Verfahren im Rahmen des Innovations- managements zur Prognose des Markterfolges von neuen Produkten vor deren Markteinführung. Er wird insb. im Kon- sumgüterbereich zum Testen von neuen Verbrauchsgütern eingesetzt. Neben der Prognose liefert der STM diagnostische Informationen, die zur Verbesserung des Testproduktes und/oder dessen Marketingplanung genutzt werden können. Innerhalb des Entwicklungsprozesses eines neuen Produktes wird der STM gewöhnlich als letzter Test zur Entscheidung über die Markteinführung (Go- oder No-Entscheidung) eingesetzt. Getestet wird immer das fertige Produkt inklusive Verpackung, Preis und Werbung im Umfeld aller konkurrierenden Marken. Zuvor sollten die Elemente des Marketingplans durch Partialtests (z.B. Produkt-, Verpackungs- oder Werbemitteltest) überprüft worden sein. In kritischen Fällen kann aufgrund des Testergebnisses auch eine On-Entscheidung erfolgen, z.B. Planrevision und erneuter Test. Der STM bildet heute, wie auch der Minitestmarkt oder der elektronische Testmarkt, eine Alternative zum klassischen (regionalen) Testmarkt, der durch die neueren Verfahren weitgehend verdrängt worden ist. Die Vorteile des STM sind insb. niedrigere Kosten (ca. 100 Tsd. EUR), schnellere Durchführung (ca. 10 Wochen), größeres diagnostisches Potential und Geheimhaltung von T es tprodukt und T estergebnissen gegenüber der Konkurrenz. Ein weiterer Vorteil ist seine Flexibilität und Mobilität, die ihn besonders auch für Tests im Ausland geeignet macht. Ein STM umfaßt sowohl die Erhebung von Daten in einem Teststudio wie auch computergestützte Methoden und Modelle für deren Analyse. Das Teststudio wird meist temporär an einem Ort mit repräsentativer Bevölkerungs- und Handelsstruktur eingerichtet, z. B. in einem Restaurant oder Hotel nahe einer Einkaufszone. Bei jeder Anwendung wird eine Stichprobe von 300-400 Personen aus der Zielgruppe des neuen Produktes rekrutiert. In besonderen Fällen können aber auch größere Stichproben sowie mehrere Teststudios in verschiedenen Städten zur Anwendung kommen. Die Testpersonen werden im Studio jeweils separat befragt. In einem Basisinterview werden zunächst Daten erhoben, die zur Abbildung des relevanten Marktes dienen und mittels derer ein Modell dieses Marktes kalibriert wird. Erfragt werden Markenbekanntheit, Markenverwendung, Kaufverhalten, Präferenz- und Einstellungsdaten für existierende Marken sowie demographische Merkmale. Im folgenden Verlauf der Erhebungwird der Adoptionsprozeß des neuen Produktes (Wahrnehmung, Erstkauf, Einstellungsbildung, Wiederkauf) simuliert. D ies gestaltet sich wie folgt: Werbesimulation: Mittels Video wird jeder Testperson ein Werbeblock vorgeführt, in den neben Werbung für die wichtigsten Konkurrenzprodukte auch ein Werbespot für das neue Produkt einmontiert ist. In der W erbesimulation erfolgt eine erste Wahrnehmung des neuen Produktes durch die Testperson. Kauf Simulation: In einem Mini-Markt (im Studio) erhalten die Testpersonen anschließend Gelegenheit, in der Produktklasse einzukaufen. Neben den konkurrierenden Produkten wird hier auch das neue Produkt angeboten. Den Testpersonen wurde zuvor ein Geldbetrag ausgehändigt, den sie beim Einkauf verwenden können. Die Kaufsimulation dient primär zur Schätzung der Erstkaufrate (Penetration) des neuen Produktes. Home-Use-Test: Die Testpersonen verwenden das Testprodukt zu Hause über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Die Länge dieser Erprobungsphase ist abhängig von der Verbrauchsdauer bzw. Kauffrequenz in der Produktklasse. Der Home-Use-Test gibt der Testperson Gelegenheit, das neue Produkt unter realen Bedingungen kennenzulernen und eine Einstellung zu diesem zu entwickeln.
2. Studio-Test: Nach Ablauf der Erprobungsphase werden die Testpersonen erneut ins Studio geladen. Die Präferenz- und Einstellungsmessungen, die bereits im
1. Studio durchgeführt wurden, werden jetzt unter Einschluß des Testproduktes wiederholt (Nachinterview). Diese Messungen dienen der Prognose des Wiederkaufverhaltens wie auch der Diagnose von Stärken und Schwächen des neuen Produktes. Eine
2. Kaufsimulation sowie weitere diagnostische Fragen (z.B. Likes/Dislikes) können sich anschließen. Externe Informationen müssen in das System zwecks Berücksichtigung von Distribution und W erbestreuung eingebracht werden. Das Analyseverfahren des STM bildet ein System von Methoden und Modellen, mit deren Hilfe ermittelt wird, wie sich das Testprodukt (im Falle seiner Einführung) in den existierenden Markt einfügt. Neben der Marktanteilsprognose für das neue Produkt wird errechnet, wie sich die Marktanteile der existierenden Marken verändern (Substitutions- bzw. Kannibalisierungeffekte), welche Faktoren den Marktanteil bestimmen und wo die Stärken und Schwächen des Test- produktes im Vergleich zu den konkurrierenden Produkten liegen. Durch geeignete Testanordnungen können auch alternative Produktvarianten oder Werbekonzeptionen überprüft werden. Erweiterungen und Varianten des STM wurden zum Testen von Relaunch-Produkten und Line-Extensions, für die simultane Einführung mehrerer neuer Marken, für neuartige Produkte, die sich in keine existierende Produktklasse einordnen lassen, oder für die Ableitung von Preis-Re- aktionsfunktionenentwickelt. Die Entwicklung der Testmarktsimulation wurde Ende der 60 er Jahre in den USA durch den Laboratory Test Market von Daniel Yankelovitch eingeleitet. Seitdem wurden zahlreiche T estmarktsimulatoren entwickelt und das Instrumentarium wurde ständig erweitert und verfeinert. In Europa werden insb. folgende Verfahren angeboten: TESI (G&I Forschungsgemeinschaft für Marketing, Nürnberg), SENSOR (Research International, London) und das in den USA besonders verbreitete ASSESSOR, welches hier unter dem Namen DESIGNOR (No- vaction, Paris) vermarktet wird. Ein ähnliches Verfahren, das in Europa breite Anwendung gefunden hat, ist BASES II (Burke MarketingResearch). B. E.
Literatur: Erichson, B., TESI: Ein Test- und Prognoseverfahren für neue Produkte, in: Marketing ZFP, Heft 3 (1981), S.201-207. Silk, A.J. Urban, G. L., Pre-Test-Market Evaluation of NewPacka- ged Goods: A Model and Measurement Methodo- logy, in: Journal of Marketing Research, (May 1978),S. 171-191.
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