Teilgebiet der Volkswirtschaftslehre, dessen Untersuchungs- und Erklärungsgegenstand die räumliche (regionale) Verteilung der Wirtschaftssubjekte und deren wirtschaftlich relevante Aktivitäten darstellt. Abhängig vom Ansatzpunkt der Analyse lässt sich die Raumwirtschaftstheorie unterteilen in eine "regionale Mikroökonomik" (Standorttheorie) und eine "regionale Makroökonomik". Die einzelwirtschaftliche Raumwirtschaftstheorie blickt auf eine lange Tradition zurück: Bereits 1826 lieferte Johann Heinrich von Thünen eine Erklärung für die Standortwahl eines landwirtschaftlichen Betriebes und die Intensität seiner Bodenbewirtschaftung (primäre Produktion). Ausgehend von einem einzigen zentralen Absatzort leitet er konzentrische Kreise abnehmender Intensität der Bodenbewirtschaftung bei zunehmender Entfernung vom Absatzort her, die sog. Thünenschen Kreise. Die Standortwahl von Unternehmen der sekundären Produktion (Industriestandorte) hat eine erste Erklärung durch Alfred Weber (1909) mit Hilfe des Transportkostenminimalpunktes erfahren (Standort). Walter Christaller (1933) und August Lösch (1946) schufen mit ihren Grundmodellen die Basis für eine Standorttheorie der Unternehmen des tertiären Sektors (Handelsbetriebe etc.). Eine Region wird demnach bestmöglich und lückenlos, von zentralen Orten aus, mit tertiären Gütern versorgt, wenn die Absatzgebiete die Gestalt von Sechsecken haben. Von diesen betrieblichen Standortentscheidungen zu unterscheiden sind eigenständige Standortüberlegungen der privaten Haushalte (Standort). Schliesslich müssen auch die Marktmodelle um die räumliche Dimension erweitert werden, wobei je nach Zahl und Streuung der Anbieter und/oder Nachfrager über den Raum. die Voraussetzungen eher für eine Konkurrenzpreisbildung (viele Wirtschaftssubjekte an einem Ort) oder für eine Monopolpreisbildung mit regionaler Preisdifferenzierung gegeben sind, vgl. dazu die Modelle von Leonhard Miksch (1953) oder die Modelle des interregionalen bzw. internationalen Handels. Drei einander ergänzende Fragestellungen beschäftigen die gesamtwirtschaftliche Raumwirtschaftstheorie, die jedoch auf unterschiedliche Aggregatgrössen des Raumes (Landesteile, Stadtregionen etc.) bezogen werden kann: Wie kann die räumliche Struktur einer Stadt- oder Volkswirtschaft beschrieben und erklärt werden? Neben die erweiterten Modelle von Christaller und Lösch, die ein differenziertes Bild der ökonomischen Landschaftsstruktur liefern, ist in diesem Bereich in. jüngerer Zeit die Regionalisierung des volkswirtschaftlichen Kreislaufs getreten, die u. a. die Grundlage für die Darstellung des Regionalprodukts liefert. (3) Wie können die räumlichen Niveauunterschiede einer Volkswirtschaft beschrieben und erklärt werden? Vor allem die Einkommensdisparitäten sind in diesem Fragenkomplex ein häufig untersuchter Sachverhalt, dessen Erklärung etwa mit der Exportbasistheorie versucht wurde. (4) Von welchen Determinanten hängt die räumliche Entwicklung einer Stadt- oder Volkswirtschaft ab und welche Ursachen und Ausmasse haben regionale Konjunkturschwankungen und Wachstumsraten? Nebeneinander stehen hier die Erklärungsansätze etwa der neoklassischen Wachstumstheorie, orientiert an regionalen Produktivitätsunterschieden der Produktionsfaktoren und ihrer unterschiedlichen regionalen Mobilität, sowie die Theorie der Wachstumspole, die regionales Wachstum auf die dominierende Industrie zurückführt. Mit der Komplexität der Modelle der regionalen Makroökonomik wächst auch die Schwierigkeit der Analyse der involvierten Probleme. Literatur: v. Böventer, E., Standortentscheidung und Raumstruktur, Hannover 1979. Buttler, F.I Gerlach, K.ILiepmann, P., Grundlagen der Regionalökonomie, Reinbek bei Hamburg 1977. Richardson, H. W, Regional Economics, 2. Aufl., London 1976. Richardson, H. W., Regional Growth Theory, London 1973.
(Raumwirtschaftslehre, Regionalwirtschaftstheorie) Gebiet der ökonomischen Theorie, in dem die räumliche Dimension des Wirtschaftens behandelt wird. I.e.S. handelt es sich dabei um die Analyse der Standortentscheidungen der Unternehmen und Haushalte (Standorttheorie); Raumwirtschaftstheorie ist also Mikroökonomik mit räumlichem Aspekt bzw. räumliche Preistheorie. I.w.S. zählt dazu jedoch auch die Regionalwissenschaft als räumliche Makroökonomik. Inhaltlich ist die allgemeine Wirtschaftstheorie ein Spezialfall der Raumwirtschaftstheorie i.e.S., da i.d.R. Transportkosten in Höhe von Null und vollständige Mobilität aller Produktionsfaktoren und Güter unterstellt werden. Die räumliche Makroökonomik (Regionalwissenschaft) berücksichtigt i.d.R. keine Transportkosten, jedoch Güter- und Faktorbewegungen und untersucht die Beziehungen zwischen Regionen, die dimensionslose, diskret verteilte Punkte darstellen. Mit dieser Annahme unterscheidet sie sich von der - Außenhandelstheorie, die i.d.R. Faktorbewegungen und Transportkosten vernachlässigt. Über die Berücksichtigung von Transportkosten und Agglomerationseffekten wird die räumliche Ausdehnung der Wirtschaft in der Theorie erfaßt. Transportkosten führen zu räumlich unterschiedlichen Preisen (LAUNHARDTscher Trichter), zur Frage nach dem optimalen Standort eines Anbieters in bezug auf die Nachfrager und Lieferanten und zur Frage der optimalen Verwendung eines Grundstücks für verschiedene Nutzungen (Standorttheorie) und schließen vollständige Konkurrenz zwischen den einzelnen Anbietern und Nachfragern vielfach aus. Transportkosten beeinflussen schließlich auch die Struktur der Landschaft (Raumstruktur), die räumliche Verteilung verschiedener Produktions- und Konsumaktivitäten auf Zentren unterschiedlicher Größe. Die - Extemalitäten, die durch räumliche Nachbarschaft verschiedener wirtschaftlicher Aktivitäten entstehen (Agglomerationsvor- und -nachteile, -# Standortfaktoren) sind in die Raumwirtschaftstheorie wesentlich schwieriger einzubauen als die Transportkosten, allerdings zur Erklärung des Standortverhaltens und der - Raumstruktur in der Realität sehr viel wichtiger. Literatur: Hoover, EM., Giarratani, F. (1984). Dean, RD., Leahy, W.H., McKee, D.L. (1970). v. Böventer, E. (1962b)
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