Seit der Verlagerung des Schwerpunkts der Absatztheorie von der Seite der Produktion zum Markt (Marketing) werden Absatzprognosen immer Wichtiger. Absatzprognosen sind Prognosen des: Absatzpotentials, Absatzwegs, Marktvolumens, Absatzvolumens, Marktanteils. Häufig wird unterschieden zwischen: Wirkungsprognosen und Entwicklungsprognosen. Wirkungsprognosen gehen von Variablen aus, die die betreffende Unternehmung selbst kontrolliert. Dagegen stützen sich Entwicklungsprognosen auf durch die Unternehmung selbst nicht kontrollierbare Variable. Selbstverständlich läßt sich in der Praxis nicht sauber zwischen diesen Prognosetypen unterscheiden: Jede Absatzprognose hat beide Komponenten. Der enge Zusammenhang zwischen Prognose und Planung kommt hierbei deutlich zum Ausdruck.
Vorhersage absatzwirtschaftlicher Plangrössen für bestimmte Teile des Angebotsprogramms einer Unternehmung auf der Grundlage eines modellgestützten und damit objektivierten Verfahrens (Prognosemodell). Wegen des zentralen Stellenwertes der Absatz- bzw. Marketingplanung für die gesamte Unternehmensplanung stellt die Absatzprognose eines der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Anwendungsgebiete der Prognose dar. Aufgrund der Abhängigkeit des Markterfolgs einer Unternehmung von der Gesamt- marktentwicklung liegen der Nachfrageprognose marktbezogene Variablen wie Marktvolumen und Marktpotential zugrunde. Aber auch die Präferenzstruktur der Nachfrager sowie unternehmensbezogene Grössen wie der zukünftige Absatz, Umsatz oder Marktanteil des Unternehmens oder dessen Image bzw. Bekanntheitsgrad sind Gegenstand von Absatzprognosen. Langfristige Absatzprognosen dienen vor allem der Aufdeckung von Marktchancen und -risiken. Methodisch stützt man sich hierbei bevorzugt auf qualitative und heuristische Verfahren sowie auf Trendanalysen (Prognoseverfahren). Mittel- und kurzfristige Absatzprognosen werden dagegen vor allem für die taktische und operative Marketingplanung benötigt. Hierbei geht es nicht nur um die Projektion von Zeitreihen unter Berücksichtigung der Saisonkomponente (Saisonbereinigungsverfahren), also um sog. Entwicklungsprognosen,, sondern auch um Wirkungsprognosen über den Einsatz bestimmter Marketinginstrumente bzw. Marketingmix- Alternativen (Marktreaktionsfunktion). Der qualitative Charakter vieler Marketinginstrumente und deren Wirkungsinterdependenz sowie zeitliche Wirkungsverzögerungen und -Überlagerungen (Ausstrahlungseffekte) erschweren die Entwicklung und den Einsatz von Totalmodellen für solche Wirkungsprognosen erheblich. Man begnügt sich deshalb häufig mit Partialprognosen für einzelne Aktivitäten(-bündel) unter Ceteris-pari- bus-Bedingungen. Methodisch kann man dabei auch auf Experimente, Techniken der Befragung (z.B. zur Konstruktion von Modellen zur Produktpositionierung), ökonometrische oder stochastische Markt(prozess) modelle sowie Modelle des Konsumentenverhaltens zurückgreifen. Sie geben - u. U. unter Einsatz von Simulationstechniken - Aufschluss über Wirkungszusammenhänge (diagnostische Funktion von Absatzprognosemodellen) und über die Entwicklung des Absatzes unter verschiedenen Absatzbedingungen (prognostische Funktion).
wissenschaftliche Aussage über zukünftige, den Absatzmarkt betreffende Ereignisse, die auf Beobachtungen und auf eine sachlogische Begründung gestützt ist. Die Absatzprognose muss auf der Analyse von Beobachtungen der Vergangenheit beruhen, damit sie empirisch fundiert ist und kein bloßes „Tippen“ darstellt. Darüber hinaus erfordert sie grundsätzlich eine sachlogische Begründung sowie die Angabe der Voraussetzungen, unter denen sie abgegeben wird. Mit dieser Bedingung grenzt man die wissenschaftliche Prognose von der irrationalen Prophetie ab. Der Vorgang der Absatzprognose kann als Prognoseaufgabe formuliert werden.
Diese umfaßt den gesamten Prognosevorgang und wird zweckmäßigerweise in einzelne zeitlich aufeinander folgende Schritte zerlegt:
1. Darstellung des Prognosegegenstandes Hierunter versteht man die Definition der ökonomischen Größe, die prognostiziert werden soll sowie die Festlegung des Prognosehorizontes, d. h. des Zeitraumes, für den die Prognose abgegeben werden soll. Ferner ist darüber zu entscheiden, ob eine Punktprognose oder eine Intervallprognose für den Prognosegegenstand geeigneter erscheint.
2. Formulierung eines Erklärungsmodells des Prognosegegenstandes Im Rahmen des Prognosemodells werden theoretische Hypothesen über die Beziehungen des Prognosegegenstandes zu anderen Größen, die seine Entwicklung erklären könnten, beschrieben. Unter einem Prognosemodell versteht man ein System, in dem die beobachteten Werte der zu prognostizierenden Größe untereinander oder mit den Werten anderer Größen nach bestimmten Regeln so verknüpft werden, dass als Ergebnis Prognosewerte ermittelt werden können. Modelle, die nur die Werte der zu prognostizierenden Größe verwenden, ohne Einflüsse anderer Größen zu betrachten, sind Entwicklungsprognosen, z.B. das Modell des Lebenszyklus oder punktuelle Nachfrageschätzungen z.B. für Partiegeschäfte. Bei Wirkungsprognosen wird dagegen der Einfluß von Aktivitäten des Unternehmens (Preisstrategien, Werbeaufwand) auf den Absatz bzw. Umsatz des Unternehmens prognostiziert. Wichtige Modellarten der Entwicklungsprognose sind neben dem Lebenszyklusmodell die Modelle zur Markenwahlentscheidung sowie die Kaufeintrittsmodelle für Neuprodukte. Gegenstand der Wirkungsprognosen ist v. a. die Ermittlung von Marktreaktionsfunktionen und die Modellierung der Kaufneigung (Lavington-Modell).
3. Untersuchung der eitstabilitätshypothese Dabei ist die Frage zu beantworten, ob sich das Erklärungsmodell als Prognosemodell eignet und die beobachteten Gesetzmäßigkeiten der Vergangenheit in Zukunft ebenso gelten werden.
4. Prüfung der Meßbarkeit der Variablen
5. Suche nach meßbaren Daten Für quantitative Prognosen müssen die Daten in Form einer Zeitreihe (z. B. reales Bruttosozialprodukt der BRD in EUR von 1960 bis 1988) vorliegen.
6. Test des Erklärungsmodells durch Vergleich und statistische Auswertung der Zeitreihen (Regressionsanalyse)
7. Anwendung eines Prognoseverfahrens Zur numerischen Auswertung der Absatzprognosemodelle benötigt man Prognoseverfahren. Qualitative Prognoseverfahren, mit denen heuristische Prognosen erstellt werden, arbeiten verbal-argumentativ und liefern, wie z. B. die Szenario-Technik,nur eine grobe Beschreibung der möglichen zukünftigen Entwicklung der Absatzsituation bei alternativen Rahmenbedingungen. Liegen vom Absatzmarkt Zeitreihendaten vor, so können quantitative Prognoseverfahren auf statistischer Grundlage herangezogen werden.
8. Kritische Beurteilung der Prognoseergebnisse Der letzte Schritt eines Prognosevorgangs muss die kritische Prognosebeurteilung sein. Hier ist zunächst zu prüfen, ob das Prognosemodell dem Problem angemessen und in sich geschlossen (konsistent) ist. Darüber hinaus sollte die Gültigkeit der Zeitstabilitätshypothese nachgewiesen werden. Die abschließende Beurteilung einer abgegebenen Prognose läßt sich durch den Vergleich der Prognosekosten mit der Prognosequalität durchführen, wobei die Qualität mit statistischen Prognosefehlermaßen, die auf der Abweichung des prognostizierten vom tatsächlichen Wert des Prognosegegenstands basieren, gemessen wird. Für die Absatzprognose von Konsum- und Investitionsgütern können Prognosen von gesamtwirtschaftlichen Größen (z.B. Bruttosozialprodukt, Arbeitslosenquote, Zinsniveau u.a.) als externe Variable in Prognosemodellen verwendet werden. In der BRD werden v. a. auf dem Gebiet der Konjunkturprognose in regelmäßigen Abständen Prognosen für die wichtigsten gesamtwirtschaftlichen Größen erstellt und veröffentlicht. Sie können wiederum als Grundlage für Prognosen mit der Indikator-Methode bzw. für multiple Regressionsprognosen dienen. Zu diesen lfd. Prognosen gehören die Vorausschätzungen - des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der jedes Jahr im November ein Jahresgutachten vorlegt, in dem neben einer Analyse der Wirtschaftsprozesse im abgelaufenen Jahr auch eine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung erstellt wird; - der Bundesregierung, die im Januar jeden Jahres in ihrem Jahreswirtschaftsbericht die für das lfd. Jahr angestrebten Ziele und wirtschaftlichen Maßnahmen darlegt, sowie - der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute, die zweimal jährlich (Frühjahr und Herbst) für das lfd. bzw. nächste jahr eine Gemeinschaftsprognose der wirtschaftlichen Entwicklung in der BRD veröffentlicht.
Neben diesen lfd. Prognosen existieren noch zahlreiche andere Informationsquellen:
- Wirtschaftsprognosen der OECD
- Prognosen der einzelnen Wirtschaftsverbände
- Prognosen mit Hilfe von ökonometrischen Modellen bei Universitäten (z.B. Bonner Modell), bei größeren Unternehmen (z.B. IBM), bei öffentlichen Institutionen (z.B. Bundesbank) und bei Wirtschaftsforschungsinstituten (z. B. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung).
Literatur: Brockhoff, K., Prognoseverfahren für die Unternehmensplanung, Wiesbaden 1977. Frerichs, W.; Kühler,K., Gesamtwirtschaftliche Prognose-Verfahren, München 1980. Hansmann, K.- W., Kurzlehrbuch Prognoseverfahren, Wiesbaden 1983. Mertens, P. (Hrsg.), Prognoserechnung, 4. Aufl., Würzburg, Wien 1981.
Literatur: Hüttner, M., Markt- und Absatzprognosen, Stuttgart 1982. Meffert, H.Steffenhagen, H., Marketingprognosemodelle. Quantitative Grundlagen des Marketing, Stuttgart 1977.
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