Instanzen mit wirtschaftspolitischer Entscheidungskompetenz. Ausdruck der gesellschaftlichen Willensbildung und Träger der originären Entscheidungskompetenz ist der Staat. Sie ist nach dem Prinzip der Gewaltenteilung verteilt auf die Organe Parlament (Legislative), Regierung — getragen von den Regierungsfraktionen und kontrolliert von der Opposition — und nachgeordnete Verwaltung (Exekutive), richterlich überpüft durch die Judikative. Im Föderalstaat wird zudem Macht (sprich: Entscheidungsbefugnis) an Gebietskörperschaften (Bundesländer und Gemeinden) abgetreten. Möglicherweise werden — wie das in der Bundesrepublik der Fall ist — die Länder über eine eigene Kammer (den Bundesrat) in den Entscheidungsprozess des Bundes einbezogen. Dem Pluralismusprinzip folgend wird Macht überdies an weisungsunabhängige, dem Parlament nicht verantwortliche, also autonome Instanzen delegiert (so in der Bundesrepublik die geldpolitische Kompetenz an den Zentralbankrat und die Tarifhoheit an Gewerkschaften und Arbeitgeber bzw. deren Verbände). Nicht selten werden auch spezielle (Verwaltungs-) Aufgaben an nachgeordnete Behörden mit einem durch Gesetz beschriebenen Ermessensspielraum übertragen. Diese sind in der Amtsführung zwar nicht weisungsgebunden, meist aber einer ministeriellen Kontrolle unterworfen (Beispiele dafür sind die Bundesanstalt für Arbeit in der Arbeitsmarktpolitik und das Bundeskartellamt in der Wettbewerbspolitik) . Die Träger der Wirtschaftspolitik haben durchaus abweichende Zielprioritäten. Im Rahmen der verfügbaren Koordinationsmechanismen (Marktverhandlung oder Mehrheitsentscheidung) können Konflikte ausgeglichen werden. In jedem Falle ist eine Abstimmung einzelner Aktivitäten zwischen den Entscheidungsträgern erforderlich, selbst wenn über die Zielorientierung Einigkeit besteht. Der Regierungsaktivität (sprich: dem einfachen Mehrheitsprinzip) können durch Verfassungen Grenzen gezogen werden. In der Realität werden Verfassungen und daraus abgeleitete Kompetenzverteilungen durch qualifizierte Mehrheiten begründet. Ihnen muss ein Bestandsschutz gewährt werden; denn sonst verlören sie ihre einigende Wirkung auf die Gesellschaft, die der Verfassung, auch ohne anfangs die allseitige Zustimmung erfahren zu haben, zugeschrieben wird. Der Spielraum individueller Entscheidungskompetenzen und deren Kontrolle und Abgrenzung gegen staatliche Befugnisse werden durch das gewählte Wirtschaftssystem beschrieben. Die Marktwirtschaft setzt dabei auf den Preismechanismus, der die individuellen Entscheidungen koordinieren soll. Die Planwirtschaft vertraut auf zentral abgestimmte Handlungsweisungen, fasst also die Entscheidungskompetenz in einer Hand zusammen. Mit der Entscheidung für ein marktwirtschaftliches System überlässt der Staat die Entscheidung über Umfang und Struktur der Investitionen privaten Unternehmen (mit dem Markt als anonymer Kontrollinstanz), die Disposition über das Arbeitsangebot und die Konsumgüterkäufe den Haushalten. Er verzichtet auf bindende Verhaltensvorschriften. Mit den Instrumenten der Ablaufpolitik versucht er aber durch materielle Anreize mittelbar die Entscheidungen der Privaten zu beeinflussen — in der Absicht, sie ohne Zwang auf die wirtschaftspolitischen Ziele auszurichten. Da die Wirkungen wirtschaftspolitischer Aktivitäten über die Landesgrenzen hinausreichen können, wird auch das Ausland zum Träger binnenwirksamer (wiewohl jenseits der Grenze getroffener) Massnahmen. Ein geplanter Instrumenteneinsatz muss deshalb mit den Nachbarn abgestimmt werden. Die Verbände wirken im Vorfeld der politischen Entscheidung, dem Willensbildungsprozess. Sachverstand, gepaart mit politischem Druck, setzen sie ein, um anstehende Entscheidungen in ihrem Interesse zu beeinflussen. Sie treffen dort auf konkurrierende Verbände, die mit gleichen Mitteln arbeiten. Durch die Trägervielfalt kommt neben der Abstimmung der Ziele und der Suche nach effizientem Mitteleinsatz mit der Koordination der Aktivitäten eine dritte, nicht zu unterschätzende Aufgabe auf die Wirtschaftspolitik zu. Literatur: Berg, H.ICassel, D., Theorie der Wirtschaftspolitik, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 2, 5. Aufl., München 1992, S. 163 ff. Teichmann, U., Wirtschaftspolitik, 3. Aufl., München 1989.
s. Entscheidungsträger
Vorhergehender Fachbegriff: wirtschaftspolitische Konzeptionen | Nächster Fachbegriff: wirtschaftspolitische Ziele
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|