Steuerliche Aspekte von Entscheidungen über die Produkt- und Sortimentspolitik ergeben sich
(1) durch eine Beeinflußung der Steuern des leistungserstellendenUnternehmens, durch die steuerliche Behandlung bestimmter Produkte beim Abnehmer, welche marketingrelevant auf das anbietende Unter- nehmen zurückwirkt. Sonderprobleme ergeben sich bei der Behandlung der Verpackung (Verpackung, Aspekte der Rechnungslegung und Besteuerung), der Produktentwicklung und den produktbezogenen Schutzrechten, ad
(1) Beim leistungsverwertenden Unternehmen kann sich die Wahl bestimmter Produkte zum einen durch (a) persönliche oder sachliche Steuerbefreiungen und (c) durch die Auslösung besonderer Steuerpflichten, zum anderen (d) durch ermäßigte Steuersätze und (e) Steuerabzugsbeträge sowie (f) durch die Art und Weise der Bemes- sungsgrundlagenermittlungauswirken: Persönliche Steuerbefreiungen folgen - meist bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen - aus der Wahl bestimmter Unternehmensgegenstände bzw. Produkte; z.B.:Kör- perschaftsteuerbefreiungen bei bestimmten Versicherungsleistungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3, 4, 8,15,16 KStG), gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. §§51-68 AO), bestimmten Wohnungsunternehmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 10- 13 KStG); bestimmten genossenschaftlich betriebenen land- und forstwirtschaftliche Leistungen (§5 Abs. 1 Nr. 14). Vermögensteuerbefreiungen gelten für einen ähnlichen Kreis von Unternehmensgegenständen (vgl. § 3 VStG, z.B. Nr.6,7,12, 13-16, 18, 19). Gleiches gilt auch für die Befreiung von der Gewerbesteuer gl. § 3 GewStG); außerdem ergibt sich hier noch das besonders sensible und auch produktabhängige Abgrenzungsproblem zwischen gewerblicher Betätigung einerseits, Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Tätigkeit und Vermögensverwaltung andererseits (vgl. Abschn. 13-15 GewStR). Sachliche Steuerbefreiungen: Produkt- und sortimentsabhängige sachliche Steuerbefreiungen sind v. a. im Umsatzsteuergesetz vorgesehen (Umsatzsteuer): Vermittlung von Ausfuhrlieferungen und Außengebiets- umsätzen (§ 4 Nr. 5), bestimmte Geld-, Wertpapier- und Kapitalumsätze (§ 4 Nr. 8), Versicherungsgeschäfte (§ 4 Nr. 10, 11), bestimmte wohnungswirtschaftliche und heilberufliche Leistungen (§ 4 Nr. 12-14) u.v. m. (Umsatzsteuer, Steuerbefreiungen). Auch die Verbrauchsteuergesetze sehen produkt- und produktmerkmalsbezogene Befreiungen vor (z.B. Kohlefadenlampen, schwachleuchtende Leuchten gem. § 8LeuchtmStG); ebenso Zollgesetze. Steuerpflichten:Das inländische Angebot (das „In-Verkehr-Bringen“ oder die „Einfuhr“) von Produkten, die einer Ver- brauchsteuerunterliegen, löst beim Hersteller oder Importeur das Entstehen von Verbrauchsteuerschulden sowie entsprechenden Anmelde-, Aufzeichnungs- und Abführungspflichten, ferner das Unterwerfen unter eine spezielle Steueraufsicht aus. Steuerliche Folgen der Verbrauchsteuerpflicht können auch besondere Verkehrsund Verwendungsbeschränkungen, Ver- packungs- und Kennzeichnungspflichten und das Halten besonderer Einrichtungen (z.B. Steuerlager) sein. Die Verbrauchsteuerpflicht betrifft derzeit insb. die Herstellung und die Einfuhr folgender Produktarten: Bier, Branntwein, Kaffee, Leuchtmittel, Mineralöle, Salz, Schaumweine, Tabake, Tee und Zucker. Bestimmte Leistungen werden auch speziellen Verkehrsteuern unterworfen. z.B. Versicherungsteuer, Renn-, Wett- und Lotteriesteuer, Grunderwerbsteuer. Schließlich bestimmen Produktgattung und einzelne Produktmerkmale häufig die inoderausländische Zollpflichtig Zoll). Unterschiedliche Steuersätze: Streng produktabhängig ist die Höhe des Umsatzsteuersatzes (vgl. § 12 UStG, Umsatzsteuer), enthält docnz. B. die Anlage zu § 12 UStG eine abschließende Aufzählung von Gegenständen, deren Lieferung, Eigenverbrauch und Einfuhr nur mit dem ermäßigten Steuersatz (z. Z. 7%) belastet wird. Produktabhängig differenziert sind auch die Durchschnittssätze für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Produktumsätze (§ 24 UStG). Die sortimentsbedingte Anwendung unterschiedlicher USt-Sätze bewirkt zudem einige Erschwernisse in der Abrechnung und Aufzeichnung (vgl. §§ 14,22UStG). Produktabhängig ist auch regelmäßig die Höhe der Verbrauchsteuern: Bei Bier unterscheiden sich die Steuersätze nach der durch denStammwürzegehaltbestimmtenBiergat- tung (Einfach-, Schank-, Voll-, Starkbier gem. § 3 BierStG), die Leuchtmittelsteuer differenziert nach der Watt-Leistung (§ 2 LeuchtmittelStG), die Schaumweinsteuer nach dem Kohlensäureüberdruck (§§ 1, 2 SchaumwStG), die Tabaksteuer nach der Tabakart (§ 4 TabStG) oder die Zuckersteuer nach dem Reinheitsgrad (§ 3 ZuckerStG). In in- und ausländischen Zolltarifen sind produktgattungs- und produktmerkmals- spezifiscne Zollsätze für die zollpflichtigen Waren festgelegt. Gewerbesteuerlich kann die Produktpro- grammpolitik auch den Zerlegungsmaßstab des § 29 GewStG und damit die anzuwendenden Hebesätze beeinflussen, weil für die Einordnung als „Wareneinzelhandelsunter- nehmen“ die ausschließliche Leistungsart, die Produkte und das Abnehmersegment entscheidend sind (vgl. § 33 GewStDV; Abschn. 114 GewStR). Steuerabzugsbeträge: Die Ausführung steuerfreier Umsätze kann umsatzsteuerlich zum Ausschluß von der Berechtigung zum Vorsteuerabzug oder - bei gemischten Umsätzen - zur Aufteilung der Eingangs-USt (Vorsteuer) führen (vgl. § 15 UStG und Umsatzsteuer). Bei bestimmten nicht buchführungspflichtigen Handwerkern, Gewerbetreibenden und Freiberuflern ist die Höhe der Vorsteuerpau- schalierung von deren Leistungsart und deren Uberwiegen abhängig (vgl. §§ 69, 70 UStDV). Die Produkt- und Sortimentspolitik bestimmt auch die Art der Ermittlung der Steu- erbemessungsgrundlagen „Gewinn“ und „Einheitswert“, denn Gewinn- und Einheitswertermittlung unterscheiden sich bei land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen und freiberuflichen Leistungsprogrammen (§§ 13, 13a; 4 Abs. 1, 3 i.V.m. 18; 5 V. m. 15 EStG; 33 ff., 95 ff, 110 ff. BewG). ad
(2) Steuerliche Relevanz bestimmter Produkteigenschaften beim Abnehmer gehen z.B. von der Kfz-Steuer aus, die sich u.a. nach den Produktmerkmalen „Hubraum“, „Schadstoffarm“, „Gesamtgewicht“, „Achsenzahl“ und „Antriebsart“ (§§ 3 b, 8, 9 KraftStG) bemißt. Sie wird damit für die Produktgestaltung der Kfz-Herstcller und den Persönlichen Verkauf der Händler marketingrelevant. Ferner knüpfen bestimmte Bewertungsfreiheiten (erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen) an bestimmte Produkte und Produktmerkmale an (z.B. §§ 76, 78,80, 81, 82 a, 82 d EStDV, 14,14 b BerlinFG). Schließlich erhalten westdeutsche Abnehmer von Lieferungen Berliner Unternehmer u.U. einen Kürzungsanspruch bei der Umsatzsteuer (§ 1 BerlinFG); jedoch sind bestimmte, in § 4 BerlinFG aufgeführte Produkte hiervon ausgeschlossen. Das gilt auch für sog. Innenumsätze zwischen Betriebsstätten in Berlin und Westdeutschland(§ laBerlinFG).
Literatur: Feuerlein, H.-D., Die Beziehungen zwischen absatzpolitischen Entscheidungen und der Besteuerung, Düsseldorf 1981. Rose, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Wiesbaden 1986. Schöne, W.-D., Diversifikation und Besteuerung, Berlin 1975.
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