dominantes (Fehl-)Leistungsmerkmal ist, fördert verdeckte, mitunter unbewusste „Korrekturen“ der eigentlichen Schätzung („hedging“). Vorzeichen und Umfang dieser Korrekturen sind wahrnehmungsbedingt (personenabhängig), damit auch situationsabhängig (zeitveränderlich) und mithin schwer kontrollierbar. Eine Neutralisierung der subjektiven Einflüsse durch Einschaltung von Gruppen (Wright/Ayton, 1987, Part II) scheitert meist an knappen Personalkapazitäten. Mit Hilfe von Intervall- anstelle von Punktschätzungen sowie mit einem der Aufgabenstellung angemesseneren Schätzfehler-Begriff kann man sie jedoch eindämmen, jedenfalls aber transparenter machen. Eine erste Quantifizierung des Schätzrisikos erfolgt durch Abfrage der unter normalen Bedingungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreichbaren Mindestnachfrage (Dmin) und einer entsprechend definierten Obergrenze (Dmax). Dabei ist es sowohl im Hinblick auf Arbeitserleichterung wie auch für Zwecke der Auswertung individuellen Schätzverhaltens (Hogarth, 1987) sinnvoll, diese Eckwerte so zu operationali- sieren, dass Unter- bzw. Überschreitungen jeweils nur in etwa einem von 20 Fällen (5%) auftreten (Zoller, S. 17 ff.). Klassifiziert man als Schätzfehler lediglich solche Fälle, in denen die tatsächliche Nachfrage unter Dm;„ bleibt oder über Dmax liegt, so kommen Produktkenntnis, Markterfahrung und Urteilsfähigkeit des für die Nachfrageschätzungen Verantwortlichen darin zum Ausdruck, dass Fehler auftreten wo dies auch über längere Zeit nicht der Fall ist, muss befürchtet werden, dass der Disponent sich durch großzügige Intervalle [Dmin,Dmax] absichert; dass Über- und t/nierschätzungen der Nachfrage in etwa gleich häufig auftreten - einseitige Fehlerhäufungen ohne erkennbare exogene Ursachen (Einbruch eines Marktsegments) lassen systematische Verzerrungen (bias) im individuellen Schätzverhalten befürchten; dass Dmin und Dmax nicht äquidistant zu Dwsch liegen - eine sachlogische Begründung für symmetrische Randwerte gleicher Eintrittswahrscheinlichkeiten (je 5 %) wird es nur in Ausnahmefällen geben; meist sind sie Indiz für eine eher mechanistische („x plus/minus 20%“) als qualifizierte Nachfrageschätzung. In jedem Fall vermögen Nachbereitungen anhand der tatsächlich aufgetretenen Schätz- fehler zur Verstärkung konsistenten und unverzerrten Schätzverhaltens wesentlich beizutragen. Dass das Ausmaß einer Nachfrageunterschätzung im stationären Kon- sumgütereinzelhandel nicht gemessen, sondern selbst nur geschätzt werden kann, steht dem nicht entgegen. Hier interessiert nur die Häufigkeit, mit der Schätzfehler negativen bzw. positiven Vorzeichens auftreten. Das Intervall [Dmin,Dmax] beschreibt lediglich die Streubreite des Schätzrisikos. Welches Gewicht (Glaubwürdigkeit) einzelnen Werten innerhalb dieses Intervalls (speziell Dwsch) zugemessen wird, geht daraus nicht hervor, ist jedoch für die Verwendbarkeit der Nachfrageschätzung als Planungsgrundlage wesentlich. Ersetzt man das Intervall durch ein dem Planungszweck angepaßtes Raster vonEinzelwerten(Di,D2,. . .,Dm), so können Glaubwürdigkeitsziffern pi = P{Di) („Wahrscheinlichkeiten“: 0 < pi < 1 für i = 1,2,.. ,,m mitpi + p2 + ... + pm = 1) auf zwei Wegen gewonnen werden: Subjektive Wahrscheinlichkeiten (Hogarth, 1987): Der Produktverantwortliche quantifiziert von ihm wahrgenommene Unterschiede der Glaubwürdigkeit einzelner Werte Dj in subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten pi (Abb. 1). Um hinreichende Trennschärfe zu erreichen, muss die Rasterung jedoch u.U. der Informationslage entsprechend vergröbert werden. Die Szenario-Technik (Wright/Ayton, 1987, Part IV) zieht daher von vornherein nur m = 3 Perspektiven in Erwägung („pessimistische“, „wahrscheinliche“ und „optimistische“ Nachfrage, Abb. 2). messene Rasterung der Glaubwürdigkeitsziffern erforderlichenfalls auf rechnerischem Wege nachzuliefern. K. Z.
Literatur: Hogarth, R., Judgement and Choice,
2. Aufl., Chichester 1987.Kabnemann, D.;Slovic, P.; Tversky, A. (Hrsg.), Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, Cambridge 1982. Wright, G.; Ayton, P., Judgmental Forecasting, Chichester 1987. Zoller, K., Optimierung von „Partien“, Institut für Betriebliche Logistik und Organisation, Universität der Bundeswehr Hamburg, Hamburg 1987. Synthetische Wahrscheinlichkeiten (Zoller, 1987): Aus den Eckwerten wird eine von der relativen Streubreite und der Lage von Dwsch im Intervall [Dmin,Dmax] abhängige synthetische Wahrscheinlichkeitsdichtef(D) modellhaft berechnet (Abb. 3) und zur Prüfung angeboten. Die akzeptierte Dichte f(D) wird in Glaubwürdigkeitsziffern entsprechend der geforderten Nachfrage-Rasterung umgerechnet (wie Abb. 1). Für
(2) ist DV-(Dialog-)Unterstützung unabdingbar und sorgsame Kalibrierung des Modells (Anpassung an die Risikopräferenzen des Managements) zwingende Voraussetzung für einen reibungslosen Arbeitsablauf. Der zeitintensive Ansatz
(1) kann durch geeignete DV-Unterstützung wirksam entlastet werden. Damit entsteht zugleich die Möglichkeit, eine dem Planungszweck ange
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