1. Ziele des internationalen Controlling Die Ziele des internationalen Controllings ergeben sich aus den Kontext der internationalen Unternehmensführung: Die unternehmensinternen und -externen Einflussfaktoren, mit denen sich die internationale Unternehmensführung auseinander zu setzen hat, lassen sich zu folgenden Merkmalen zusammenfassen: · Komplexität: Anzahl, Verschiedenartigkeit und Interdependenz der relevanten Umfeldtatbestände, die bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sind · Dynamik: zunehmend schnellere und häufigere Veränderung des Unternehmensumfeldes, die zudem unterschiedlich stark, unregelmässig und diskontinuierlich auftreten, was ständige Anpassung und Ergänzung der operativen Führung durch strategische Planung und Steuerung erfordert · Differenziertheit: Ausbildung von Subsystemen des Unternehmens, deren Identität sich von der Identität des Gesamtunternehmens unterscheidet, sodass es gilt, deren Eigendynamik zu begrenzen und die Gesamtinteressen zu stärken. Daraus ergibt sich wiederum die generelle Zwecksetzung des internationalen Controllings, die in der Sicherung und Erhaltung der Koordination-, Reaktion- und Adaptionsfähigkeit der Führung internationaler Unternehmen besteht. Angesichts des durch die Globalisierung, die Deregulierung und technologischen Entwicklungen latenten Wandels im Umfeld internationaler Unternehmen ist die Bedeutung einer effektiven Strategieformulierung und einer effizienten Strategieumsetzung in der jungen Vergangenheit ständig gewachsen. Die strategische Steuerung internationaler Unternehmen ist ein dynamischer und bedeutsamer Aspekt des internationalen Managements geworden, der durch eine entsprechende Ausgestaltung des strategischen Controllings auf allen Unternehmensebenen zu unterstützen ist, sodass die Strategieintegration heute ein dominantes Controllingziel geworden ist. Daneben haben einflussreiche Stakeholder wie die Börsenöffentlichkeit und Analysten die Wertorientierung in das Zentrum der finanziellen Unternehmensziele gerückt. Das internationale Controlling hat hierauf durch die Einrichtung von Systemen der Wertorientierung reagiert, die versuchen, die interne Steuerung und die Preisbildung der Aktienkurse an den Kapitalmärkten konzeptionell zu integrieren. Da Wachstum, Rendite und Risiko in Wertzielen als generische Treiber integriert werden, ist die Wertorientierung ein sehr weitreichendes und tragendes Steuerungskonzept für internationale Unternehmen. Als sekundäre Ziele des Controllings werden die Effizienz der Controllingprozesse, die Qualität der Informationen und die Akzeptanz des Controllings als Managementinstrument laufend reflektiert und diskutiert (Dauen 2005; Pfläging 2003).
2. Dimensionen des internationalen Controlling Die Dimensionen des internationalen Controllings können durch die jeweils betroffenen thematischen Schwerpunkte des Controllings beschrieben werden. Als Controllingobjekte im internationalen Controlling treten
(1) der Produkt-/Marktbereich,
(2) das Bereichs- und Funktionscontrolling und
(3) das Projekt- und Prozesscontrolling auf. In multinationalen Unternehmen gewinnt die Komplexitätsreduktion und -beherrschung beim betrieblichen Leistungsangebot wegen der regionalen Produktanpassungen an Bedeutung. Die Errechnung von konsolidierten Herstell- und Selbstkosten ist bei der Existenz gegenseitiger Lieferverflechtungen in multinationalen Unternehmen eine relevante Information zur Beurteilung regionaler Markterfolge. Im Einklang mit der Wertorientierung auf der Ebene der finanziellen Steuerung gewinnen Kundenwertkonzepte zaghaft an Bedeutung, die als mehrperiodische Potenzialanalysen durchgeführt werden. Die Wertorientierung internationaler Unternehmen hat zur Folge, dass eine interne Segmentierung nach Profitcentern nicht mehr ausreicht, weil zumindest das wirtschaftlich gebundene Kapital in die Ermittlung des Unternehmens(bereichs-)wertes zu erfolgen hat. Deshalb werden eigenständige Wert(entstehungs-)bereiche immer im Minimum als Investmentcenter zu steuern sein. Durch die beschriebene Strategisierung der internationalen Unternehmensführung hat das Projektcontrolling und das Programmcontrolling eine wachsende Bedeutung bekommen. Zwischen 10-20% der Gesamtbudgets internationaler Unternehmen werden für die Durchführung strategischer Programme und Projekte gebunden, weshalb sie regelmässig in einem eigenen, aber integrierten Subsystem des Controllings geplant und gesteuert werden. Eine noch unangemessen geringe Bedeutung hat das Prozesscontrolling in internationalen Unternehmen, Prozesskostenermittlungen werden häufig nur punktuell und nicht laufend durchgeführt (Fink 2003). In globalen Unternehmen ist die Steuerung aller Geschäftsprozesse eine Voraussetzung für die Bildung von globalen, kosten- und abwicklungsoptimierten Netzwerkstrukturen (Piechota 2005c). Davenport weist in diesem Zusammenhang auf die erkennbare „Commoditisierung” von strategisch nicht relevanten, indirekten Unternehmensprozessen hin, mit der für das internationale Controlling interessante Möglichkeiten des Benchmarkings und der Externalisierung strategisch unbedeutender Geschäftsprozesse einhergehen (Davenport 2005).
3. Organisation des internationalen Controlling Die Organisation des internationalen Controllings erfolgt häufig dreistufig: in den zentralen Vorstandbereichen zugeordneten Zentralbereichen finden sich in der Regel ein Zentralcontrolling, das die Rahmen setzende Kompetenz für das konzerneinheitliche Planungs-, Berichts- und Managementinformationssystem gegenüber den zentralen Controllingbereichen der Objektstrukturen (Sparten, Regionen, ...) hat (siehe Abbildung 1).
Dieses fachliche Weisungsrecht kann prinzipiell auf dezentrale Controllingbereiche der Objektstruktur durchgreifen, wird aber auch im Sinne einer Hierarchisierung an das zentrale Controlling der Objektstruktur delegiert, die diese Richtlinien und Verfahrensanordnungen ergänzen und spezifizieren, niemals aber konterkarieren können. Die disziplinarische Unterstellung aller Controllingbereiche erfolgt immer unter die jeweilige Linieninstanz, sodass eine spezifische Mehrfachunterstellung in den Controllingbereichen unterhalb des Zentralcontrollings gegeben ist. In den Controllingbereichen ist eine latente Schwerpunktverlagerung der jeweiligen Qualifikationen im internationalen Controlling zu erkennen. Im internationalen Controlling werden dezidierte Informationssysteme der Planung, Konsolidierung, Analyse und der Berichterstattung eingesetzt, was nach deren Einführung eine erhebliche Verlagerung von Datenbeschaffungs- und Datenverarbeitungsaufgaben weg hin zu Daten analysierenden, Information darstellenden und beratenden Tätigkeiten zur Folge hat. Damit wandeln sich auch die Anforderungen an Controllerinnen und Controller in diesem Bereich: Analytisch-konzeptionelle, Information darstellende und bewertende Fähigkeiten, kommunikative und prozessuale Kenntnisse werden wichtiger, die klassisch inhaltlichen Kenntnisse des nationalen Rechnungswesens werden Mindestanforderungen und verlieren zugunsten der Kenntnis und Beurteilungsfähigkeit internationaler Rechnungswesenssysteme an Bedeutung. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Abschlusserstellung nach US-GAAP, Balanced Scorecard, Benchmarking, Beteiligungscontrolling, Controlling, Grundlagen, Controlling, Informationssysteme, Dienstleistungscontrolling, Erfolgscontrolling, Finanzcontrolling, Internationale Rechnungslegung nach IFRS, Investitionscontrolling, Jahresabschluss nach deutschem Recht, Jahresabschluss nach schweizerischem Recht, Kennzahlen, finanzwirtschaftliche, Kennzahlen, wertorientierte, Konzernabschluss, Logistikcontrolling, Marketingcontrolling, Qualitätscontrolling, Risikocontrolling, Supply Chain Controlling.
Literatur: Axson: “Best Practices in Planning and Management Reporting - From Data to Decisions”, London 2003; Bissantz: “Aktive Managementinformation und Data Mining: Neuere Methoden und Ansätze”, in: Chamoni, Peter/Gluchowski, Peter, Analytische Informationssysteme: Data Warehouse, OnLine Analytical Processing, Data Mining, Berlin/Heidelberg/New York: Springer, 1998, S. 321-338; Buchner/Weigand: „Welche Planung passt zu ihrem Unternehmen?”, in: Controlling 13.Jg. (2001), Heft 8/9, S. 419-428; Daum (Hrsg.): „Beyond Budgeting — Impulse zur grundlegenden Neugestaltung der Unternehmensfilhrung und — steuerung”, München 2005; Davenport: „The Coming Commoditization of Processes” in: Harvard Business Review, June 2005; Dunning: “Multinational Enterprises and the Global Economy”, London 1992; Fink: „Prozessorientierte Unternehmensplanung”, Wiesbaden 2003; Gleissner,W./ Piechota,S.: „Advanced Controlling — Eine Ideenskizze”, in: Controller Magazin 5/2002, S. 496-500; Hostettler/Stern: „Das Value Cockpit. Sieben Schritte zur wertorientierten Führung für Entscheidungsträger”, Weinheim 2004; Kammer; „Reporting internationaler Unternehmen —Auswirkungen der Harmonisierung und der Konvergenz des Rechnungswesens in Europa”, Wiesbaden 2005; Müller-Stewens/Lechner: „Strategisches Management - Wie strategische Initiativen zum Wandel führen”, Stuttgart 2001; Pfläging: „Beyond Budgeting, Better Budgeting — Ohne feste Budgets zielorientiert führen und erfolgreich steuern”, Planegg/ München 2003; Piechota (2005a): „Wertorientiertes Controlling”, in: Controller-Leitfaden, September 2005; Piechota (2005b): „Mehrdimensionale Performance-Management-Systeme”, in: Finanz- und Rechnungswesen Jahrbuch 2005, Zürich 2005, S. 113158; Piechota (2005c): „Geschäftsprozessmanagement”, in: Controller-Leitfaden, Dezember 2005 Internetadressen: www.apqc.org; www.xbrl.org
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