abgestimmtes Verhalten auf der Grundlage von Orientierungsdaten gemäss §3 Stabilitätsgesetz (StabG) zwischen den für die Stabilitätspolitik verantwortlichen politischen Instanzen einerseits und den Gewerkschaften und Unternehmensverbänden andererseits zur Abwehr gesamtwirtschaftlicher Störungen, insb. im Bereich der Einkommensentstehung (Einkommenspolitik). Ferner versteht man unter Konzertierter Aktion das dazu institutionalisierte Gesprächsforum. Ordnungspolitisch war die Konzertierte Aktion umstritten: Einerseits wurde befürch- tet, dass Lohn- und Preisentscheidungen von der Markt- in die Politikebene transponiert würden und dass Gewerkschaften und Verbände politische Macht usurpierten, andererseits wurde allgemeine Verständigung zwischen Regierung und den wirtschaftlichen Machtgruppen als Voraussetzung für die Realisierung der Zielprojektionen angesehen. Aus der Sicht des Parlaments wurde die Entstehung einer Art Nebenregierung in der Form eines Bundeswirtschaftsrats befürchtet. Die Praxis hat weder die Hoffnungen noch die Befürchtungen bestätigt. Bis 1969 entsprachen Tariflohnpolitik und Zielprojektionen einander. Die Tariflohnabschlüsse waren so massvoll, dass die Effektivlöhne deutlich stärker als die Tariflöhne stiegen (wage drift). Wegen der damals offenen aussenwirtschaftlichen Flanke hatte die Bundesregierung die konjunkturelle Entwicklung nicht mehr unter Kontrolle. Die Arbeitnehmer konnten durch wilde Streiks merkliche Lohnaufbesserungen erzwingen. Daraufhin haben die Gewerkschaften, um ihren "Gesichtsverlust" wieder wettzumachen, seit 1970 aggressiv verhandelt und mehrere Jahre hintereinander sehr hohe Lohnforderungen durchsetzen können. Orientierungsdaten und tatsächliche Entwicklung klafften weit auseinander. Die "Konzertierte Aktion" war bloss noch eine Institution des unverbindlichen Meinungsaustausches, zumal die Teilnehmerzahl so zugenommen hatte ("Dabeizusein" war Statussymbol), dass ein intensiver Meinungsaustausch nicht mehr möglich war. Die Aufkündigung der Teilnahme an der Konzertierten Aktion durch die Gewerkschaften anlässlich der Mitbestimmungsklage der Arbeitgeberverbände vor dem Bundesverfassungsgericht war bloss noch ein gewissermassen notarieller Schlussstrich. Nach den Streiks und den z.T. massiven Ausschreitungen im Arbeitskampf in der Metall- und Druckindustrie um die Arbeitszeitverkürzung im Jahre 1984 haben die Arbeitgeber eine Reaktivierung der Konzertierten Aktion als Gesprächsforum vorgeschlagen. Die Gewerkschaften lehnten dies jedoch ab. Vorschläge dieser Art wurden auch gemacht, um die Lohn- und Produktivitätsentwicklung in den neuen Bundesländern in Übereinstimmung zu bringen. Literatur: Hoppmann, E. (Hrsg.), Konzertierte Aktion - Kritische Beiträge zu einem Experiment, Frankfurt a.M. 1971. Schlecht, O., Konzertierte Aktion als Instrument der Wirtschaftspolitik, Walter Eucken Institut, Vorträge und Aufsätze 21, Tübingen 1968.
in § 3 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft angesprochenes gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zur Erreichung der gesamtwirtschaftlichen Ziele. Die Gebietskörperschaften sind verpflichtet, sich bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Ziele gegenseitig abzustimmen. Die Sozialpartner unterliegen wegen der gesetzlich garantierten - Tarifautonomie dieser Verpflichtung nicht. Konzertierte Aktion in diesem Sinne ist eine Verhaltensweise. Als konzertierte Aktion bezeichnet man auch das dazu 1967 eingerichtete Gesprächsforum der wirtschaftspolitisch relevanten sozialen Gruppen und Organisationen mit dem Ziel der gegenseitigen Information über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung aus jeweiliger Sicht. An diesen Gesprächsrunden nehmen teil Vertreter der Bundesregierung, der Arbeitgeberorganisationen, der Gewerkschaften, der Deutschen Bundesbank, der Landwirtschaft und Mitglieder des - Sachverständigenrates. Die Bundesregierung stellt dazu Orientierungsdaten bereit. Die Verhandlungen sind vertraulich. Etwaige gemeinsame Erklärungen sind nicht handlungsverbindlich. Die im Rahmen der Konzertierten Aktion getroffenen Absprachen finden in den Tarifverhandlungen häufig keine Berücksichtigung, weil die Tarifpartner für ihre jeweiligen Verbände bzw. Einzelgewerkschaften nur unverbindliche Empfehlungen aussprechen können. Kritik und Ablehnung der Konzertierten Aktion sind v.a. aus dem liberalen Lager der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften sowie aus gewerkschaftlicher Sicht vorgetragen worden. Die liberale Kritik reicht von der prinzipiellen Ablehnung der - Globalsteuerung über das Zurückweisen nichtmonetärer - Inflationstheorien bis hin zu ordnungspolitischen Bedenken, dass sich die Konzertierte Aktion bei Einführung von Sanktionsmechanismen zu einer die marktwirtschaftliche Ordnung sprengenden Institution entwickeln könnte. Aus der Sicht der Gewerkschaften haben sich die Gesprächsrunden im Rahmen der Konzertierten Aktion von einem Forum des Meinungsaustauschs und der gegenseitigen Information zu einem Disziplinierungsinstrument gegenüber gewerkschaftlicher Lohnpolitik entwickelt. Diese Einschätzung führte dazu, dass die Gewerkschaften nach Erhebung einer Verfassungsklage der Arbeitgeberverbände gegen das Mitbestimmungsgesetz 1977 ihre Teilnahme an den Zusammenkünften im Rahmen der Konzertierten Aktion suspendierten. Während die Konzertierte Aktion auf gesamtwirtschaftlicher Ebene nicht mehr in Erscheinung tritt, ist sie im Bereich des Gesundheitswesens ein wichtiges Forum, medizini- sche und wirtschaftliche Orientierungsdaten sowie Vorschläge zur Rationalisierung, Effektivitäts- und Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen zu erarbeiten (Gesundheitsökonomik). Literatur: Kaspers, B.J. u.a. (1973). Kern, M. (1973). Hoppmann, E. (1972b)
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