Grundsätzlich unterscheidet sich die Werbung im Handel von der in der Industrie üblichen Werbung dadurch, dass der institutionale Handel im Vergleich zur Industrie an einer Profilierung seiner Betriebsstätte interessiert sein muss (Handelsmarketing). Daraus folgt im Gegensatz zur Konsumgüter- Industrie, die in der Regel eine Profilierung des Produktes oder der Produktfamilie anstrebt, eine Betonung der Handelsleistung (Handelsfunktionen) unter Berücksichtigung des Sortiments als Institutionenwerbung. Das Ziel der leistungsorientierten Institutionenwerbung besteht letztlich darin, die im Einzugsgebiet wirksame Nachfrage auf die Betriebsstätte zu lenken. Die statistisch gut nachweisbaren (Out- store-)Werbeaufwendungen des Handels lagen 1988 insgesamt bei rund 1,2 Mrd. EUR. Nach Ansicht des ZAW liegen die Handelsorganisationen bei einer branchenspezifischen Betrachtung der Werbeinvestitionen nach der Automobilwirtschaft damit an zweiter Stelle, obwohl die sog. Instore-Wer- bung, also die Werbemaßnahmen innerhalb der Ladenlokale (Verkaufsförderung, Merchandising), hier noch gar nicht erfaßt ist. Wie eine Untersuchung zur Fachhandelswerbung (Barth/Thies, 1990) bestätigt, ist allerdings die Qualität der Handelswerbung - trotz der hohen Werbeinvestitionen - eher als gering zu bezeichnen. Zur Verbesserung der Werbequalität kommt der systematischen Planung aller Werbeaktivitäten damit eine überragende Bedeutung zu. Welche Entscheidungstatbestände bis zur Realisation einer Werbemaßnahme dabei im einzelnen zu berücksichtigen sind, zeigt Abb.
1. Die erste Phase des Werbeplanungsprozes- ses ist durch die Beschaffung und Auswertung aller werberelevanten Daten gekennzeichnet. In der Werbepraxis des Handels ist allerdings zu beobachten, dass in dem Bereich der Werbeanalyse ein erhebliches Defizit besteht. Nur wenige Betriebsstätten stützen ihre Werbeplanung auf Marktanalysen. Einwohnerzahlen, Passantendichte, soziode- mographische Strukturen und Verbrauchsgewohnheiten als wesentliche Daten der Nachfrageverhältnisse sowie die Kaufkraft der Bevölkerung im Einzugsgebiet haben für den Handel nicht nur leistungs- und entgeltpolitische, sondern insbesondere werbepolitische Konsequenzen und müssen im Sinne einer Zielgruppenorientierung daher der Werbeplanung zugrunde gelegt werden.
Die dem Marketing des Handels inhärente Aufgabe, der Betriebsstätte ein eigenständiges, charakteristisches Image zu verleihen und sich so von den Mitbewerbern als unverkennbare Ladenpersönlichkeit abzuheben, kann auf Dauer nur erfolgreich gelöst werden, wenn die auf bisher mehr oder weniger naive und unsystematische Weise durchgeführte Markterkundung von einer Marktuntersuchung im Sinne systematischer, repräsentativer Erhebungen abgelöst wird. Als zieladäquate Methode empfiehlt sich insbes. die Imageanalyse (Geschäftsimage). Zwar ist das Image ein multidimensionales Konstrukt, weil an seinem Zustandekommen eine Fülle ökonomischer und außerökonomischer Faktoren mitwirken, letztlich ist aber das Image als das Gesamt der Einstellungen, die der Betriebsstätte gegenüber bestehen, durch Befragung nachprüfbar. Infolgedessen ist ein operationales und im Zeitabstand auch nachprüfbares Werbeziel darin zu sehen, ein möglichst positives Image aufzubauen. Durch gezielte, die Leistungspolitik kommunizierende Werbemaßnahmen kann versucht werden, das Image der Betriebsstätte in einer erwünschten positiven Richtung fortzuentwickeln. Hierbei kann man von der
Hypothese ausgehen, dass je positiver die Einstellung eines größeren Kreises von Konsumenten gegenüber der werbenden Betriebsstätte ist, desto höher fällt die Wahrscheinlichkeit aus, dass dieser Handelsbetrieb zum Einkauf aufgesucht wird (Einkaufs- stättenwahlverhalten). In der Praxis der Werbeplanung zeigt sich, dass bei den meisten Handelsunternehmungen die Planung der Werbemaßnahmen von ökonomischen Zielüberlegungen getragen wird, wobei jedoch über das breite Spektrum möglicher Werbeziele weitgehend Unklarheit besteht. In der Kategorie der umsatzbezogenen Werbeziele steht in der Regel an erster Stelle der mit der Werbung bewusst verfolgten Zwecksetzungen die Erschließung neuer Käuferschichten. Im weiteren werden die Werbeziele Erhaltung des Kundenstammes sowie die Ausweitung des Absatzgebietes präferiert. In der Kategorie der rentabilitätsbezogenen Werbeziele steht an erster Stelle der Wunsch, durch Werbung eine Steigerung der Umschlaggeschwindigkeit herbeizuführen (Abb. 2). Die Eingebundenheit der Werbeziele in übergeordnete Absatzziele hat zur Folge, dass die Werbeziele an der gesamten Marketingproblemstellung orientiert sein müssen. Werbung ist niemals Selbstzweck, sondern muss zur Schaffung von Synergie-Effekten sinnvoll in das absatzpolitische Instrumentarium eingebettet sein.
Mit der Bestimmung der Zielgruppe gilt es, die zu Umwerbenden herauszufiltern, die mit der Werbebotschaft vornehmlich erreicht werden sollen. In der Werbepraxis des Handels wird nur selten versucht, die zu Umwerbenden individuell zu bestimmen, denn die Allgemeinwerbung steht im Vordergrund der werblichen Aktivitäten. Diejenigen Handelsunternehmen, die eine Ziel- gruppenauswahl vornehmen, definieren den Kreis der zu Umwerbenden meistens nur durch ein oder zwei Kriterien, nach denen die Zielgruppe ausgewählt wird, wobei in erster Linie eine Konzentration auf bestimmte Alters- und/oder Interessengruppen erfolgt. Bei einer derartigen Vorgehensweise können die Werbeziele meistens nicht erreicht werden, da es nicht oder nur in unzureichender Form möglich ist, in der Werbung auf die speziellen Bedürfnisse, Vorstellungen und Meinungen der potentiellen und faktischen Kunden einzugehen. Der Grundsatz händlerischer Werbetätigkeit hat davon auszugehen, dass die angebotenen Sach- und Dienstleistungen unverwechselbare Eigenschaften haben müssen, um die Kompetenz der werbenden Unternehmung bei größtmöglicher Konkurrenzdistanz verdeutlichen zu können. Aus diesen Basisanforderungen an potentielle Werbeobjekte ergeben sich für den Handel konkrete Handlungsalternativen, die in Abb. 3 zusammengefaßt sind. Die Notwendigkeit zur Werbung für den Betrieb als Ganzes wird von der überwiegenden Mehrheit der Handelsbetriebe erkannt. Allerdings muss festgestellt werden, dass nach wie vor die Sonderangebotswerbung eine herausragende Stellung einnimmt, wobei das Ziel darin besteht, beim Konsumenten ein günstiges Preisimage zu erzeugen. Da viele Unternehmungen sich in dieser Hinsicht einheitlich verhalten und die preislich herausgestellten Artikel oftmals identisch sind, kann reine Sonderangebotswerbung allerdings kaum große Beiträge zur Profilierung leisten. Als Alternativen kommen die Imagefaktoren Auswahl, Qualität, Beratung und Service in Frage, die es verstärkt argumentativ und emotional herauszustellen gilt. Die Werbebotschaften müssen für den werblichen Kommunikationsprozeß durch die Gestaltung von Werbemitteln umgesetzt werden (Werbegestaltungsstrategie). Im Rahmen der Betrachtung des Werbemittel- Mixes kann für Groß - und Einzelhandel eine unterschiedliche Schwerpunktbildung bei der Auswahl konstatiert werden. Eine wichtige Rolle bei der Wahl der Werbemittel durch den Großhandel spielen Anzeigen in Fachzeitschriften, sowie Prospekte, Kataloge und Preisverzeichnisse mit Illustrationen und Qualitätsbeschreibungen der Absatzgüter, die regelmäßig durch die Post oder durch Vertreterbesuch an die Zielgruppe herangeführt werden. Im Einzelhandel wird etwa die Hälfte des Werbeetats in die Werbung mit Anzeigen investiert. Dabei spielen die Werbeträger Tageszeitung, regionale Anzeigenblätter und Vereinszeitungen eine entscheidende Rolle. Neben der Anzeigenwerbung zählt insbesondere die Schaufensterwerbung zu den Hauptwerbemitteln des stationären Einzelhandels. Ein Großteil der Einzelhandelsbetriebe orientiert sich dabei an einem Dekorationszyklus von etwa vier Wochen, obwohl die Wirkung bekanntlich bereits nach zwei Wochen nachläßt. Die weitgehend geringe Verwendung anderer Werbemittel, wie Prospekte, Außen- frontwerbung(Fassadengestaltung), Werbegeschenke oder Radiowerbung resultiert u.a. daher, dass die Möglichkeiten, die sich durch werbliche Kooperation (Gemeinschaftswerbung) ergeben, nicht ausreichend genutztwerden. Hinsichtlich der Werbeplanung ist nach wie vor festzustellen, dass ein nicht unbedeutender Teil der Handelsbetriebe das den Werbemaßnahmen zugrunde liegende Werbebudget in einer festen Relation zum Umsatz bzw. in einer branchenüblichen Höhe plant. Im Facheinzelhandel beispielsweise orientieren sich fast 40 % der Betriebe bei der Werbeetatplanung am Konkurrenzverhalten und ca. 31 % am Umsatz des Vorjahres. Die letzte Phase des Werbeprozesses - die Kontrolle des Werbeerfolges - ist gleichzeitig die Basis für die Planung neuer Maßnahmen. Im Rahmen einschlägiger Kontrollverfahren kann der potentielle Zielerreichungsgrad vor Durchführung der Kampagne (Werbeer- folgsprognose mit Hilfe von Pretests) bzw. der effektive Werbeerfolg nach Abschluß der Kampagne (Werbeerfolgskon- trolle mit Hilfe von Posttests) gemessen werden. Wenn es auch nicht möglich ist, genaue Ergebnisse über den Gesamterfolg der Werbung zu gewinnen, so gibt es auch im Handel für Teilbereiche konkrete und in der Praxis anwendbare Verfahren, die genügend genau sind und einen verhältnismäßig geringen Aufwand verursachen: 1) Erfolgskontrollen durch Image-Analysen 2) Erfolgskontrollen durch Beobachtung der Kundenfrequenz 3) Erfolgskontrollen durch Messung der Aktionserfolge 4) Erfolgskontrollen durch Direktbefragung 5) Erfolgskontrollen durch Beobachtung des Kundenverhaltens 6) Erfolgskontrollen durch Marktsegmentvergleiche 7) Erfolgskontrollen durch Coupon-Rück- sendungen. 8) /H.-J.T.
Literatur: Barth, K., Betriebswirtschaftslehre des Handels, Wiesbaden 1988. Barth, K.; Theis, H.-J., Die Werbung des Facheinzelhandels. Theoretische Grundlagen, empirische Forschungsergebnisse, Handlungsempfehlungen, Wiesbaden 1990. Weinberg, G.-H., Werbung im Handel, in: Handbuch der Werbung, K. C. Behrens (Hrsg.), 2. Aufl., Wiesbaden 1975, S. 905-918. Zentralausschuß der Werbewirtschaft (Hrsg.), Werbung in Deutschland 1989, Bonn 1989.
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