Internet-Marktplatz auf dem Ware verkauft und eingekauft werden kann. Um das Internet erfolgreich zur Warendistribution zu nutzen, müssen völlig neue Marketingkonzeptionen entwickelt werden. Ein typisches Beispiel für Online-Auktionen ist ricardo.de, aktiv in Deutschland, England, Frankreich, Skandinavien und Italien. Das Kerngeschäft des Unternehmens beruht auf verschiedenen Auktions-Formaten: Bei den beiden Business-to Consumer-Auktionen tritt ricardo.de selbst als Anbieter auf. Im Privat-Channel handeln Privatleute untereinander mit Waren. Seit Anfang des Jahres 2000 bietet das Unternehmen auch im Business-to-Business-Bereich eine Handelsplattform an. ricardo.de entwickelte eine Strategie, mit der ein möglichst großes Publikum angesprochen und für den noch weitgehend unbekannten Einkaufs- und Vertriebsweg dauerhaft begeistert werden sollte. Die Ziele
- Neukundengewinnung und
- Kundenbindung
sollen über eine starke Markenbekanntheit erreicht werden. Das Konzept sah deshalb vor, dass
- das Markenprofil ein besonders hohes Image aufbaut. Damit sollte das Preisniveau der angebotenen Waren erhöht und Kunden mit hoher Kaufkraft angelockt werden.
- Online-Auktionen als neuer Absatz- und Einkaufsweg den Kunden als Erlebnisfaktor näher gebracht und dauerhaft Interesse geweckt werden sollte.
- Die Marke ricardo.de sollte künftig mit einem hohen Entertainment-Faktor assoziiert werden.
Das Geschäftsmodell von ricardo.de baut auf vier Säulen auf. Gezielt wurden dabei unterschiedliche Auktions-Formate entwickelt, die sich gegenseitig ergänzen. Dadurch sollten zusätzliche Crossmarketing-Effekte erzielt werden. Bei den Business-to-ConsumerAuktionen tritt ricardo.de selbst als Anbieter auf. Live-Auktionen sollten — imagefördernd — die Erlebnisdimension von Versteigerungen noch verstärken. So entwickelte ricardo.de ein Modell, bei dem Auktionen im Internet live moderiert werden und dem Verbraucher das Gefühl geben, unmittelbar dabei zu sein. Angeboten werden sowohl Massenprodukte als auch exklusive Artikel. Kundenbefragungen brachten nach der Einführungszeit folgende Ergebnisse:
- Live-Auktionen erhöhen die Verweildauer auf der Webseite.
- Der Unterhaltungswert stärkt die Kundenbindung.
Die Live-Auktionen funktionieren folgendermaßen: Nach einer Anmeldung kann jeder per Mausklick mitsteigern. Das Gebot mit dem eigenen Namen erscheint umgehend auf dem
Bildschirm aller Teilnehmer. Ein Moderator kommentiert die Gebote und sorgt durch persönliche Ansprache und Kommentare für die gewünschte Atmosphäre. Beim Nonstop-Channel finden ebenfalls Versteigerungen von Markenartikeln statt, allerdings werden höhere Volumina abgewickelt, denn viele Auktionen laufen parallel. Niedrigpreisige Produkte gleichen sich in der Masse der abgesetzten Artikel aus. Der durchschnittliche Transaktionswert liegt bei 380 €. Da nicht nur der Meistbietende, sondern auch Bietende mit dem nächsthöchsten Gebot den Zuschlag erhalten, stellt sich der Vertriebskanal besonders bei Massenprodukten mit hoher Gewinnspanne als profitabel dar. Die Versteigerung beginnt auf einem Level zwischen 10 und 25 Prozent des empfohlenen Ladenverkaufspreises. Dadurch kommt die Auktion in Gang und die Preise gelangen letztlich meist auf das Niveau des günstigen Fachhandels. Niedrig-preise durch Nachfragedefizite erhöhen die Attraktivität des Nonstop-Channels. Bei Private-to-Private-Auktionen ist das Einstellen der Ware kostenlos. ricardo.de nimmt eine Gebühr für erfolgreich durchgeführte Auktionen. Die Gebühr richtet sich nach dem Wert der Ware. Der durch schnittliche Wert einer Ware liegt hier bei 200 €. Bei diesem Auktionstyp stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass privaten Verbrauchern die Sicherheit im elektronischen Handel besonders wichtig ist. Deshalb baute ricardo.de das Modell aus
- Benutzername und Passwort validieren das eigene Gebot.
- Ein Bewertungssystem sorgt dafür, dass die Kunden nach erfolgreichem Kauf ihre Handelspartner beurteilen können.
Bei Business-to-Business-Auktionen liegt die Orientierung am Bedarf der Unternehmen, im Zeitalter der Globalisierung der Märkte ihre Waren weltweit anbieten zu können. Ihnen wird auf neun Handelsplätzen die Möglichkeit geboten, untereinander Geschäfte zu betreiben. Die Business-Zielgruppe wird mit einem speziellen Konzept angesprochen: eine Verknüpfung von
- Warenangebot mit
- allgemeinen Wirtschafts- und
- speziellen Brancheninformationen sowie einer Möglichkeit zum
- Meinungsaustausch.
Neben den traditionellen Auktionen werden auch Bartergeschäfte, Geschäfte mit Fixpreisen und Mischformen angeboten. Wichtigste Voraussetzung für den Aufbau und die Bekanntheit auch einer Internet-Marke ist ihre permanente Bewerbung. ricardo.de setzte dafür fast durchgehend auf eine intensive Präsenz in Offline-Medien. Bei der Werbung im TV wurden verschiedene Konzepte getestet.
- Im Zuge des Börengangs schaltete ricardo.de konventionelle Werbespots auf n-tv, die besonders die Werthaltigkeit und das Potenzial des Unternehmens herausstellen sollten.
- Um Neukundengewinnung ging es in den ausgefallenen Werbespots auf Pro Sieben und Kabel 1. Ziel war es, nicht allein die typische Computerklientel anzusprechen, sondern das breite Massenpublikum.
- Im Rahmen einer Kooperation mit der Harald Schmidt Show werden regelmäßig Gegenstände aus der Show versteigert. Damit sollten Zielgruppen vom Medium Fernsehen ins Online-Medium transferiert und dadurch neue Absatzgruppen erschlossen werden.
Bei der Printwerbung war es wichtig, so wenig wie möglich finanzielle Mittel zu binden. Schwerpunkte wurden deshalb Kooperationen und Gegengeschäfte. Neben den klassischen Computer- und Online-Zeitschriften wirbt ricardo.de auch in Publikumszeitschriften. Bestandteil des Konzepts ist ein Abkommen, wonach ricardo.de bei Medien-Kooperationspartnern Werbefläche für Printanzeigen erhält. Die erhalten im Gegenzug Bannerplätze auf den Webseiten des Auktionshauses. Markenartikler können sich zudem auf ganzseitigen Anzeigen von ricardo.de in Publikumszeitschriften beteiligen, um dort für ihre über das Auktionshaus angebotenen Waren zu werben. Bei Online-Werbung setzt ricardo.de ebenfalls auf Tauschgeschäfte. Der Bannertausch mit anderen Werbekunden soll gegenseitig Internet-Surfer auf die Seiten des Partners führen. Ein wichtiger Aspekt innerhalb der Absatzstrategie war die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern. Durch sie sollten Synergieeffekte in der Neukundengewinnung und Kundenbindung erzielt werden. Das Unternehmen ging gezielt auf die Suche nach »Idealpartnern«, die eine führende Position in ihrem Marktsegment einnehmen. Von der Publizität, die durch die Zusammenarbeit zweier Kooperationspartner erreicht würde, sollte ein Imagegewinn für alle Beteiligten abfallen.
Mediapartner sorgten dafür, dass ricardo.de ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte. Für den gegenseitigen Austausch der Werbeplattformen konnte zunächst der Verlag Gruner + Jahr gewonnen werden. Über ihn sollen Konsumenten im technisch aufgeschlossenen Lifestyle-Bereich angesprochen werden. Geplant sind Kooperationen mit weiteren Verlagen.
Durch Kooperationen mit Hörfunksendern wurden gezielt Regionen erschlossen und potenzielle Kunden an ihrem Arbeitsplatz erreicht. Gemeinsame Auktionen erzielten einen guten und kostengünstigen Werbeeffekt. Zur Neukundengewinnung wurden parallel Kooperationen mit Unternehmen aus anderen Marktsegmenten eingegangen. Ein erfolgreiches Beispiel ist hier die Zusammenarbeit mit der comdirekt bank, die die meistbesuchte Webseite in Deutschland betreibt. ricardo.de ist im Shop der comdirekt bank präsent und bietet im Gegenzug Produkte in einem gemeinsamen Auktions-Kanal an. Durch Vertriebskooperationen sicherte sich das Unternehmen günstige Beschaffungs- und Kommissionskonditionen, die einen Vorteil gegenüber den marktüblichen Bezugsbedingungen darstellen sollten.
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