neuere An sätze der Bilanztheorien, Kapitalerhaltungsorientierte Bilanzkonzeptionen, zukunftsorientierte Bilanzkonzeption, » Antibilanzkonzeptionen
häufig mit dem Begriff Bilanztheorie gleichgestellt, beschäftigen sich mit der zweckmässigen Ausgestaltung der Bilanz, d.h. mit deren formalem Aufbau und Gliederung sowie der Deutung ihres Inhalts einschl. der Bewertung und Erfolgsermittlung. Die Zweckmässigkeit und adäquate Ausgestaltung bestimmter Instrumente (mithin auch der Bilanz) lässt sich nur vor dem Hintergrund spezifischer, mit den jeweiligen Instrumenten verfolgter Ziele beurteilen. Dementsprechend muss sich die Bilanztheorie an dem am Jahresabschluss interessierten Personenkreis (Bilanzadressaten) orientieren und nach dessen Bedürfnissen und Ansprüchen fragen. Als potentielle Bilanzadressaten kommen in erster Linie Unternehmensführung, Anteilseigner, Gläubiger, Fiskus, Arbeitnehmer und die Öffentlichkeit in Betracht. Für die Unternehmensleitung ist die Bilanz (bzw. der Jahresabschluss) infolge ihres Zugriffs auf interne und deshalb aktuellere und aussagefähigere Daten von untergeordneter Bedeutung. Sie kann jedoch in Gestalt von Regelungen zur Selbstinformation im Drittinteresse und in Form von erfolgsausweisabhängigen Einkommensinteressen gewisse Relevanz erlangen. Demgegenüber besitzen die Anteilseigner wegen ihrer Mitgliedschafts- und Mitverwaltungsrechte ein besonderes Informationsinteresse, das sich zum einen auf die Rechenschaftslegung über die dem Unternehmen zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel und zum zweiten auf die aus der finanziellen Beteiligung zu erwartenden Zahlungen erstreckt. Sie müssen durch den Jahresabschluss bzw. durch die Bilanz über die Lage und Entwicklung der Gesellschaft in Kenntnis gesetzt werden, so dass sie ihren Eignerentscheidungen (Kauf- bzw. Verkauf von Beteiligungsanteilen) und Mitverwaltungsrechten (z.B. Entscheidung über die Höhe der Gewinnausschüttungen) nachkommen können. Das Informationsinteresse der Gläubiger (Darlehensgeber und Lieferanten) gründet sich auf das Streben nach Erhaltung von Einkommen und Vermögen, insb. auf die Vermeidung von Vermögensverlusten. Deshalb sind die Gläubiger vor allem an einer Verhinderung von Vermögensverlagerungen vom haftenden in den nichthaftenden Bereich (Gläubigerschutz) sowie an Informationen über bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeiten anderer Gläubiger im Konkurs- oder Vergleichsfall interessiert. Die Informationsbedürfnisse des Fiskus beschränken sich auf den möglichst zutreffenden Ausweis von Erfolg und Vermögen, um die Besteuerung nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Die zu diesem Zweck erforderliche Rechnungslegung erfolgt durch spezielle, nach steuerlichen Vorschriften erstellte Jahresabschlüsse (Steuerbilanz), die aber infolge des Massgeblich- keitsprinzips eng mit der handelsrechtlichen Rechnungslegung verbunden sind. Aus der Interessenlage der Öffentlichkeit kann demgegenüber kein konkreter Informationsanspruch und können demzufolge auch keine spezifischen Anforderungen an die Bilanzgestaltung abgeleitet werden, wenngleich bestimmte Publizitätsansprüche eine gewisse Kontrollfunktion mit regulativer Wirkung ausüben. Auch die Interessen der Arbeitnehmer gehen weit über die Möglichkeiten externer Rechnungslegung hinaus und sind daher durch andere Informations- und Mitwirkungsinstrumente (z.B. Betriebsverfassung, Mitbestimmung, Personalvertretungsrecht) zu befriedigen. Aus den heterogenen Interessen der verschiedenen Bilanzadressaten lassen sich unterschiedliche Anforderungsprofile an eine zweckmässige Bilanzgestaltung ableiten. Dementsprechend haben sich je nach Gewichtung der einzelnen Ansprüche divergierende Bilanzauffassungen herausgebildet, die sich durch ihre primär mit der Bilanz verfolgten Zwecke und die daraus folgenden Gliederungs-, Bewertungs- und Bilanzierungsregeln unterscheiden: (1) Bei der statischen Bilanzauffassung steht der Gesichtspunkt des Vermögensausweises, d.h. die Darstellung und Gegenüberstellung von Beständen an Vermögen und Schulden an einem Stichtag im Vordergrund. (2) Die dynamische Bilanzauffassung sieht den Hauptzweck der Bilanz in der Ermittlung eines vergleichbaren Periodenerfolgs durch Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag. (3) Die organische Bilanzauffassung lehnt die einseitige Orientierung am Vermögensoder Erfolgsausweis ab und versucht, beiden Zielen gerecht zu werden. (4) In der kapitaltheoretischen Bilanzauffassung steht die Frage der Gewinnermittlung, d.h. die rechnerische Herleitung eines unter ökonomischen Gesichtspunkten entnahmefähigen Betrages, im Mittelpunkt des Interesses. (5) Die informationsbezogene Bilanzauffassung lehnt den herkömmlichen Jahresabschluss wegen unzureichender Berücksichtigung der Interessenlage der Bilanzadressaten ab. Sie versucht den Aussagegehalt des Jahresabschlusses durch zusätzliche andere Rechenwerke zu steigern. Literatur: Coenenberg, A. G., Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 12. Aufl., Landsberg a. Lech 1991. Egner, H., Bilanzen, München 1974. Moxter, A., Bilanzlehre: Bd. 1, Einführung in die Bilanztheorie, 3. Aufl., Wiesbaden 1984.
Vorhergehender Fachbegriff: Bilanzauffassung von Hasenack | Nächster Fachbegriff: Bilanzänderung
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|