Konzeption einer einheitlichen Werbekampagne für Weltmarken, d. h. Produktmarken für mehrere, meist verschiedensprachige Ländermärkte. Bekanntestes Beispiel ist die Zigarettenmarke Marlboro (Weltmarken). Die Vor- und Nachteile des „Global Advertising“ werden in den letzten Jahren heftig und kontrovers diskutiert. Den Anstoß dazu gab 1983 Levitt, dessen Hauptar- gument zugunsten globaler Werbe- und Marketingstrategien die seiner Meinung nach immer stärkere „Homogenisierung der Weltmärkte“ ist. Danach würden die Konsumenten in aller Welt einander hinsichtlich ihrer Bedürfnisse, Hoffnungen, Sorgen und Einstellungen zu wichtigen Lebensfragen immer ähnlicher. Als schärfster Gegner dieser Globalisierungsthese gilt Kotier, der meint, dass die Lebensstile der Menschen nicht einheitlicher, sondern immer individueller werden. Diese Meinung unterstützt auch Naisbitt in seinem Buch über die „Multiple Option Society“. Als Voraussetzungen für Faktoren, die die Anwendbarkeit globaler Werbestrategien begünstigen, werden in der Literatur angeführt:
1. Werbeobjekte sind sog. “Weltmarken“ Beispiele: Coca-Cola, Sony, Rolex, Mercedes, Swissair), also Marken mit weltweit hohem Bekanntheitsgrad und prägnantem Image.
2. Die Zielgruppen der Kampagne in den einzelnen Ländern sind sehr homogen, wobei sich die Homogenität nicht nur auf ihre soziodemographische Struktur beschränken muß, sondern in zunehmenden Maß auch die Wertvorstellungen und Lebensstile berücksichtigt. Beispiel: Kernzielgruppe der Cola-Werbung sind 10- bis 25-Jährige mit stark ausgeprägtem „Hedonismus“ (Streben nach Genuß und Spaß in der Freizeit). Sie haben zudem noch eine Vorliebe für Popmusik, die deshalb auch in der Werbung verwendet wird.
3. Regelmäßige Marktforschung über die Wertestrukturen, Lebens- und Konsumstile potentieller Zielgruppen in den einzelnen Ländern: Diese wird meist von internationalen Marktforschungsinstituten durchgeführt (Beispiel: “Euro-Styles“).
4. Verfügbarkeit einheitlicher zielgruppen- adäquater Streumedien in den Zielländern: V. a. die TV-Werbung unterliegt oft länderspezifischen Restriktionen bzw. generellen Verboten (Zigaretten, Spirituosen usw.). Durch die Angleichung des Werberechts in den EG-Staatenfür die Vollen- dung des Binnenmarkts 1992 werden die Bedingungen für globale EG-Werbestra- tegien besser.
5. Werbeobjekte sind nicht erklärungsbedürftig und können von den Konsumenten nicht anhand objektiver Produktmerkmale von den Konkurrenzmarken unterschieden werden. Beispiele: Genußmittel (Zigaretten, Kaffee), Getränke (Bier, Limonaden), Kosmetika. Die Markenimages werden entscheidend für den Kauf.
6. Trend zur Bildkommunikation: Bedingt durch die immer stärker anwachsende Informationsüberlastung der Konsumenten werden Werbetexte immer öfter ignoriert. Das Weglassen von Fließtext in Anzeigen erleichert die Konzeption globaler Werbekampagnen.
7. Der Hinweis auf die Herkunft des Produkts („Country of Origin-Effekt“). Beispiel: Der Zusatz „Made in Germany“ in Anzeigen für PKWs oder Werkzeugmaschinen löst beim ausländischen Leser die erwünschten Assoziationen in Richtung „deutsche Wertarbeit“ aus. Die Verwendung landestypischer Bdder kann ebenfalls einen weltweit einheitlichen Werbeauftritt bewirken.
8. Konstanz des Werbestils: Werbeaussage, formale Gestaltung (Farben, Schriftzüge usw.) der Werbemittel sollten über Jahre hinweg beibehalten werden.
9. Die Verfügbarkeit eines internationalen Agenturnetzes: Die von der Hausagentur der Muttergesellschaft ausgearbeitete Kampagne wird von deren Töchtern in den einzelnen Ländern exekutiert. Barrieren für globale Werbestrategien sind i. d. R. unterschiedliche Wertestrukturen, kulturelle Normen und Lebensstile in den einzelnen Ländern. Als Vorteile des „Global Advertising“ werden genannt (Standardisierung und Differenzierung):
1. Kostenvorteile(„ Economies of Scales“) in der Produktion (Fixkosten-Degression durch Massenproduktion) und in der Werbung (Wegfall der Produktionskosten für mehrere unterschiedliche Werbekampagnen in den Zielmärkten). In einer Umfrage von Meffert (1985) bei internationalen Werbeagenturen führten 79% diesen Vorteil an. Beispiele für Kosteneinsparungen: Coca-Cola schätzt die Kosteneinsparungen durch Standardisierung seiner internationalen Werbung auf mehr als 8 Millionen Dollar pro Jahr ein. Henkel produzierte für den Klebstoff Pattex einen in Cannes prämierten TV- Spot („Buchstabenspot“), der auf allen Zielmärkten eingesetzt wurde und dessen Adaption auf die verschiedenen Sprachen nur 5000 EUR kostete.
2. Rascher und weltweiter Aufbau eines klaren Markenimage: Die Konsumenten orientieren sich leichter im Markendschungel, z.B. auf Reisen in fremde Länder, wenn sie dort die gewohnten Marken vorfinden. Als Nachteile globaler Werbestrategien werden meist genannt:
1. Das NIH („Not Invented Here“)-Syn- drom: Die vom Mutterkonzern bzw. dessen Hausagentur entwickelte Kampagne stößt bei den Tochterfirmen und -agentu- ren auf mangelnde Akzeptanz, weil man an der Ideenfindung und -Umsetzung nicht beteiligt war. In der Agenturumfrage von Meffert nannten allerdings nur 26% diesen Nachteil.
2. Die bereits eingangs angeführte Individualisierung der Konsumgewohnheiten und Lebensstile, für die einige empirische Indikatoren (z.B. immer mehr Spezialzeitschriften für diverse Hobbies, neue Ernährungs- und Urlaubstrends) sprechen, bewirkt eine rasante Zunahme von unterschiedlichen Ziel gruppen, die zudem immer kleiner werden. Diesen Nachteil nannten 1985 53% gegenüber nur 22% in einer 1980 durchgeführten Studie. Die meisten von Meffert befragten Werbepraktiker meinen, dass man v. a. die Informationsgewinnung für die Werbeplanung (Erforschung der Marktpotentiale und Konsumgewohnheiten in den einzelnen Ländern) sowie die Erfolgskontrolle und schließlich die Werbebudgetierung international vereinheitlichen könne. Die geringste Chance zur Standardisierung wurde der Auswahlzielgruppe adäquater Streumedien zugebilligt. Die Medienvielfalt in den einzelnen Ländern erfordert also offensichtlich Spezialkenntnisse lokaler Werbemanager. Bei der tatsächlichen Standardisierung von Werbeentscheidungen in den von den befragten Agenturen konzipierten Kampagnen zeigte sich folgendes Bild: Am stärksten ist die bildliche Gestaltung der Werbebotschaft standardisiert, was den o. a. Trend zu bildbetonter Werbung untermauert. Kaum oder gar nicht standardisiert ist die Streuplanung, die meist lokal für die Zielgruppe maßgeschneidertwird. In einer weiteren Umfrage von Hite und Hauser bei internationalen Unternehmen gaben nur 8% an, eine international standardisierte Werbestrategie zu verfolgen, 36% adaptieren ihre Werbung auf die regionalen Besonderheiten und 56% wendeten eine kombinierte Strategie an. Nur eine Minderheit von weltweit tätigen Unternehmen betreiben derzeit also globale Werbung. Viele Marketingprofessoren und -praktiker vertreten die Devise „Think globally, but act lo- cally“. Japanische Manager haben dafür das Wort „Globalize“ erfunden: Strategische Entscheidungen über die Markenkonzeption, Forschung usw. sollten demnach globalisiert, die taktischen Entscheidungen, u.a. über die Werbekonzeption, sollten auf lokaler Ebene getroffen werden.
Literatur: Levitt, T., The Globalization of Mar- kets, in: Harvard Business Review, Vol. 61, No. 3 (May/June 1983), S.92-102. Meffert, H., Internationale Marktkommunikation im Spannungsfeld zwischen globalem Wettbewerbsdruck und nationalen Bedürfnissen, in: Werbeforschung & Praxis, Heft 3 (1986), S. 106-110 (Teil 1) und Heft 4 (1986), S. 127-134 (Teil 2). Kaynak, E., The Management of International Advertising, New York 1989.
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