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Schematische Darstellung des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Auch die Ehrlichkeit des Schuldners ist von großer Bedeutung. Hat er z. B. vor dem Verfahren falsche Angaben über seine Einkommens- und Vermögens-verhältnisse gemacht, um sich einen Kredit oder öffentliche Leistungen zu erschleichen oder um seine Gläubiger zu täuschen, oder macht er solche falschen Angaben während des Verfahrens, ist eine Restschuldbefreiung ausgeschlossen. (Außerdem muß er mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.) Das heißt, es müssen wirklich alle Karten auf den Tisch gelegt werden.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren hat vier Stufen, bei denen das gerichtliche Verfahren auf der zweiten Stufe des beschwerlichen und unter Umständen auch kostenintensiven Wegs zur Restschuldbefreiung beginnt.

Außergerichtliche Einigung. Bevor überhaupt ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird, muß ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern stattfinden. Diesen sollte man unbedingt von einer Schuldner- bzw. Insolvenzberatungstelle (Schuldner- und Insolvenzberatung) durchführen lassen, und zwar nicht nur wegen deren Erfahrung, sondern auch wegen deren Autorität gegenüber den Gläubigern. Für das Insolvenzverfahren ist die Mitwirkung einer solchen sogenannten »geeigneten Stelle« ohnehin vorgeschrieben. Jeder Schuldner sollte alles in seinen Kräften Stehende tun, um eine außergerichtliche Einigung zu ermöglichen. Sie erspart nicht nur Verfahrenskosten, sondern vielleicht auch ein mehrjähriges Leben an der Pfändungsfreigrenze (Pfändung, dort inbesondere die Tabellen mit den Pfändungsfreigrenzen).

Eröffnungsverfahren: Der Schuldenbereinigungsplan. Scheitert die außergerichtliche Einigung, besteht die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens. Zuerst muß ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Gericht gestellt werden. Diesem Antrag wird nur stattgegeben, wenn die Bescheinigung einer »geeigneten Stelle« über das Scheitern der außergerichtlichen Einigungsverhandlungen vorliegt. Das ist einerseits vernünftig (eine außergerichtliche Einigung ist immer besser als ein Gerichtsbeschluß), andererseits auch pragmatisch (die Gerichte sollen vor einer Flut von Insolvenzverfahren geschützt werden). Eine geeignete Stelle ist eine Schuldnerberatungsstelle und natürlich auch jede zur Rechtsvertretung gesetzlich befugte Person, z. B. ein Rechtsanwalt. Nach Eingang, Prüfung und Bewilligung des Antrages wird nun mit Hilfe des Gerichts versucht, eine Einigung mit den Gläubigern zu erzielen. Dazu muß vom Schuldner ein sogenannter Schuldenbereinigungsplan vorgelegt werden. Auch er ist bei Antragstellung zusammen mit der Bescheinigung der geeigneten Stelle sowie einem Vermögens-, Schulden- und Gläubigerverzeichnis einzureichen. Es ist ungeheuer wichtig, keinen Gläubiger zu vergessen oder zu unterschlagen. Können die Gläubiger nachweisen, daß dies bewußt (vorsätzlich) passiert ist oder weil man das Verfahren auf die leichte Schulter nimmt (grobe Fahrlässigkeit), ist es vorbei mit der Restschuldbefreiung. Deshalb sollte der Schuldner den Schuldenbereinigungsplan und die geforderten Verzeichnisse gemeinsam mit der Schuldnerberatungsstelle oder dem Anwalt erarbeiten. Bei der Ausarbeitung eines Schuldenbereinigungsplans sind der Phantasie (fast) keine Grenzen gesetzt.

Alle Vorschläge, die bereits bei dem außergerichtlichen Einigungsversuch auf den Tisch gelegt worden sind, können erneut formuliert werden. Man kann sogar so weit gehen, den Gläubigern einen völligen Verzicht auf ihre Forderungen vorzuschlagen. Der Richter wird in dem sogenannten Eröffnungsverfahren alles daran setzen, einen Vergleich mit den Gläubigern zu erzielen, kooperatives Verhalten ist also angesagt. Ein guter, überzeugender Schuldenbereinigungsplan ist sehr wichtig. Mit ihm kann womöglich trotz geplatzter außergerichtlicher Einigungsversuche noch eine einvernehmliche und für beide Seiten gute Lösung erreicht werden; dem Schuldner bleibt die siebenjährige Durststrecke erspart. Das Eröffnungsverfahren verursacht bereits Kosten. Es besteht kein Anwaltszwang. Nach einer aktuellen Rechtsprechung kann Prozeßkostenhilfe beantragt werden (siehe unten).

Das Insolvenzverfahren. Versagen die Gläubiger den vom Gericht initiierten Vergleich, beginnt nun das »eigentliche« Insolvenzverfahren. Das Gericht prüft die Versagungsgründe der Gläubiger. Sind sie berechtigt (z. B. weil der Schuldner wissentlich oder fahrlässig falsche Angaben gemacht hat), hat sich die Sache erledigt. Andernfalls stellt das Gericht den Anteil Forderungen jedes Gläubigers an den Gesamtschulden fest und beschließt die Verteilung künftiger Zahlungen an die Gläubiger. Hierbei kann der Richter die verweigerte Zustimmung von Gläubigern kraft Beschlusses ersetzen. Auch über die Restschuldbefreiung wird befunden, wenn ein Antrag des Schuldners vorliegt. Restschuldbefreiung bedeutet: Nach der sogenannten »Wohlverhaltensperiode« werden alle Restschulden erlassen, auch die Forderungen von Gläubigern, die am Verfahren gar nicht teilgenommen haben. Für das Insolvenzverfahren sind ebenfalls Verfahrenskosten zu entrichten.

Die Wohlverhaltensperiode. Für die siebenjährige (bei Zahlungsunfähigkeit, die vor dem 1.1.97 erklärt wurde, fünfjährige) Wohlverhaltensphase setzt das Gericht einen Treuhänder ein, an den alle pfändbaren Einkommensbestandteile abzuführen sind. Die Tätigkeit des Treuhänders muß vom Schuldner vergütet werden. Zum Wohlverhalten gehört auch, sich eine zumutbare Arbeit zu suchen, wobei die Kriterien der Zumutbarkeit sehr gering anzusetzen sind. Wird trotz aller Bemühungen keine Arbeit gefunden, geht dies nicht zu Lasten des Schuldners. Dies gilt auch für eine Arbeit, deren Vergütung nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern unter der Pfändungsfreigrenze liegt Der Schuldner muß beweisen, daß er sich redlich um Arbeit bemüht; für die Arbeitsmarktlage wird er nicht zur Verantwortung gezogen. Der Schuldner muß jeden Wechsel des Wohnortes oder des Arbeitsplatzes dem Gericht mitteilen. Sollte er während der Wohl Verhaltensperiode erben, ist die Hälfe der Erbschaft abzuführen. Es ist natürlich auch möglich, mit dem ererbten Vermögen alle Schulden auf einmal zu beseitigen.

Prozeßkostenhilfe im Insolvenzverfahren

Weder für die Gewährung noch für den Ausschluß von Prozeßkostenhilfe gibt es eine spezielle Rechtsnorm in der Insolvenzordnung. Vom Grundsatz her muß man vermutlich eher davon ausgehen, daß Prozeßkostenhilfe ausgeschlossen ist. Es gibt aber ein sehr interessantes und hoffentlich auch richtungweisendes Urteil des Amtsgerichts München, das den Anspruch auf Prozeßkostenhilfe im Verbraucherinsolvenzverfahren bejaht. Dieses Urteil kann aber eine eindeutige Rechtsnorm nicht ersetzen.

Das Urteil des AG München, das sich auch mit der »Nullösung« befaßt, widerlegt das Vorurteil, daß nur der Recht bekommt, der sich das Recht leisten kann. Allerdings hat das Amtsgericht München auch Einschränkungen bezüglich der Prozeßkostenhilfe bestimmt.

»Nullösung« oder »Nullplan«

Ebenso wie die Prozeßkostenhilfe war bereits Jahre vor Inkrafttreten der InsO die Frage einer Nullösung oder eines Nullplanes strittig, und im Prinzip ist sie es geblieben. Worum geht es? Es geht um folgende Frage: Kann dem Antrag eines Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherentschuldungsverfahrens mit Restschuldbefreiung stattgegeben werden, wenn die Einkommens- und Vermögenssituation des Schuldners so beschaffen ist, daß er seinen Gläubigern objektiv nichts anbieten kann - außer eben eine Nullösung? In seinem Beschluß vom 7.12.1998, Aktenzeichen: 152 AR 220/98, hat das Amtsgericht München dies bejaht. Es begründet seine Entscheidung, verkürzt und vereinfacht ausgedrückt, ; damit, daß das Gericht bei der Entscheidung über die Zulassung zum Insolvenzverfahren ja nicht wissen kann, ob sich die finanzielle Situation des Antragstellers nicht verbessert und somit in Zukunft eine (teilweise) Befriedigung der Gläubiger doch möglich wird. Eine Ablehnung würde bedeuten: Das Gericht geht davon aus, daß sich die wirtschaftliche Lage des Antragstellers mit Sicherheit nicht ändert. Dies kann jedoch niemand voraussagen. Außerdem bedeutet eine Ablehnung des Antrags, »daß gerade die Ärmsten der Armen, die die Restschuldbefreiung am notwendigsten haben, von der Rechtswohltat ausgeschlossen wären« (aus der Urteilsbegründung). Dieses Urteil hat sicherlich Signalwirkung, aber man darf nicht übersehen, daß es sich hier um die Auffassung eines Gerichtes handelt. Richter an anderen Gerichten können durchaus abweichend [oder gegenteilig entscheiden. Man darf den Ermessensspielraum der Richter I nicht unterschätzen. Dennoch ist es gut, dieses Urteil zu kennen, da man sich bei I seiner Antragstellung darauf berufen kann.

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