zeitliche Entwicklungsmuster von Märkten, die insb. für das Strategische Marketing und hier wiederum für die Wettbewerbsstrategie von grundlegender Bedeutungsind. 1) Strategische Bedeutung Viele Unternehmungen stehen heute vor sich schnell ändernden Umwelt- und Marktfaktoren: - Gesellschaftliche und soziodemographi- sche Entwicklungen beeinflussen nicht nur das Nachfrageverhalten, sondern auch das Käuferpotential. - Ein allgemeiner Wertewandel führt zu Veränderungen des Kaufverhaltens und auf vielen Märkten zu einer Marktpolarisierung. - Zunehmende Marktsättigung bzw. -Stagnation oder sogar Marktschrumpfung stellen die Unternehmen auf vielen Märkten vor Wachstums- und Überlebensprobleme (Marktaustritt). - Eine stärkere Internationalisierung der Märkte (Internationales Marketing) und des Wettbewerbs führt zu einer stärkeren Innovationsdynamik (Innovationsmanagement). - Die Zeit wird gerade bei innovativenTech- nologieprodukten mit hohem Marktwachstum zu einem kritischen Erfolgsfaktor (Technologiestrategie). - Auf der Nachfrager- und Anbieterseite entstehen aufgrund von Konzentrationstendenzen neue Machtpositionen (Wettbewerbsdynamik, Vertikales Marketing) - Es entstehen veränderte Beziehungen zwischen Herstellern und Nachfragern durch steigende Automatisierung in Fertigung und Verwaltung (Just-in-Time-Logistik). Diese Dynamik der Umweltveränderungen, die bis zu Marktdiskontinuitäten gehen kann, stellt jede Unternehmung von Zeit zu Zeit vor neue Marktsituationen, auf die es strategisch zu antworten gilt. Eventuelle Disharmonien zwischen den Marktveränderungenund der Unternehmung (seinen Ressourcen und Potentialen) sind also zu beseitigen oder besser erst gar nicht aufkommen zu lassen. Strategisches Vorgehen ist somit nicht nur markt- und konkurrenzorientiert, sondern v. a. auch potentialorientiert, was eine aktive Markt- und Unternehmungsgestaltung ermöglicht. Da strategische Entscheidungen oft erst nach einem längeren Zeitraum wirken (strategisches Time-lag) müssen sie schon frühzeitig gefällt werden, damit ein genügend großer Zeitraum für die Potentialentwicklung zur Verfügung steht. Mit der Länge des Aktionszeitraums wächst dann aber auch der erforderliche Prognosezeitraum. Dies bedeutet, dass bei einem eher unvollkommenen Informationsstand fast ausschließlich sog. „soft facts“ bei der Strategieformulierung zugrunde gelegt werden können; damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich eingeleitete Maßnahmen später als wenig wirkungsvoll oder gar negativ wirkend erweisen können. Dieses Problem ist generell nicht lösbar. Um auf sich abzeichnende Veränderungen in der Unternehmungsumwelt und damit der Marktsituation rechtzeitig reagieren oder noch besser im Vorfeld agieren zu können, bedarf es eines Frühwarnsystems, das mit einem Set aussagefähiger Indikatoren den Empfang und die Aufschlüsselung von sog. „schwachen Signalen“ frühzeitig ermöglicht (Frühwarnsysteme). 1) Theoretische Ansätze Verschiedene theoretische Ansätze versuchen, das Problem der Marktdynamik modellmäßig als evolutorischen Ablauf zu beschreiben. Im Rahmen dieser Theorien der Marktevolution lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, nämlich Theorien der Markt- strukturevolution und Phasenmodelle. Phasenmodelle versuchen, abgrenzbare Phasen zu identifizieren, die jeder Markt im Laufe seiner dynamischen Fortentwicklung durchläuft. Urvater dieser Modelle ist das Konzept des Lebenszyklus. Der hieraus entwickelte Produktevolutionszyklm versucht die Marktdynamik auf Produktebene in Analogie zur biologischen Evolution zu erklären. Kotier hingegen stellt in seinem Erklärungsmodell der Marktdynamik auf Nachfrager- und Konkurrenzbezogene Beschreibungsmerkmale ab. In seinem Modell durchläuft jeder Markt die fünf Stufen Marktkristallisation, -expansion, -fragmentierung, -rekonsolidierung und -terminierung. Der Volkswirtschaftslehre entstammt das Marktphasenschema von Heuss, das den Entwicklungsprozeß ganzer Industrien als Abfolge typischer Entwicklungsphasen beschreibt. Der industrieökonomische Forschungsstand schließlich ist in dem Ansatz von Porter aufgenommen, der die Evolution einer Branche durch Triebkräfte herbeigeführt sieht, die Veränderungen in der Branchenstruktur bewirken (Branchenstrukturanalyse). Problematisch bei den Phasenmodellen sind insb. die Abgrenzung und Prognose der Phasenübergänge sowie die Frage, welche Indikatoren geeignet sind, die Marktdynamik zu erfassen. Die Theorien der MarktStrukturevolution beschreiben dagegen Marktdynamik eindimensional durch Veränderungen der Branchenkonzentration. Die stochastische Theorie postuliert, dass sich solche V eränderungen allein durch einen im Zeitablauf wirksamen Zufallsmechanismus erklären lassen. Die Theorie von Hoffmann (1982) setzt dagegen am unternehmerischen Verhalten an und erklärt Veränderungen der Marktstruktur durch Veränderungen des Rivalitätsgrades in einer Branche. An diesen Ansätzen ist zu kritisieren, dass die stochastische Theorie als theorieloser Ansatz keine Ableitung von Handlungsempfehlunen ermöglicht; der Ansatz von Hoffmann ann aufgrund seiner restriktiven Prämissen keine Allgemeingültigkeit beanspruchen. Die Vielzahl konkurrierender Theorien läßt deutlich werden, dass die theoretische Durchdringung der Marktdynamik ein noch relativ ungeklärtes Forschungsfeld darstellt. 2) Schnellebige Märkte Die Marktdynamik verläuft branchenspezifisch mit gewissen Schwankungen (Branchenkonjunktur). Der Marktzyklus, d. h. die die Länge des auf die Produktgattung bezogenen Lebenszyklus, differiert dabei z.T. sehr stark. Auf schnellehigen Märkten wird das Marktpotential in relativ kurzer Zeit ausgeschöpft. Ein Faktor für die Kurzlebigkeit von Märkten ist ihre Abhängigkeit von Modeeinflüssen, also Geschmackswandlungen bei den Käufern, die oft sehr abrupt stattfinden können, da die Nachfrage nicht selten von einmaligen Ereignissen abhängt, wie z.B. Olympia oder Fußballweltmeisterschaften (Modediffusion). Ein frühzeitiger Markteintritt, am besten als Pionier oder als früher Folger, die Geringhaltung von Fixkosten und Investitionen sowie die unternehmerische Flexibilität sind wichtige Erfolgskriterien in solchen Märkten, wo die Marktsättigung schnell erreicht wird. 3) Marktturbulenzen Abrupte Änderungen in der Technologie, dem Kaufverhalten, der gesetzlichen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen sowie m der Struktur der Beschaffungsmärkte und bei den Absatzmittlern charakterisieren sog. turbulente Märkte. Sie stellen damit große Anforderungen an die Unternehmungsführung und das Marketing, da diese Änderungen oft nur schlecht vorauszusehen sind. Eine erfolgreiche Unternehmungspolitik kann daher nur realisiert werden, wenn man bereits frühzeitig aufgrund wahrscheinlicher Veränderungen und damit aufgrund zu erwartender „Turbulenzen“ strategische Schritte einleitet (Krisen-Marketing). Literatur; Hoffmann, H.]., Die Evolution von Marktstrukturen, B ern, Stuttgart 1982. Kotier, Ph., Marketing-Management,
4. Aufl. Stuttgart 1984. Töpfer, A., Erfolgsfaktoren des strategischen Marketing in deutschen Unternehmen, m: Wieselhuber, N.; Töpfer, A. (Hrsg.), Strategisches Marketing. Aufl., Landsberga. Lech 1986, S. 49-66.
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