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Zinsmanagement


1. Charakterisierung Unter Zinsmanagement versteht man die Operationalisierung, Quantifizierung und Steuerung der Zins(änderungs)risiken im Unternehmen. Dem Zinsmanagement wurde ursprünglich hauptsächlich im Bankenbereich Aufmerksamkeit gewidmet, wo Aktiv- und Passivseite der Bilanz zum grossen Teil aus Zins tragenden Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen und daher den hauptsächlichen Kosten-und Ertragsfaktor darstellen. Industrie- oder Dienstleistungsunternehmen werden von Zinsrisiken we­niger stark und im klassischen Fall überwiegend auf der Passivseite betroffen. Durch das Auftauchen derivativer Instrumente (Derivate) zur Steuerung von Zinsrisiken sowie die Globalisierung der Fi­nanzmärkte ist es aber auch für letztere Unternehmen interessant geworden, sich Fragen des Zinsma­nagements zu widmen.
2. Operationalisierung Unter Zinsrisiko, manchmal auch Zinsänderungsrisiko genannt, versteht man das Risiko, dass Zinssätze für ein Darlehen oder eine Anlage während der Laufzeit sich ändern. Bei Zinsänderungen für Forde­rungen spricht man von einem aktiven (auch: aktivischen) Zinsrisiko, bei Zinsänderungen für Verbind­lichkeiten von einem passiven (auch: passivischen) Zinsrisiko. Ein Zinsrisiko besteht auch, wenn die Zinsen der eigenen Darlehen und Forderungen zu Festsätzen abgeschlossen sind, während sich die Marktkonditionen verbessern. Aus den Parametern
(1) Zinsfixierung (fester/variabler Zins),
(2) Restlaufzeit einer Position und
(3) Währung ergeben sich folgende Typen von Zinsrisiken: Das einfache Zinsrisiko einer Änderung der Aktiv- und Passivzinsen, das Zins-Strukturrsiko, das auf einer unterschiedlichen Zusammensetzung von Aktiv- und Passivpositionen beruht. Das Strukturrisiko wird sich in einem internationalen Unterneh­men ausweiten auf ein „internationales Zinsrisiko”, das darin besteht, dass ein Ungleichgewicht der Währungen der abgeschlossenen Positionen mit unterschiedlicher Zins- und  Wechselkursentwick­lung hinzukommen kann.
3. Quantifizierung Zur Quantifizierung von Zinsrisiken gibt es verschiedene Ansätze, die aber im Wesentlichen darauf be­ruhen, dass Zins tragende aktive und passive Positionen hinsichtlich der drei o.g. Parameter (Zinsfixie­rung, Restlaufzeit, Währung) einander gegenüber gestellt werden. Bei einer Bank bestehen diese Positionen aus Einlagen, Ausleihungen und Wertpapieren, bei einem an­deren Unternehmen i.d.R. aus Handelsforderungen und Wertpapieren (Aktivseite) sowie langfristigen und kurzfristigen Krediten (Passivseite). Übersteigen die passiven Positionen die aktiven, so wird eine Zinserhöhung eine Gefahr für das Unternehmen darstellen, überwiegen die aktiven Positionen, so wird die Gefahr von einer Zinssenkung ausgehen. Auch von einer ausgeglichenen Bilanz werden Gefahren (wie auch Chancen) ausgehen, wenn Laufzeit und Währungen unterschiedlich sind. Zum Erkennen von Ungleichgewichten stehen folgende Instrumente zur Verfügung: Die Zinsbindungs­bilanz, welche alle diese Positionen wie eine Bilanz zu einem bestimmten Stichtag aufstellt und die Durationsanalyse, bei der die Positionen in einer Stromgrössenbetrachtung hinsichtlich ihrer Bindungs­dauer (insbesondere Restlaufzeit) und der daraus resultierenden Zinsreagibilität betrachtet. Mit einer Zinselastizitätenanalyse können bei beiden Verfahren Zins- und Währungsszenarios simuliert werden, um beispielsweise in einer value at risk Betrachtung einen maximal zulässigen Verlust zu ermitteln und dem Management eine Gegensteuerung zu empfehlen, bevor dieser Punkt erreicht ist. Hierzu können auch Verfahren der Prognose eingesetzt werden, die insbesondere auf längerfristigen volkswirtschaftli­chen Überlegungen basieren und die dementsprechend mit Unsicherheit behaftet sind.
4. Steuerung Die Steuerung bzw. das Management des Zinsrisikos im engeren Sinne muss sich in das Zielsystem des Unternehmens einordnen, d.h. es muss entschieden werden, ob grundsätzlich jedes Risiko vermieden werden soll, ob Risiken nur partiell (z.B. bei längeren Fristen oder bestimmten Währungen) abgesichert werden sollen oder ob das Unternehmen etwa durch aktives Zinsmanagement bestehende Chancen aus Zinsänderungen wahrnehmen möchte. Die klassische Vermeidungsstrategie stellt zunächst einmal ein Ausgleich von aktiven wie passiven Po­sitionen hinsichtlich Volumen und Laufzeit dar. Dies wird zum grossen Teil bei Banken angestrebt bzw. durch das Kreditwesengesetz (KWG) auch weitgehend gefordert. Bei Nichtbanken werden sich aber andere Zwecke im Vordergrund stehen, so dass ein Risikovermeider darauf angewiesen ist, für aktive und passive Positionen Festzinsen abzuschliessen. Hier ist das Management lediglich dem Risiko eines entgangenen Gewinns bei sich verbessernden Marktkonditionen ausgesetzt. Heute stehen mit den derivativen Instrumenten aber modernere Instrumente zur Verfügung, bei denen Zinsrisiken nicht nur partiell, sondern auch nach Wunsch innerhalb einer bestimmten Bandbreite abge­sichert oder „gehedgt” (Hedging) werden können. Diese Instrumente gibt es sowohl im Binnen­markt als auch auf den internationalen Finanzmärkten; sie haben aber durch ihre Orientierung an inter­nationalen Zinssätzen (wie dem  LIBOR,  EURIBOR etc.) meist einen globalen Charakter, auch wenn es sich um reine Euro-Finanzierungen handelt. Diese Instrumente kann man dem Kassamarkt, dem Terminmarkt und dem Optionsmarkt zuordnen. Dazu zählen in erster Linie: Zinsswaps (Swaps), Zins-/Währungsswaps,  Caps,  Floors und  Collars,  Forward-Rate Agreements (FRA),  Swaptions und Zins-Futures (Futures) in ihren verschiedenen Ausprägungen. Da es sich dabei um derivative Instrumente handelt, erwirbt man damit meist nur einen Anspruch bzw. eine Verpflich­tung auf eine kompensatorische Zahlung bei Zinsänderungen und sie können isoliert vom jeweiligen Grundgeschäft gekauft und gehandelt werden. Die Instrumente unterscheiden sich in erster Linie hin­sichtlich Preis und Absicherungswirkung. Es sind aber auch noch folgende Kriterien zu beachten: · Nebenkosten · Laufzeiten- und Volumenkongruenz mit dem abzusichernden Risiko. · Handelbarkeit (Fungibilität oder marketability) eines Instruments. · Haftung bei Ausfallrisiko durch Anbieter oder Clearingstelle. · Liquiditäts- und Bilanzwirksamkeit. · Erhöhung oder Verminderung anderer Risiken (zum Beispiel Wechselkursrisiko). · Flexibilität und Reversibilität eines Instruments (zum Beispiel sind Zinsoptionen flexibler als Futures, aber auch teurer). Da mit den meisten Instrumenten zunächst Kosten verbunden sind, steht die Frage der Kosten-/Nut­zenrelation im Vordergrund, die im Lichte der allgemeinen Risikostrategie des Unternehmens beurteilt werden muss. Eine totale Absicherung aller Risiken wird nicht nur höhere Kosten als eine partielle Ab­sicherung verursachen, sondern auch die Chancen von Gewinnmitnahmen ausschliessen. Hinweis Zu den angrenzenden bzw. vertiefenden Wissensgebieten siehe  Cash Flow,   Derivate,   Finanz­controlling,   Finanzinnovationen,  Forward-Rate Agreements (FRA), Forwards,   Futures,   Heding,   Kapitalflussrechnung,   Optionen,   Portfoliomanagement,   Risikocontrolling,   Swaps (siehe ab Kapitel „2. Zinsswaps” ff.), SwaptionWährungsmanagement.

Literatur: Arnold, Glen, Corporate Financial Management, London 2005; Büschgen Hans E., Interna­tionales Finanzmanagement, Frankfurt 1997; Wiedemann, Amdt, Hager, Peter, Zinsrisiko in Unter­nehmen: Die Entdeckung einer neuen Risikokategorie? In: Der Finanzbetrieb 11/04 S. 725-729; Stocker, Klaus, Internationales Finanzrisikomanagement, Wiesbaden 2006

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