Preisbevvusstsein
Teilklasse des Käuferverhaltens, nämlich jene Verhaltensweisen, die sich auf das Interesse gegenüber und die Beurteilung von Güterpreisen beziehen. Der Begriff ist umfassender und neutraler als jener des Preisbewusstseins und deshalb für die betriebswirtschaftliche Preistheorie zweckmäßiger. Relevanz erhält das Preisverhalten zur Beschreibung, Erklärung und Beeinflussung verschiedener Konsumentscheidungen: Budgetplanung, Güterauswahl (Markenwahlentscheidung), Wahl des Einkaufsortes (Einkaufsstättenwahlverhalten) und -Zeitpunkt sowie der Einkaufsmenge bzw. Packungsgröße. Diese Entscheidungen stellen sozusagen die „Preiswelten“ der Verbraucher dar. Aus der Sicht der Käufer stellt sich der Preis bei diesen Entscheidungen als Informationsproblem, als Motivationsproblem und als kognitives Problem dar, das sehr häufig durch z. T. sehr stark vereinfachte oder habi- tualisierteVerhaltensheuristikengelöstwird, die vom klassischen Muster rationalen Verhaltens abweichen. Die Preisverhaltens-Forschung ist noch nicht sehr weit fortgeschritten. Einen Überblick über den aktuellen Stand findet man bei Diller (1991). Die dort behandelten Verhaltensaspekte sind in der Abbildung klassifiziert. Das Preisinteresse kennzeichnet dabei das Bedürfnis eines Nachfragers, nach Preisinformationen zu suchen und diese bei den Kaufentscheidungen zu berücksichtigen (motivationale Komponente). Seine Ursachen liegen nicht nur im Versorgungsstreben, sondern auch im Wunsch nach Sozialprestige, Erfüllung sozialer Rollen (z.B. jener des rationalen, aufgeklärten Verbrauchers) und/oder in Formen der Leistungsmotivation (z.B. Cleverness, Leistungsstolz etc.). Konträr wirkt das Entlastungsstreben von ökonomischen Aufgaben, insb. wenn preisorientiertes Verhalten mit hohen Informationsaufwendungen verknüpft ist. Ferner steht das Preisinteresse oft im Konflikt mit dem Qualitätsinteresse und ist auch deshalb inter- und intrapersonell unterschiedlich stark ausgeprägt. Hohes Qualitätsrisiko führt deshalb häufig zur Hintanstellung des Preisinteresses bzw. zur Rechtfertigung des Kaufverhaltens durch preisorientierte Qualitätsbeurteilung. Hohes Qualitätsvertrauen in einen Anbieter kann dabei die preisbedingten Zweifel an der Warenqualität u. U. kompensieren. Ferner schwächt das zunehmende Erlebnisstreben vieler Konsumenten das Preisinteresse ab, weil der mit den Kaufoder Warenerlebnissen verbundene Nutzen höher gewichtet wird als der preisbedingte Nutzenentgang. Gleiches gilt dann, wenn mit bestimmten Kaufentscheidungen Fragen des Sozialprestiges oder der Selbstverwirklichung verknüpft sind. Das Preisinteresse ist häufig selektiv, d. h. es richtet sich nicht gleichermaßen auf alle relevanten Konsumentscheidungen. Ebensowenig werden alle objektiv relevanten Preisbestandteile (Preis), insb. bestimmte Zusatzkosten des Ge- und Verbrauchs von Gütern berücksichtigt (Zusatzkostenbewusstsein). Beliebte Äußerungsformen des Preisinteresses sind jene, die wenig belastend wirken (z.B. Preisvergleiche im Geschäft), oder wo auf Generalisierungen zurückgegriffen werden kann (z.B. generelle Präferenz von Sonderangeboten oder Großpackungen). Vom Preisinteresse der jeweiligen Zielgruppe hängt u. a. ab, ob bzw. bei welchen Zielgruppen ein Anbieter mit einer aktiven Preispolitik überhaupt Resonanz erzielen kann bzw. wie stark er von einer Preisunterbietung durch Konkurrenten gefährdet wird (Preisstrategie), welche Erfolgsaussichten bestimmte emotionale Färbungen der Preiswerbung besitzen (Preisdurchsetzung), ob eine Ausgleichskalkulation zwischen verschiedenen Preisbestandteilen möglich ist oder welche Werbemedien für die Preiswerbung am besten geeignet sind. Ein zweiter Ausschnitt des Preisverhaltens (vgl. Abb.) betrifft die Prozesse bei der Preisbeurteilung, d.h. die Preiswahrnehmung und die kognitive Verarbeitung von Preisinformationen. Dabei lassen sich Beurteilungen des Preis-Leistungsverhält- nisses (aPreiswürdigkeitsurteile“)und Preis- günstigkeitsurteile unterscheiden. Letztere stellen Urteile über (nahezu) identische Alternativangebote im Hinblick auf das dafür erforderliche Entgelt dar. In beiden Fällen interessiert v. a., auf welche Weise objektive Preisinformationen subjektiv verschlüsselt werden und welche Urteilsanker zur Einstufung der Entgelte als „billig“ oder „teuer“ bzw. mehr oder minder „preiswert“ herangezogen werden. Zwei wichtige Unteraspekte dieses Urteilsverhaltens sind subjektive Preisschwellen und die preisorientierte Qualitätsbeurteilung. Grundlegend für das gesamte Preisverhalten sind ferner die jeweiligen Preiskenntnisse der Käufer, die sich freilich nicht nur auf die Angebotspreise ganz bestimmter Produkte beziehen, sondern auch auf andere Gegenstände des Preiswissens Bezug nehmen können. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Preisimage von Herstellern und insb. Handelsbetrieben zu, das in vielen Fällen als Ersatzkriterium für eine extensive Überprüfung der Preissituationfungiert. Wichtige Informationsquellen für die jeweilige Ausformung sowie die Dynamik des Preisverhaltens bieten die verschiedenen Mediaanalysen, die i.d.R. auch Aspekte des Preisverhaltens mit einschließen (z.B. Verbraucheranalyse), sowie spezifische Befragungen und Preistests.
Literatur: Diller, H., Preispolitik, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1991. Hay, Ch., Die Verarbeitung von Preisinformationen durch Konsumenten, Heidelberg 1987. Kaas, K., Empirischc Preisabsatzfunktionen bei Konsumgütern, Berlin u. a. 1977.
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