(information overload) bezeichnet eine Entscheidungssituation, in der ein Zuviel an Informationen zu einer Beeinträchtigung der Informationsverarbeitung der Konsumenten führt. Mitte der siebziger Jahre wurde in einem (umstrittenen) Experiment zur Markenwahl festgestellt, dass eine Erhöhung der Informationsmenge (Zahl der Marken X Attribute pro Marke) die subjektiv wahrgenommene Entscheidungsqualität zunächst verbessert, dann aber verschlechtert. Ende der achtziger Jahre erhielt der Begriff einen zusätzlichen Bedeutungsinhalt im Rahmen der Werbewirkungsforschung. Gemeint ist die Tatsache, dass die Informationsmenge, die der einzelne umworbene Konsument aufnimmt und verarbeitet, nur einen Bruchteil des Informationsangebots ausmacht, das von den Medien bereitgehalten wird (oft weniger als fünf Prozent). Literatur: Kroeber-Riel, W, Strategie und Technik der Werbung. Verhaltenswissenschaftliche Ansätze, 3. Aufl., Stuttgart, Berlin 1991.
Situation, die entsteht, wenn die Menge der (erhaltenen/gesammelten) Daten far einen bestimmten Auswahlprozeß die kognitive Kapazität des Individuums übersteigt.
In der Wirtschaftssoziologie: Nachrichtenüberlastung, Information overload. [1] Bezogen auf die Mitteilung von Informationen bedeutet Informationsüberlastung eine für die Leistungsfähigkeit der Übertragungskanäle (Aufnahmefähigkeit an bit pro Zeiteinheit) zu grosse Informationsmenge.
[2] Bezogen auf die Auswertung von Informationen bedeutet Informationsüberlastung eine Überforderung der Empfänger, eine Entscheidungsüberlastung.
Anteil am insgesamt dargebotenen Informationsangebot, der nicht beachtet wird. Siehe auch Konsumentenverhalten.
läßt sich wie folgt berechnen: Anteil der verfügbaren bzw. angebotenen Information, der von den Empfängern aufgenommen wird. Beispiel: Jemand kauft eine Zeitschrift, liest von 200 Seiten nur 10 Seiten und wirft die Zeitschrift weg: Dann wird von der insgesamt verfügbaren Information nur 5 % aufgenommen. Der Rest ist überschüssige, nicht beachtete Information. Der Informationsüberschuß beträgt 95 %. Der so berechnete Informationsüberschuß ist Ausdruck der modernen Informationsgesellschaft. Ursache für den gegenwärtigen Informationsüberschuß ist das rasante Wachs- tum des Informationsangebotes, das die Zunahme des Informationskonsums weit übertrifft: In den letzten zwei Jahrzehnten ist das Informationsangebot jährlich um 8 bis 9 % gestiegen,derlnformationskonsumaber kaum mehr als 3 %. Die Berechnung des Informationsüberschusses geht von den schriftlichen, bildlichen und akustischen Informationseinheiten
Das Institut für Konsum- und Verhaltensforschung der Universität des Saarlandes hat ein Schätzmodell entwickelt und kam für das Jahr 1984 zu den mAbb. 1 wiedergegebenen Ergebnissen. Danach wird für die Bundesrepublik Deutschland ein durchschnittlicher Informationsüberschuß von 98,1 % ausgewiesen (Kroeber-Riel, 1987; Brünne, Esch, Rüge, 1987). aus, die den Konsumenten im Durchschnitt täglich zur Verfügung stehen, bspw. durch die Zeitungen und Zeitschriften, die sie an einem Tag in die Hand nehmen. Diesem verfügbaren Informationsangebot wird die tatsächlich aufgenommene bzw. beachtete Informationsmenge gegenübergestellt (die Daten stammen aus Untersuchungen über die Mediennutzung in Deutschland). In Deutschland werden weniger als 2 % der angebotenen Information genutzt, der Rest landet auf dem Müll. Dieser Sachverhalt kann nicht ohne weiteres negativ bewertet werden: So wie hoch entwickelte Industriegesellschaften im Konsumgüterbereich immer mehr Müll erzeugen, so erzeugen sie auch im Informationsbereich mehr Müll. Darin spiegelt sich die zunehmende Auswahl an Gütern und Informationen in einer Gesellschaftwider. Die Informationsüberlastung kann man demzufolge gesamtgesellschaftlich als relativ unproblematisch ansehen. Sie erweist sich aber auf der Ebene des einzelnen Informationsangebotes (einer einzelnen Anzeige, eines Fernsehspots usw.) als wichtiges betriebswirtschaftlichesProblem: Durch die zunehmende Informationsüberflutung wächst die Informationskonkurrenz. Für einen einzelnen Anbieter wird es immer schwieriger-und teurer, in dieser Informationskonkurrenz zu bestehen und seine Informationen an den Mann zu bringen. Informationsüberflutung durch die Marktkommunikation: Bisher wurden nur Ergebnisse für die durch Massenmedien gestreute Werbung ermittelt. Es kann aber davon ausgegangen w erden, dass für andere Formen der Marktkommunikation, wie Schaufenster oder Prospekte, ähnliche Werte gelten: Die Werbung verursacht einen Informationsüberschuß von ungefähr 95 %. Für die Anzeigenwerbung in Publikumszeitschriften gelten folgende Durchschnittswerte: Um das durchschnittliche bildliche und sprachliche Informationsangebot einer Anzeige aufzunehmen, sind 33 bis 38 Sekunden Betrachtungszeit erforderlich. Die tatsächliche Informationsbeachtung spielt sich aber in 1,0 bis 2,0 Sekunden ab. Weniger als 95 % der angebotenen Werbeinformation wird aufgenommen. Die niedrigen Werte für die beachteten Werbeinformationen streuen in den verschiedenen Branchen absolut gesehen nur wenig (Abb. 2). Sie liegen selbst bei der Anzeigenwerbung in Fachzeitschriften nicht viel höher. So beträgt die Betrachtungszeit von Pharmaanzeigen in der Ärzte Zeitung durch
Anmerkung: Anzeigen in Publikumszeitschriften, einseitig, schwarz-weiß und farbig. Orientierungswerte aus zahlreichen Untersuchungen verschiedener Institute.Man kann im allgemeinen davon ausgehen, dass zur Ermittlung der Betrachtungszeit einer Anzeige mindestens 50 Verhaltensbeobachtungen durchgeführt wurden. Ärzte nur knapp drei Sekunden. Da in diese Anzeigen aber noch wesentlich mehr Information hineingepackt wird als in die Anzeigen der Publikumszeitschriften, liegt die Informationsüberlastung noch höher als dort. Entsprechende Überlegungen dürften für Anzeigen in den meisten Fachzeitschriften (auch der Investitionsgüterindustrie) gelten. Die Informationsüberlastung durch die elektronischen Medien macht wahrscheinlich mehr als 95 % aus. (Genaue Berechnungen liegen nicht vor.) Wie dramatisch die Entwicklung verläuft, verdeutlichen die folgenden Zahlen über die Zunahme der Anzeigenwerbung - der auf der Konsumentenseite eine kaum wachsende bzw. stagnierende Informationsnachfrage gegenübersteht: Die Anzeigenseiten in Publikumszeitschriften haben sich in den 15 Jahren von 1970 bis 1985 von 85.000 auf 1600 jährlich fast verdoppelt. In den nächsten zehn Jahren ist mit einer weiteren Verdoppelung auf 320.000 Seiten zu rechnen. Die Zahl der täglich gesendeten Werbespots wird von ungefähr 200 Spots im Jahr 1989 auf 800 im Jahr 2000 steigen (Privatfernsehen eingeschlossen). 1601 Auswirkungen der Informationsüberflutung: Die wachsende Informationsüberflutung führt zu einem Abstumpfen gegenüber den dargebotenen Informationen. Das bedeutet: Das Informationsinteresse läßt nach, die Informationen werden flüchtiger und v.a. bruchstückhafter aufgenommen (Informationsverhälten). Das hat zu entsprechenden Anpassungsprozessen in der Kommunikation geführt. Diese lassen sich an den Veränderungen des Medienstils in den letzten Jahrzehnten ablesen:
1. Die sprachlichen Informationen werden so gestaltet, dass sie leichter aufgenommen werden können (kürzere Sätze, konkretere Ausdrucksweise).
2. Sprachliche Informationen werden in zunehmendem Maße durch Bilder ersetzt. Der Anteil visueller und akustischer Bilder an der Informationsvermittlung nimmt ständig zu.
3. Die Informationen werden in allen Medien aktivierender dargeboten, denn in der wachsenden Informationskonkurrenz können sich nur solche Informationen durchsetzen, die stärker aktivieren als die konkurrierenden Informationen. Dabei ist zu beachten, dass Aufnahme und gedankliche Verarbeitung von Bildern weniger gedankliche Anstrengung erfordern und wesentlich schneller ablaufen als die sprachliche Informationsvermittlung. Die Bildkommunikation ist deswegen besser auf das (flüchtige) Informationsverhalten bei Infor- mationsüberflutungabgestimmt. In der Werbung wird diese Entwicklung besonders deutlich sichtbar. Ein paradigmati- sches Beispiel bietet der Vergleich von Anzeigen und Fernsehwerbung aus den 1960 er Jahren und von heute. In Abb. 3 werden dazu zwei Bauknecht-Anzeigen wiedergegeben. Wie in diesen Anzeigen ist in den meisten Branchen die durchschnittliche Anzahl von Wörtern pro Anzeigenseite zurückgegangen, allerdings gibt es wenig anpassungsfähige, v. a. technisch orientierte Branchen wie die Automobilindustrie, die noch mit ebenso textreichen Anzeigen wie früher wirbt. (Dort ist sogar die Satzlänge in Anzeigen von 11 auf 12 Wörter gestiegen.) Sozialtechnische Folgerungen: Wer wirksam kommunizieren will, muss seine Kommunikation den veränderten Kommunikationsbedingungen anpassen. Ein großer Teil der gegenwärtigen Kommunikation leidet darunter, dass er nicht auf die Informationsüberflutung und die flüchtige und bruchstückhafte Informationsaufnahme der Empfänger abgestimmt ist. Die gegenwärtige und die weiter zunehmende Informationsüberflutung erfordert eine weitgehende - bildliche, - aktivierende, - hierarchische Kommunikation: Die Verwendung von Bildern ermöglicht einen auffälligen und beson
ders schnellen Informationstransfer. Die aktivierende Darbietung sorgt dafür, dass die angebotene Information in der Informationsflut sichtbar wird. Der hierarchische Aufbau der Kommunikation dient dazu, die wesentliche Botschaft auch bei flüchtiger Betrachtung zu überbringen. Unter hierarchischer Kommunikation versteht man folgendes: Die Informationen, die vermittelt werden sollen, sind nach ihrer Bedeutung bzw. Wichtigkeit zu ordnen. Die wichtigste Information muss so dargeboten werden, dass sie vom Empfänger als erstes aufgenommen wird. Das bedeutet: Sie muss möglichst durch das Bild wiedergegeben oder (wie der Markenname) in das Bild einbezogen und/oder durch eine aktivierende Gestaltung besonders hervorgehoben werden. In der Anzeigenwerbung eignet sich besonders die Headline dazu, die Aufmerksamkeit auf die Schlüsselbotschaft zu lenken. Als nächstes sind die zweitwichtigsten Informationen dem Empfänger nahezubringen usw. Diese hierarchische Darbietung hat den Vorteil, dass bei einem Abbruch des Kommunikationskontaktes - mit dem fast immer gerechnet werden muss - wenigstens die Schlüsselinformationen überkommen. Vom Abbruch des Kontaktes werden dann stets die weniger wichtigen Informationen betroffen (im einzelnen Kroeber-Riel, 1988). Es gibt nur wenige Anzeigen in der Werbung, die so aufgebaut sind. Oft wird das Bild nur als Blickfang benutzt (es hat keinen Bezug zur Werbebotschaft) oder die Headline enthält nur unwichtige Informationen (wie das bei Rätselanzeigen der Fall ist); fast immer wird der Text nicht gegliedert. Ein Beispiel bietet Abb.
4.
Gerade die fehlende Textstruktur verhindert ein schnelles und selektives Lesen, auf das der informationsüberlastete Leser angewiesen ist. Dem Prinzip der hierarchischen Informationsdarbietung ist auch bei der Informationsvermittlung durch elektronische Medien zu folgen. Auch hier nimmt der Empfänger die dargebotenen Informationen nur sehr selektiv auf. Durch Darbietung in Form von visuellen und akustischen Bildern, durch die Plazierung und die aktivierende Verpackung der Informationen ist dafür Sorge zu tragen, dass die Schlüsselinformationen in der Informationsflut nicht untergehen.
Literatur: Brünne, M.; Esch, F.-R.; Rüge, H.-D., Berechnung der Informationsüberlastung in der Bundesrepublik Deutschland, Arbeitspapier des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken 1987. Kroeber-Riel, W., Informationsüberlastung durch Massenmedien und Werbung in Deutschland, in: DBW, 47. Jg. (1987), S. 257-264. Kroeber- Riel, W., Kommunikation im Zeitalter der Informationsüberlastung, in: Marketing-ZFP, 10. Jg. (1988),S. 182-189.
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